Knabbern und Kung Fu
FC Bayern: Oliver Kahns emotionalste Duelle gegen Borussia Dortmund
5. April 2019, 6:05 Uhr aktualisiert am 5. April 2019, 6:05 Uhr
Vor exakt 20 Jahren brannten Bayerns Oliver Kahn beim Gipfel in Dortmund die Sicherungen durch - nicht das einzige Skandalspiel der beiden Rivalen. Die AZ blickt vor dem Duell am Samstag zurück.
München - Als Oliver Kahn einmal mit viel Abstand auf seine Profikarriere zurückblickte, dachte er auch an jenen 3. April 1999 in Dortmund, als er die Fassung verlor. Und zwar komplett. "Geschämt habe ich mich selten, vielleicht damals in Dortmund. Nach der Szene mit Heiko Herrlich", sagte Kahn, der Torhüter des FC Bayern, der beim Zwischenstand von 0:2 nach einer abgefangenen Flanke plötzlich die Nähe des BVB-Stürmers suchte.
"Der Trainer hatte gesagt, wir sollen uns am Gegner festbeißen. Das habe ich beherzigt", erklärte Kahn nach der Partie. Herrlich berichtete, dass es kein richtiger Biss war, sondern nur ein Knabbern. In jedem Fall: unfassbar, legendär in der Liga-Geschichte.
"Kung-Fu-Kahn war geboren"
Und nicht Kahns einziger Ausraster an diesem Nachmittag. In Kampfsport-Manier flog der Torhüter wenig später auf Stéphane Chapuisat zu, verfehlte ihn nur um Zentimeter. "Das war der Moment, wo sich sämtliche Aggressionen in mir entluden", erinnerte sich Kahn: "Ich ließ das wilde Tier los und sprang Chapuisat mit ausgestrecktem Bein an. Kung-Fu-Kahn war geboren."
Das Verrückte: Bayerns Keeper, der die gesamte Partie über mit Bananen beworfen wurde, weckte die Kollegen mit diesen beiden Szenen auf, später parierte er noch einen Elfmeter, das Spiel endete 2:2 nach Treffern von Alexander Zickler und Carsten Jancker.
Exakt 20 Jahre ist die unvergessene Partie in Dortmund nun her, am Samstag treffen die ewigen Rivalen wieder aufeinander. Ob's ähnlich brisant wird? Klar ist: Die Ausgangslage ist im April 2019 noch spannender. Dortmund liegt als Tabellenführer nur zwei Punkte vorn, könnte bei einem Bayern-Sieg überholt werden. 1999 dominierten die Münchner, Dortmund hatte zum Zeitpunkt des Gipfeltreffens nur noch theoretische Chancen auf den Titel. Bayern wurde mit Ottmar Hitzfeld Meister.
Aggressions-Duell in Dortmund
Ebenso wie 2001, als sich ein anderes Drama zwischen Dortmund und Bayern abspielte. Wieder geschah es im April, am 7. dieses Monats, der es offenbar in sich hat. Drei Platzverweise, zwölf Gelbe Karten und am Ende ein 1:1 - selbst Uli Hoeneß, damals Bayern-Manager, konnte nicht mehr. "Ich habe noch nie ein Spiel gesehen, in dem der Schiedsrichter zwischen der 1. und 95. Minute über 50 Fehler macht", schimpfte Hoeneß über die Leistung des Unparteiischen Hartmut Strampe, der die Bayern-Stars Bixente Lizarazu (35. Minute/Gelb-Rot) und Stefan Effenberg (55./Rot) vom Platz geschickt hatte. Der Kapitän rammte Evanilson den Ellbogen in die Magengegend und verabschiedete sich mit Handküssen vom Dortmunder Publikum.
Roque Santa Cruz (6.) sowie Fredi Bobic auf BVB-Seite erzielten die Tore (52.), doch in Erinnerungen blieben vor allem die Momente, die nichts mit Fußball zu tun hatten. "Das war eine einzige Katastrophe, eine Werbung für Emotionen, aber nicht für den Fußball", sagte Kahn.
Der Keeper war einmal mehr an einer spektakulären Szene beteiligt. Kurz vor Ende der Partie schoss Dortmunds Spielmacher Tomas Rosicky einen Freistoß an den Innenpfosten, von dort aus flog der Ball Kahn in die Arme. Bayerns Torhüter schien es selbst nicht zu glauben, er ballte die Faust, reckte sie gen Himmel. "Das war ein Zeichen dafür, dass der BVB es nicht verdient hatte, dieses Spiel trotz allem zu gewinnen", sagte er.
Bayern holte anschließend - vor allem dank Kahn - die Meisterschaft und Champions League.
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