AZ-Interview mit Ex-Bayern-Coach
Heiko Vogel: "Der FC Bayern ist meine Fußball-Heimat"
26. Juli 2019, 11:26 Uhr aktualisiert am 26. Juli 2019, 11:26 Uhr
Heiko Vogel spricht mit der AZ über seine emotionale Rückkehr ins Grünwalder Stadion als Trainer des KFC Uerdingen. Er benennt Probleme und Chancen für die Talente bei seinem Ex-Klub FC Bayern.
München - Heiko Vogel (43) arbeitete 1998 bis 2007 und 2013 bis 2017 als Jugendtrainer sowie ab 2015 als Coach der zweiten Mannschaft und sportlicher Leiter der Nachwuchsabteilung für den FC Bayern. Nun ist er Cheftrainer des KFC Uerdingen.
AZ: Herr Vogel, Freitagabend (19 Uhr/Magenta Sport) treten Sie mit dem KFC Uerdingen beim FC Bayern II an. Ist es nicht komisch, als Gästetrainer ins Grünwalder Stadion zurückzukommen?
HEIKO VOGEL: Ich freue mich da extrem drauf. Es ist schon ein besonderes Spiel für mich, weil es eine Rückkehr ist. Der FC Bayern ist meine Fußball-Heimat. Ich hatte dort eine wunderbare Zeit und werde auf viele Leute treffen, mit denen ich gerne zusammengearbeitet habe.
Wie eng ist Ihr Draht noch zum FC Bayern?
Es gibt schon noch einige, mit denen ich in aller Regelmäßigkeit telefoniere.
Zum Beispiel?
"Tiger" Hermann Gerland natürlich oder Danny Schwarz, der mich als Co-Trainer begleitet hat. Und Peter Wenninger kenne ich schon seit über 20 Jahren.
Wollen Sie als Tabellenführer wieder nach Hause fahren?
Das wäre ein bisschen vermessen. Wir wollen grundsätzlich jedes Spiel gewinnen. Aber ich weiß haargenau, dass die Zweitvertretung von Bayern ein ganz schwerer Brocken ist. Und am zweiten Spieltag Tabellenführer zu sein, würde mich noch nicht interessieren.
Vogel: "Wir wollen grundsätzlich jedes Spiel gewinnen"
Am Saisonende sicher schon. Muss das Saisonziel nicht Aufstieg heißen?
Nein. Wir sind uns alle einig, dass wir nichts erzwingen können. Wir wollen eine gute Rolle spielen. Wir wissen auch, dass es keine Mannschaft gibt, die wir fürchten müssen, aber kennen auch die Qualität der Liga. Die ist so stark wie noch nie.
Sie coachten den FC Basel einst in der Champions League. Warum jetzt Uerdingen?
Ich war Trainer in der Schweizer Super League und sehr stolz darauf. Ich mache das nicht an irgendwelchen Ligen fest. Ich finde das Projekt hier beim KFC spannend. Man hat hier einige Möglichkeiten. Deshalb bin ich hier.
Wie wichtig ist Mikhail Ponomarev, und wie läuft die Zusammenarbeit mit ihm?
Natürlich ist er wichtig, nicht nur weil er der Investor ist. Wir haben einen sehr intensiven, klaren und sehr guten Austausch. Er ist ein besonderer Investor, der rund um die Uhr für den Verein erreichbar ist und weit mehr als nur Geld investiert. Er will über alles informiert sein, ist sehr gut im Fußball informiert und ein Mensch, der über den Tellerrand hinausblickt.
Ein paar Wünsche hat er Ihnen auch erfüllt: Sie haben unter anderem Jan Kirchhoff verpflichtet und Franck Evina ausgeliehen.
Das war nicht einfach, weil das sehr ambitionierte Spieler sind. Aber natürlich ist es schön, wenn man da Wünsche äußern kann, die dann auch erfüllt werden. Ich sehe das als Privileg, das nicht selbstverständlich für einen Trainer ist.
Vogel: "Ich finde das Projekt hier beim KFC spannend"
Haben Sie diese Möglichkeiten gereizt?
Es ist auf jeden Fall ein schöner Kontrast zu Sturm Graz, wo wir sehr erfolgreich waren und den Pokal gewonnen haben. Als Belohnung dafür verlierst du dann die halbe Stammelf. Das ist jetzt mit Sicherheit eine andere Situation, eine sehr privilegierte.
