Nations League

Letzter Halt Sevilla: DFB-Team will Corona-Jahr gut zu Ende bringen


Will gegen Spanien nicht taktieren: Bundestrainer Joachim Löw.

Will gegen Spanien nicht taktieren: Bundestrainer Joachim Löw.

Von mit Material der dpa und Magnus Rötzer

Joachim Löw mag nicht taktieren. Der Bundestrainer will Platz eins in der Nations League nicht mit einem Remis in Spanien ermauern. Die DFB-Verantwortlichen könnten aufatmen, wenn das verflixte Corona-Jahr ein sportliches Happy-End bekäme. Bierhoff entfacht eine Debatte.

Ende gut, alles gut? Die warmen Sonnenstrahlen im Corona-Risikogebiet Andalusien sollen Rekordtorwart Manuel Neuer und seine Kollegen angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen positiv stimulieren, um das verflixte Pandemie-Jahr 2020 sportlich mit einem finalen Erfolg am Dienstag (20.45 Uhr/ARD) in Sevilla gegen Spanien als Nations-League-Gruppensieger bestmöglich abzuschließen.

Bundestrainer Joachim Löw und die DFB-Verantwortlichen um Olivier Bierhoff könnten dann erleichtert in die viermonatige Winterpause der Nationalelf gehen und dem EM-Jahr 2021 mit deutlich mehr Vorfreude und auch Zuversicht entgegenblicken. Die bislang bei allen sieben Corona-Länderspielen (ohne Niederlage) sichere DFB-Blase soll auch zum Jahresabschluss Spieler, Trainer und Betreuer vor Infektionen schützen. "Wir hoffen, dass es bei uns weiterhin keine positiven Fälle geben wird", sagte Löw: "Wir tun alles, was wir können."

Unmittelbar vor dem Abflug aus Leipzig am Montag und gleich nach der Ankunft in Sevilla sollten Corona-Tests vorgenommen werden. So kann die DFB-Reisegruppe die 48-Stunden-Frist wahren und niemand müsse sich bei weiteren negativen Tests nach der Rückkehr nach Deutschland in Quarantäne begeben. Um Außenkontakte noch mehr zu reduzieren, wird der Mannschaftsflieger am Mittwoch auf dem Weg nach Düsseldorf in München zwischenlanden. Dort können dann unter anderen die fünf Bayern-Profis aussteigen. Normale Linienflüge werden vermieden.

Erster Sieg über Spanien unter Löw?

Zunächst aber liegt der Fokus im Süden Spaniens darauf, die vor den drei November-Partien noch düstere Großwetterlage rund um Löws Umbruchteam weiter aufzuhellen. Kapitän Neuer sprach nach den Siegen gegen Tschechien (1:0) und die Ukraine (3:1) von einem "Signal", das gesetzt werden konnte. Die Kraftprobe mit den von Löw noch nie in einem Pflichtspiel besiegten Spaniern um Anführer Sergio Ramos wird zum wichtigen EM-Formbarometer nicht nur für den hochgelobten Turbosturm mit Timo Werner, Leroy Sané und Serge Gnabry, der beim 3:1 gegen die Ukraine für alle DFB-Treffer verantwortlich zeichnete.

Das Selbstvertrauen ist jedenfalls gewachsen. "Es schaut sehr gut für uns aus. Eine bessere Ausgangslage hätten wir uns nach den zwei Unentschieden zum Anfang nicht erträumen können", meinte Gnabry. Mit neun Punkten führt Deutschland die Gruppe 4 der A-Liga vor Spanien (8) an. "Wir müssen da mit breiter Brust auf den Platz gehen und die Tabellenführung verteidigen", sagte Gnabry zur Herangehensweise.

Neuer: "Fahren dahin, um zu gewinnen"

Ein Unentschieden reicht. Aber Taktieren will Löw nicht. "Wir wollen das Spiel gewinnen und nicht irgendetwas verteidigen", kündigte der Bundestrainer forsch an. Ähnlich äußerte sich Neuer, der mit dem 96. Länderspiel alleiniger Rekordnationaltorhüter wird. "Es ist ein Duell auf Augenhöhe. Wir sagen nicht, wir verwalten da irgendwie ein Ergebnis oder schauen, dass wir auf Unentschieden spielen. Wir fahren dahin, um zu gewinnen. Das ist unser großes Ziel", sagte der Kapitän.

Die Qualifikation für das Finalturnier im Oktober 2021 wäre für Löws junge Auswahl sehr reizvoll. Weltmeister Frankreich steht als erster Teilnehmer schon fest. Belgien und Italien liegen wie Deutschland vor dem letzten Spieltag in ihren Gruppen vorne.

Eine Frage der Kraft?

Das "Endspiel" in Spanien dürfte ein Willensakt werden - und auch eine Frage der Kraft beim dritten Länderspiel in sieben Tagen. Jetzt könnte sich als klug erweisen, dass Löw zahlreiche Stammkräfte wie die fünf Münchner Profis beim Testspiel gegen Tschechien schonte. Besonders ausgeruht ist Toni Kroos. Der 100-Länderspiele-Mann von Real Madrid kehrt nach seiner Gelb-Sperre ins Mittelfeld zurück. Ilkay Gündogan und der formstarke Leon Goretzka soll für ein starkes Zentrum im deutschen Spiel sorgen und für die nötige Balance.

Umbauen muss Löw die Abwehr, da diesmal Antonio Rüdiger nach seiner zweiten Verwarnung im Ukraine-Spiel gesperrt ist. Löw will die personellen Veränderungen aber insgesamt gering halten. Gerade die Defensive kommt auf den EM-Prüfstand. Gegen die Ukraine wurde das Glück mit gleich drei Pfostentreffern reichlich strapaziert. "Wir haben gute Szenen und ein paar schlechte Szenen gesehen, das ist aber auch ganz normal in unserem Prozess", meinte Torwart Neuer.

Trainer-Debatte: "Müssen uns an Ergebnissen messen lassen"

Eine kleine Löw-Debatte entfachte Bierhoff rund um den Spanien-Trip. Der DFB-Direktor, der sich um Ansehen und Zukunft der Nationalelf sorgt, sprach in Interviews über die Zukunft des Bundestrainers, dessen Vertrag noch bis zur nächsten WM in Katar Ende 2022 läuft.

"Am Ende des Tages müssen wir alle uns an Ergebnissen messen lassen. Das weiß Jogi auch", sagte Bierhoff der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" beim Ausblick auf die EM als Zahltag. Bierhoff mahnt, die "Stimmung ins Positive" zu drehen. Der Gruppensieg in der sportlich nachrangigen Nations League wäre ein erster Schritt.