Neuer Job für Oberpfälzer Trainer
Franz Koller: "Weiden ist eine reizvolle Aufgabe für mich"
3. November 2016, 18:20 Uhr aktualisiert am 3. November 2016, 18:20 Uhr
Am Mittwoch hat Nord-Bayernligist SpVgg SV Weiden Franz Koller (40) als neuen Trainer vorgestellt. Im Interview mit unserer Zeitung spricht der Oberpfälzer Coach, der unter anderem schon die DJK Vilzing und den SV Neukirchen beim Hl. Blut trainierte, über seine neue Aufgabe, die aktuelle sportliche Situation und erklärt, wie er den Spagat zwischen kurzfristigem Erfolg und langfristiger Philosophie mit jungen Talenten schaffen will.
Herr Koller, seit Mittwoch sind Sie offiziell neuer Trainer der SpVgg SV Weiden. Wie kam das Engagement denn zustande?
Franz Koller: Ein paar Tage, nachdem sich der Verein und mein Vorgänger Tomas Galasek getrennt hatten, hat mich der Sportliche Leiter Philipp Kaufmann kontaktiert, ob ich mir das vorstellen könnte. Nach der Insolvenz 2010 hat sich in Weiden einiges verändert. Haben davor noch Leute vom Profifußball geträumt, wurde der Neuaufbau vor allem durch ein starkes Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) betrieben. Es ist die Philosophie des Clubs, neben einem Gerüst aus erfahrenen Spielern auch junge Talente einzubauen. Deshalb brauchten sie einen Trainer, der sich im Nachwuchs gut auskennt, aber auch schon im höherklassigen Seniorenbereich trainiert hat.
Der Startzeitpunkt, wenige Wochen vor der Winterpause, ist für Sie als Trainer sicher nicht optimal. Gab es auch Überlegungen, erst im Winter einzusteigen?
Koller: Die gab es, ja. Dann hätte ich bei null starten können und hätte zu Beginn eine Vorbereitung gehabt. Aber durch die Ergebnisse in den letzten Wochen ist die Situation prekärer geworden, weshalb der Verein mich gebeten hat, sofort anzufangen. Am Ende ging es sehr schnell. Anfang der Woche war ich noch mit der Regionalauswahl Ostbayern, bei der ich Uli Karmann vertreten habe, in Oberhaching und am Mittwoch wurde ich bereits in Weiden vorgestellt. Natürlich ist das für mich auch ein gewisses Risiko. Aber für mich ist es eine sehr reizvolle Aufgabe.
Sie waren seit dem Sommer vereinslos. Wie heiß sind Sie darauf, wieder loszulegen?
Koller: Letzte Saison, das muss ich ehrlich sagen, habe ich mir vielleicht sogar zu viel zugemutet. Ich habe die U15 des ASV Cham in der Bayernliga trainiert, war Stützpunkttrainer. Dazu war ich bis zum Herbst Trainer in Kareth-Lappersdorf und anschließend beim SV Neukirchen. Dadurch habe ich mich letztes Jahr sieben Tage die Woche um Fußball gekümmert, hatte an einem Tag zum Teil zwei oder drei Termine und diese bei verschiedenen Vereinen. Das war sehr kräfteraubend. Die zurückliegenden vier Monate Pause waren deshalb auch absolut notwendig für mich. Eigentlich wollte ich ein Jahr oder zumindest bis zum Winter nichts machen. Aber jetzt habe ich das Kribbeln schon wieder gespürt. Weiden hatte Handlungsbedarf und ein so reizvolles Angebot von einem Traditionsverein bekommt man nicht so oft. Ich bin richtig motiviert und heiß auf diese Aufgabe. Ich bin ein Trainer, der vor allem über die emotionale Schiene kommt. Das erste Training am Mittwoch hat richtig Spaß gemacht und die Mannschaft hat auch gut mitgezogen.
Was hat aus Ihrer Sicht für Weiden gesprochen?
Koller: Weiden ist anders als viele Vereine. Man muss nicht Jahr für Jahr schauen, welche auswertigen Spieler man holen kann. Man braucht zwar eine starke Achse, kann darum aber eine Mannschaft mit vielen Talenten bauen. In Weiden ist ein nahtloser Übergang zwischen Nachwuchs- und Herrenbereich gewährleistet. Für mich ist der Club ein schlafender Riese, ein Traditionsverein. Das ist aber auch eine Gratwanderung. Denn wenn es sportlich nicht läuft, dan läuten schnell die Alarmglocken. Aber ich bin optimistisch, dass wir die Zuschauer wieder begeistern können.
