Bayern-Boss im AZ-Interview
Karl-Heinz Rummenigge: "Eine schmerzhafte Zeit - auch für den FC Bayern"
16. Mai 2020, 16:06 Uhr aktualisiert am 16. Mai 2020, 16:06 Uhr
Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge vom FC Bayern spricht exklusiv in der AZ über die Folgen der Corona-Krise und die Fortsetzung der Bundesliga: "Wir dürfen uns wahnsinnig glücklich schätzen."
München - AZ-Interview mit Karl-Heinz Rummenigge: Der 64-Jährige aus Lippstadt ist seit 2002 Vorstandsvorsitzender beim FC Bayern. Ende 2021 übergibt er dieses Amt an Oliver Kahn.
AZ: Herr Rummenigge, wie wird sich die Corona-Krise aus Ihrer Sicht auf Gehälter und Ablösesummen im Profifußball auswirken?
KARL-HEINZ RUMMENIGGE: Wir haben jetzt zehn Jahre hinter uns, in denen die Gehälter und Ablösesummen immer noch ein Stück weiter nach oben gegangen sind. Das hängt mit dem Fakt zusammen, dass speziell die Topspieler eine hohe Nachfrage bei den Klubs in Europa haben. Ich denke, durch Corona hat sich die Finanzlage im Fußball ziemlich verändert, und ich bin überzeugt, dass der Transfermarkt im Sommer viel Angebot bringen wird - und wesentlich weniger Nachfrage. Das bedeutet, dass der Markt allein schon für ein Regulativ sorgen wird. Ich sage voraus, dass sowohl die Ablösesummen als auch die Gehälter ein Stück korrigiert werden.
Rummenigge: Geisterspiele wohl bis zum Jahresende
Der FC Bayern hat sich über Jahrzehnte ein starkes wirtschaftliches Fundament geschaffen. Kommt Ihr Klub besser durch die Krise als die europäischen Rivalen?
Wir hatten immer die Philosophie, erfolgreichen Fußball zu spielen und zugleich seriös und solide zu wirtschaften. Trotzdem muss ich klar und deutlich sagen, dass auch der FC Bayern aktuell eine schmerzhafte Zeit durchlebt. Und ich bin leider sicher: In dieser Saison werden die Schmerzen noch erträglich, in der kommenden Spielzeit aber wahrscheinlich größer sein - und zwar für alle Klubs in Europa. Denn wir müssen davon ausgehen, dass wir möglicherweise bis zum Jahresende ohne Zuschauer in den Stadien spielen müssen.
Ende 2021 legen Sie Ihr Amt als Vorstandsvorsitzender des FC Bayern nieder. Ist ein Triumph in der Champions League, den Sie 2013 bereits feiern durften, Ihr letzter großer Traum als Bayern-Boss?
2013 war ein tolles Erlebnis. Trotzdem habe ich eines festgestellt: Im Fußball darf man nicht träumen, sondern muss hart arbeiten, um seine Ziele zu erreichen. 2013 haben wir von Runde zu Runde gedacht, der Weg war sehr steinig. Im Achtelfinale haben wir gegen Arsenal gespielt, da waren wir im Rückspiel in München 0:2 hinten und wären bei einem weiteren Gegentor rausgeflogen. Im Viertelfinale haben wir zwei schwere Spiele gegen Juventus Turin überstanden und im Halbfinale dann zwei Glanzleistungen gegen den FC Barcelona gezeigt. Um Champions-League-Sieger zu werden, muss man einen Schritt nach dem anderen gehen. Und ich möchte daran erinnern: Wir sind gerade mal im Achtelfinale. Mit dem 3:0 bei Chelsea haben wir uns gute Voraussetzungen geschaffen, aber weiter sind wir noch nicht. Wir müssen wirklich mit beiden Beinen auf der Erde bleiben und hart kämpfen, damit wir idealerweise weit kommen. Und es ist jetzt natürlich eine ganz andere Zeit. Wir müssen auch in der Champions League, wenn sie denn hoffentlich zu Ende gespielt werden kann, ohne Fans antreten. Das ist eine neue Voraussetzung für unsere Spieler, die sie dann zu bestehen haben.
Rummenigge glaubt an Champions-League-Fortsetzung
Haben Sie denn schon Signale von der Uefa bekommen, wann und wie die Champions League fortgesetzt werden soll?
Es gibt die Aussage der Uefa, dass zunächst die nationalen Ligen zu Ende gespielt werden sollen. Dann besteht noch ein Zeitfenster bis zum 28. August, um die Champions League zu beenden. Ich glaube grundsätzlich, dass es das Ziel der Uefa und auch aller Vereine ist, die Saison sportlich zum Abschluss zu bringen. Und ich glaube daran, dass die Champions League zu Ende gespielt werden kann. Grundvoraussetzung ist aber auch, dass die nationalen Ligen in England, Italien und Spanien fortgesetzt werden. In Frankreich ist man über den Abbruch nicht mehr so zufrieden, wie ich höre. Vereine müssen absteigen und klagen gegen die Liga. Wir dürfen uns in Deutschland wahnsinnig glücklich schätzen, dass die Politik uns die Chance gegeben hat, die Saison zu Ende spielen zu dürfen. Hoffentlich wird das auch in der Champions League möglich sein.
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