Uerdingen hatte schon vergangene Saison Aufstiegs-Ambitionen. Warum werden Sie die jetzt erfüllen?
Ich weiß nicht, ob wir das können. Aber man lernt aus Fehlern und versucht die Zukunft in der Gegenwart besser zu gestalten. Das ist uns mit unserer Transferpolitik gelungen. Wir wollten das Gesicht der Mannschaft verändern, auch für junge Talente eine Plattform bieten. Ich bin stolz und glücklich darüber, wie wir das gemacht haben.
Was bedeutet die Dritte Liga für den FC Bayern?
Für die Entwicklung junger Spieler kann es sehr wichtig sein, die Dritte Liga als Sprungbrett benutzen zu können. Der Sprung vom Junioren- zum Seniorenfußball ist immens groß, genau wie der von der Regionalliga in die Dritte Liga. Das ist eine Riesenchance für die jungen Spieler, sich zu etablieren.
Bayern-II-Trainer Sebastian Hoeneß trägt einen großen Namen. Erschwert das die Arbeit für ihn?
Ich halte es so, dass man die Menschen kennenlernen muss und sie nicht aufgrund von irgendwelchen Namen in eine Schublade steckt. Sebastian Hoeneß ist ein sehr guter Trainer, der seinen Weg gehen wird. Ich wünsche ihm viel Erfolg - außer für das Spiel heute Abend (lacht).
Sie haben unter anderem Philipp Lahm, Thomas Müller, Toni Kroos und Mats Hummels als Jugendliche beim FC Bayern trainiert. Erfüllt Sie das mit Stolz?
Das WM-Finale 2014 macht schon stolz. Ich war nicht verantwortlich dafür, dass sie Weltmeister geworden sind, aber ich bin glücklich, dass ich ihr Wegbegleiter sein durfte. Das waren hervorragende Jungs, die viel Talent und sehr viel mentale Stärke mitgebracht haben. Deshalb sind sie ihren Weg auch so gegangen.
Vogel: "Ich kann nicht beurteilen, ob es einen neuen David Alaba gibt"
Ist der nächste David Alaba, als dessen Entdecker Sie gelten und der als bislang Letzter bei Bayern den Sprung zu den Profis geschafft hat, in Sicht?
Den jungen Talenten bei Bayern wird es nicht gerecht, wenn sie immer mit ihren Vorgängern verglichen werden. Das ist eine große Bürde. Neben dem Talent braucht man auch eine gehörige Portion Glück. Es ist viel schwieriger geworden, sich bei den Profis zu etablieren, weil die Leistungsdichte da immens groß geworden ist. Ich kann nicht beurteilen, ob es einen neuen David Alaba gibt. Es gibt aber die Batista Meiers und Lukas Mais dieser Welt, die allesamt auch großes Talent haben.
Werden Sie Evina den Weg zu den Bayern-Profis ebnen?
Das haben nicht Francky und ich in der Hand. Ich bin froh, dass er sich für diesen Weg entschieden hat. Er hat ja auch gleich ein wunderbares und wichtiges Tor erzielt. Aber wir sind alle gut beraten, nicht zu sehr an die Zukunft zu denken.
In Ihrer Zeit als Nachwuchsleiter bei Bayern (2015-2017) haben Sie eng mit Uli Hoeneß zusammengearbeitet. Die Berichte um seinen möglichen baldigen Rückzug haben Sie nun sicher auch verfolgt, oder?
Ich werde im November 44, und Bayern München ohne Uli Hoeneß kenne ich nicht. Wenn das alles so sein sollte, wäre das auch für mich ein neues Kapitel. Ich habe die Chance bekommen, mit ihm zusammenzuarbeiten. Das war für mich eine Lehre. Ich habe da gerne zugeschaut und zugehört - und konnte viel mitnehmen. Die Zeit mit ihm war ein ganz interessanter Abschnitt meines Lebens, den ich nicht missen will.
Und wann wollen Sie mal mit Uerdingen bei Hoeneß und den großen Bayern in der Allianz Arena vorbeikommen?
(lacht) Natürlich wäre das ein Ziel. Ich freue mich jetzt aber erst mal auf die kleinen Bayern, die Freitagabend groß genug sein werden. Das wird schwer genug.
Lesen Sie hier: Wie der FC Bayern weiter an einer zweiten Transferstrategie arbeitet