Die SpVgg steht aktuell auf Rang 14, hat sechs der vergangenen sieben Spiele verloren. Wie bewerten Sie die Situation?
Koller: Ein Trainerwechsel bringt es meistens mit sich, dass es schlecht läuft. Aber das ist immer auch die Chance für einen Neuen. Ich sehe die Situation nicht verfahren, meiner Meinung nach ist auf jeden Fall genügend Potenzial da, um die Liga zu halten.
Worin sehen Sie die Gründe für die aktuelle Situation?
Koller: Ich bin schon lange im Fußballgeschäft und weiß, dass es oft keine klaren Gründe gibt. Vielmehr ist es auch meiner Sicht eine Aneinanderreihung von verschiedenen kleinen Ursachen. In der Vorrunde haben wichtige Spieler gefehlt, vor allem Ralph Egeter, dessen Fehlen nicht zu kompensieren war. Dazu kam die Ergebniskrise, die Köpfe waren nicht frei. Ich habe auch bereits die ersten Einzelgespräche geführt. Wir müssen einfach hart arbeiten, um uns das Glück wieder zu verdienen. Dazu ist die Mannschaft bereit.
In den vier Spielen bis zur Winterpause treffen Sie auf drei Teams, die hinter Ihrer Mannschaft oder zumindest in Schlagdistanz sind. Wie wichtig werden diese Partien?
Koller: Es ist ganz klar, dass wir gegen die direkten Konkurrenten den ein oder anderen Punkt brauchen. Wenn wir mit den 19 Zählern, die wir aktuell haben, in die Winterpause gehen, dann wird es eine Herkulesaufgabe. Aber in der Kürze werden wir nur Nuancen verändern, die Detailarbeit steht in der Wintervorbereitung an. Ich werde versuchen, dass die Mannschaft mit neuer Motivation und einer anderen Körpersprache auf den Platz geht. Dann haben wir die Qualität, um in allen Spielen etwas zu holen. Aber uns muss klar sein, dass keine der Partien ein Selbstläufer wird. Die Mannschaft soll jedes der vier Spiele bis zum Winter als eine Art Endspiel sehen.
Gibt es Überlegungen, die Mannschaft im Winter zu verstärken?
Koller: Das ist aktuell kein Thema. Wenn Ralph Egeter zurückkommt, ist er wie ein Neuzugang und wird uns einen Qualitätsschub geben. Ansonsten sind in Weiden auch nicht die finanziellen Mittel vorhanden, um Spieler der Qualität zu holen, die uns auf jeden Fall sofort weiterhelfen. Da setze ich dann doch lieber auf Spieler aus der eigenen A-Jugend. Der Kader wird nach dem Winter auf jeden Fall sehr ähnlich zum aktuellen sein. Ich poche nicht auf Neuzugänge und vertraue der Mannschaft.
Wie schwierig ist es aus Ihrer Sicht, den Spagat hinzubekommen: einerseits kurzfristig Erfolg zu haben, auf der anderen Seite aber auch die Talente einzubinden?
Koller: Das ist natürlich immer heikel. Aber das ist meine Verantwortung, das zu schaffen, und der stelle ich mich auch. Aber ganz klar steht der kurzfristige sportliche Erfolg im Vordergrund. Denn es nutzt nichts, wenn wir die tollsten Talente der nördlichen Oberpfalz haben, aber absteigen und die Spieler dann nicht halten können. Dennoch werden wir die Talente nicht vergessen. Denn das ist die DNA der SpVgg Weiden und dafür wurde ich auch geholt.
Für welche Art von Fußball soll die Mannschaft unter Ihnen stehen?
Koller: Ich bin ein Verfechter von offensivem Pressingfußball. Aber das kann man nicht von Mannschaft zu Mannschaft kopieren. Als Trainer muss man einen Spielstil prägen, den die Mannschaft spielen kann und auch spielen will. So habe ich zum Beispiel in Kareth Offensivpressing spielen lassen, in Neukirchen sind wir dagegen eher tiefer gestanden. In Weiden werde ich zunächst ich vor allem auf die Basics achten, dass wir defensiv gut stehen, um der Mannschaft mehr Sicherheit zu geben. Wenn wir ab Sommer Zeit haben, ohne Drucksituation, dann bin ich gerne auch bereit, aggressiven Angriffsfußball zu spielen.
Franz Kollers Trainerstationen im Herrenbereich:
DJK Vilzing (2007-2011)
FC Ränkam (2011-2014)
TSV Kareth Lappersdorf (2014- 2015)
SV Neukirchen beim Hl. Blut (2016)
SpVgg SV Weiden (seit November 2016)