Nach stundenlanger Hängepartie
Offiziell! TSV 1860 gibt Trennung von Daniel Bierofka bekannt
6. November 2019, 0:08 Uhr aktualisiert am 6. November 2019, 6:43 Uhr
Jetzt herrscht Gewissheit. Der TSV 1860 hat das offiziell verkündet, was seit Stunden die Grünwalder Straße erschüttert: Daniel Bierofka ist nicht mehr Trainer der Löwen.
München - Bis kurz nach 23 Uhr hat es gedauert. Nun, am späten Dienstagabend, hat der TSV 1860 den Rücktritt von Daniel Bierofka auch offiziell bekanntgegeben.
"Daniel Bierofka hat die Geschäftsführung aus persönlichen Gründen um Auflösung seines Vertrages gebeten", heißt es in der Mitteilung. Dieser Bitte sei man "nicht zuletzt aufgrund der großen Verdienste" des 40-Jährigen nachgekommen.
Bierofka reagiert mit dem Abgang auf monatelange Querelen im vom Machtkampf zwischen Vereins- und Investorenseite zerfressenen Klub, in die auch er letztendlich hineingezogen wurde. "Ich kann nicht mehr zurück", hatte die Vereinsikone, der Aufstiegsheld von 2018, der AZ am Nachmittag per Whatsapp geschrieben. Mit Tränen in den Augen verließ er wenig später die Grünwalder Straße. Die Differenzen mit Teilen der Vereinsführung und die persönliche Belastung waren massiv.
TSV 1860 ist nun völlig unvorbereitet ohne Trainer
Die Bosse trifft dieser Schritt wie ein Schlag. "Mir fällt es sehr schwer, die Entscheidung von Daniel Bierofka hinzunehmen", sagt Geschäftsführer Sport, Günther Gorenzel. "Die Entscheidung des Trainers hat auch uns überraschend getroffen."
In der Pressemitteilung kommen auch der kaufmännische Geschäftsführer Michael Scharold, Präsident Robert Reisinger und Investor Hasan Ismaik zu Wort - alle voll des Lobes und der Anerkennnung. Letzterer hatte noch am Nachmittag zu einem ersten Rundumschlag ausgeholt und die Verantwortlichen für den unwürdigen Umgang mit dem Trainer angeprangert.
Ismaik war sogar extra nach München geflogen, um den Trainer umzustimmen. Ohne Erfolg. Nach AZ-Informationen waren Bierofka, Trainerteam, Gorenzel, Ismaik und die Mannschaft abends bei der Burgerkette Hans im Glück (gehört Thomas Hirschberger vom ehemaligen Team Profifußball). Auch dort konnte man Bierofka von seiner Entscheidung nicht mehr abbringen. Seinen Eindruck von dem Gespräch postete Ismaik auf Facebook, wo er auch seine Kritik an der Klubführung erneuerte:
Der TSV 1860 muss sich nun in einer Phase der sportlichen und finanziellen Unsicherheit auch noch auf die Suche nach einem Trainer machen, Assistent Oliver Beer wird die Mannschaft zunächst übernehmen. Einen Mann, der den Löwen so tief im Herzen trägt, wie Daniel Bierofka wird man aber wohl so schnell nicht finden.
Lesen Sie hier den AZ-Kommentar zum Bierofka-Aus: Unwürdig, unfähig!
Die Pressemitteilung zum Rücktritt von Daniel Bierofka im Wortlaut
Der TSV 1860 München und Daniel Bierofka beenden mit sofortiger Wirkung die Zusammenarbeit. Daniel Bierofka hat die Geschäftsführung aus persönlichen Gründen um Auflösung seines Vertrages gebeten. Diesem Wunsch kommt der Verein nicht zuletzt aufgrund der großen Verdienste in den letzten Jahren nach.
Michael Scharold, der kaufmännische Geschäftsführer: "Daniel war nach dem Abstieg in die Regionalliga der Anker für das taumelnde Schiff. In der schwierigsten Phase des Vereins ist er vorangeschritten und hat in kürzester Zeit eine Mannschaft aufgebaut, die am Ende den sofortigen Aufstieg in die 3. Liga schaffte. Im letzten Jahr hat er unter der Doppelbelastung mit der Ausbildung zum Fußballlehrer die Klasse gehalten. Die nun knapp 2,5 Jahre waren sehr ereignisreich und nur durch extremen persönlichen Einsatz von Daniel Bierofka zu stemmen. Der Dank für diesen Einsatz kann gar nicht groß genug sein."
Günther Gorenzel, Geschäftsführer Sport: "Mit Daniel verbindet mich eine lange Vergangenheit. Ich schätzte Daniel als Spieler, als Trainerkollege im NLZ und schätze ihn heute als unglaublichen Fachmann an der Linie. Mir fällt es sehr schwer die Entscheidung von Daniel Bierofka hinzunehmen, aber der Respekt für den Menschen und für das von ihm erreichte verlangen es dem Wunsch des Trainers nachzukommen. Ich werde nie in meinem Leben den Aufstieg im Mai 2018 vergessen. Ich möchte mich an dieser Stelle von Herzen für die vertrauensvolle Zusammenarbeit der letzten Jahre bedanken. Wir wünschen ihm viel Erfolg auf seinem weiteren sportlichen Werdegang."
Auch die beiden Gesellschafter bedauern das Ausscheiden von Daniel Bierofka sehr. Hasan Ismaik, der sich am Dienstagabend persönlich vom Ex-Nationalspieler verabschiedete: "Für mich geht Daniel Bierofka als Held. Er steht wie kein Zweiter für 1860. Bereits in der 2. Bundesliga hat er zweimal als Interimstrainer Außergewöhnliches geleistet. Die Leistungen der letzten zwei Jahre sind gar nicht hoch genug zu bewerten. Leider konnte ich ihn nicht mehr umstimmen. Es wird schwer die Lücke, die Daniel hinterlässt, zu schließen."
Und Präsident Robert Reisinger meint: "Für 1860 ist dies eine sehr traurige Nachricht. Daniel ist das Gesicht des Vereins. Sein Kampfgeist, sein Siegeswille verkörpern die Werte des Vereins. Vielen Dank für den unermesslichen Einsatz!".
Bis auf weiteres wird Oliver Beer die Mannschaft betreuen und sie auch auf das Spiel in Halle vorbereiten. Geschäftsführer Sport Günther Gorenzel: "Die Entscheidung des Trainers hat auch uns überraschend getroffen. Wir werden nun in den nächsten Tagen akribisch den Markt sondieren. Eine Lösung mit mir an der Seitenlinie wird es nicht geben, das gebührt der Respekt vor Daniel. Daher hoffen wir schon bald eine Lösung vorstellen zu können."
Daniel Bierofka wird bis auf weiteres eine Pause einlegen. Daniel Bierofka: "Die letzten 2,5 Jahre waren sehr kräfteaufreibend. Für mich gilt es jetzt erst einmal die Tanks wieder aufzufüllen. Dazu will ich viel Zeit mit meiner Familie verbringen, die zuletzt viel zu kurz kam. Mit etwas Abstand werde ich mich dann aber sicher wieder dem Fußball zuwenden. Ich bedanke mich bei 1860 für das in mich gesetzte Vertrauen und auch das Verständnis für die nun getroffene Entscheidung, die sowohl für mich als auch den Verein die Beste ist. Ich werde diese intensive Zeit immer im Herzen behalten."