"Das musste ich ansprechen"

FC Bayern: Warum Manuel Neuer gegen Union Berlin so laut wurde


Von Christina Stelzl

Lange Jahre trat Bayerns Kapitän Manuel Neuer in der Öffentlichkeit eher als Chefdiplomat auf, doch in letzter Zeit schärft er sein Profil, findet klare Worte. "Er ist eine echte Persönlichkeit", sagt Niko Kovac.

München - Oliver Kahn dürfte seine helle Freude gehabt haben. Manuel Neuers Tobsuchtsanfall in bester Titan-Manier quittierten die Fans beim zähen 2:1 von Bayern München gegen Aufsteiger Union Berlin in der 51. Minute sogar mit Szenenapplaus. Neuer brüllte seine Mitspieler wütend an, der Kapitän war kaum zu bremsen.

Bei Kahn waren solche Szenen nichts Ungewöhnliches, von Neuer hatte man das bislang eher nicht erlebt. Dass Neuer seit Jahren der wohl beste Torhüter der Welt ist, ist hinlänglich bekannt. In seiner Rolle als Kapitän des deutschen Rekordmeisters und der deutschen Nationalmannschaft glänzte der 33-Jährige aber bislang öffentlich eher als Chef-Diplomat. Doch seit einigen Wochen tritt Neuer auch nach außen deutlich offensiver auf. Neben Joshua Kimmich und Thomas Müller ist der Keeper inzwischen zum Lautsprecher und zum Chef-Kritiker der Mannschaft geworden.

Thomas Müller lobt Neuers Reaktion

Nach dem enttäuschenden Augsburg-Spiel (2:2) hatte Neuer die Einstellung seiner Kollegen als nicht "Bayern-like" bemängelt, nach Piräus (3:2) forderte er mehr Willen und Konzentration, um die großen Ziele nicht zu gefährden. Und gegen Berlin rüttelte der Keeper seine trägen Mitspieler eben auf dem Platz wach. Kurz nach Neuers Tirade fiel übrigens das 2:0. "Es ging um eine Situation, in der wir uns taktisch nicht clever verhalten haben", sagte Neuer danach souverän, "das musste ich ansprechen."

"Das ist das, was ein Trainer möchte", sagt Niko Kovac über Kapitän Manuel Neuer und dessen Ansage an die Mitspieler gegen Union Berlin.

"Das ist das, was ein Trainer möchte", sagt Niko Kovac über Kapitän Manuel Neuer und dessen Ansage an die Mitspieler gegen Union Berlin.

Als Trainer habe man auf dem Spielfeld nicht so viele Einflussmöglichkeiten. Da sei es "gut, dass Manuel das als Kapitän übernimmt - auch in der Form. Das ist das, was ein Trainer möchte", betonte Niko Kovac vor dem DFB-Pokalspiel der Bayern am Dienstagabend beim VfL Bochum (20 Uhr, Sport1, Sky und im AZ-Liveticker). Neuer sei eben "eine starke Persönlichkeit". Aber er sei auch keiner, "der jeden Tag einen raushauen muss, um seine Positionen zu vertreten". Müller gefiel Neuers Attacke ebenso: "Das sind solche Momente, die an frühere, glorreiche Zeiten erinnern. Das gehört dazu, man versucht sich zu pushen."

Neuer auch gegenübert ter Stegen mit deutlichen Worten

Es sei wichtig, "dass alle scharf sind", sagte Müller und dachte dabei wahrscheinlich an Persönlichkeiten wie Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm oder Arjen Robben, aber wohl vor allem an Oliver Kahn. Der frühere Torwart, der ab kommendem Jahr im Bayern-Vorstand vertreten sein wird, schüttelte einst sogar die Kollegen und stachelte die Mannschaft mit seinen Sprüchen ("Weiter, immer weiter" oder "Eier, wir brauchen Eier") an. Neuer ist noch längst nicht Kahn, aber er schärft momentan sein Profil.

Auch im DFB-Team hatte der 33-Jährige sich zuletzt überraschend deutlich im Duell mit seinem Rivalen Marc-Andre ter Stegen vom FC Barcelona positioniert und dessen öffentlich geäußerten Frust gekontert. Er wisse nicht, sagte Neuer, "ob uns das hilft". Neuer, der in München noch bis 2021 unter Vertrag steht, ist sowohl bei den Bayern als auch bei der Nationalmannschaft um Zusammenhalt bemüht. Intern hatte der Keeper schon immer Missstände sehr deutlich aufgezeigt, jetzt vertritt der 33-Jährige immer öfter auch nach außen eine klare Meinung - ein neuer Neuer.

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