Sechzig braucht Schützenhilfe
Im Aufstiegskampf: Der TSV 1860 hofft auf den Union-Effekt
3. Juli 2020, 11:59 Uhr aktualisiert am 3. Juli 2020, 11:59 Uhr
Macht's Haching wie die "Eisernen"? Die Berliner hatten beim Bundesliga-Finale Sportsgeist bewiesen und Werder so die Relegation beschert. SpVgg-Coach Schromm verspricht: "Wir spielen mit voller Kapelle."
München - Wie viele Fässer Freibier wohl zusammenkommen, würden die Löwen ernsthaft eine Sammelaktion starten? An sämtlichen Stammtischen und in den Internet-Foren wird längst versprochen: Der Gerstensaft wird fließen, sollte Haching Sechzig dabei helfen, sich in die Relegation zu schießen.
Die Hausaufgaben muss der TSV 1860 freilich selbst erledigen: Samstag, 14 Uhr, Grünwalder Stadion (BR/Magenta Sport und im AZ-Liveticker). Die Löwen haben es im Saisonfinale gegen Aufstiegsaspirant FC Ingolstadt in der eigenen Hand, die Schanzer mit einem Sieg hinter sich zu lassen. "Jetzt könnt ihr Helden werden und Geschichte schreiben!", ließ Investor Hasan Ismaik nach dem 4:2 in Großaspach via Soziale Medien verlauten und lobte die Sechzger als "echte Siegertypen".
TSV 1860: Ein Sieg gegen Ingolstadt alleine reicht nicht
Reüssieren die Giesinger (mit 58 Punkten Siebter) auch gegen den FCI (60), könnte der TSV auf Rang vier springen - gleichbedeutend mit dem Einzug in die Relegation gegen den 1. FC Nürnberg. "Wir sind im Finish dabei, das ist verrückt", sagte Trainer Michael Köllner, der ausgerechnet - und das wäre an Verrücktheit kaum zu überbieten - auf seinen Ex-Klub treffen würde.
Baumeister Köllner und Co. müssen nicht nur dreifach punkten: Sie müssen beten, hoffen, Daumen drücken. Und zwar gleich doppelt. Der Tabellensechste Rostock und der Fünfte MSV Duisburg (jeweils 59 Punkte) rangieren noch zwischen Sechzgern und Schanzern und dürften ihre Spiele nicht gewinnen.
Die beiden Traditionsklubs haben dabei gänzlich unterschiedliche Aufgaben vor der Brust: Der Chemnitzer FC kämpft gegen die Hansa-Kogge selbst noch um den Klassenerhalt. Für Duisburgs Gegner Unterhaching, zuletzt im freien Fall, geht es um nichts mehr. Dennoch glaubt Köllner, der nie an Sechzigs Chance gezweifelt habe, neben Chemnitz auch an den Nachbarn aus der Vorstadt: "Ich gehe davon aus, dass jeder Sportsgeist hat." 1860 hofft auf den "Union-Effekt"!
Haching-Coach Schromm: "Spielen mit der vollen Kapelle"
Bundesligist Union Berlin, am letzten Spieltag gerettet, hatte Düsseldorf vergangene Woche mit einem 3:0-Sieg aus der Liga geschossen, weil Werder Bremen gleichzeitig den 1. FC Köln mit 6:1 platt machte - doch noch der Sprung in die Relegation. Und was wird Haching tun?
Alles raushauen, wie Trainer Claus Schromm verspricht. "Wir spielen mit der vollen Kapelle und gehen das Spiel so an, als würde es für uns noch um den Aufstieg gehen. Für uns ist es selbstverständlich, dass wir auch nach Duisburg fliegen, um optimal vorbereitet zu sein", stellte der Hachinger Chefcoach auf AZ-Nachfrage klar: "Es geht dabei nicht nur um 1860, sondern genauso auch um Ingolstadt und Rostock." Man sei es "dem sportlichen Wettbewerb" und dem "Interesse der gesamten Liga auch schuldig".
Wie Chemnitz müsste die Schromm-Elf einen Punkt holen, damit Köllner und Co. weiter vom Wunder träumen können. Wäre ja nicht das erste Mal, dass Haching in einem Saisonfinale Schützenhilfe leistet: Am 20. Mai 2000 brauchte Bayer Leverkusen in Haching nur noch ein Pünktchen zur Meisterschaft - ein gewisser Michael Ballack traf ins eigene Tor, Bayer verlor letzten Endes 0:2 und der FC Bayern gewann doch noch die Meisterschale.
Zurück in die Dritte Liga: Eins muss sich die Köllner-Elf nach reihenweise schludrig vergebenen Chancen in Großaspach schon einmal nicht vorwerfen lassen: Auf das Torverhältnis wird es auf der Jagd nach dem Relegationsrang nicht mehr ankommen. Viel mehr auf den Siegeswillen der Sechzger gegen Ingolstadt, den Chemnitzer Überlebenskampf - und die Frage, ob Haching in die Rolle der "Eisernen" schlüpfen kann.
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