AZ-Analyse zur Entlassung

FC Bayern: Niko Kovac - Anfällig für Fehler


Schlimmes Ende seiner Zeit in München: Niko Kovac ist seit Sonntag nicht mehr Bayern-Trainer.

Schlimmes Ende seiner Zeit in München: Niko Kovac ist seit Sonntag nicht mehr Bayern-Trainer.

Von Tabitha Nagy

Trauriger Rekord für Niko Kovac. Noch nie war ein FC Bayern-Trainer der erste Coach, der in einer Saison in der Bundesliga gehen muss. Eine AZ-Analyse.

München - Niko Kovac verabschiedet sich beim FC Bayern mit einem Rekord, einem traurigen. Der Kroate ist der erste Bundesliga-Trainer überhaupt, der in dieser Saison seinen Job verliert - das gab es noch nie bei einem Bayern-Coach seit Gründung der höchsten deutschen Spielklasse. Carlo Ancelotti erwischte es 2017 zwar schon im September, doch zuvor war bereits Andries Jonker in Wolfsburg entlassen worden. Kovac auf Platz eins. Ein schlimmes Ende seiner Zeit in München, die ihm in der vergangenen Saison immerhin das Double brachte. Aber bis zuletzt kein hohes Standing im Team.

Deshalb übernimmt vorerst Hansi Flick. Der 54-Jährige, bislang Co-Trainer und 2014 mit Deutschland Weltmeister, fuhr am Montag bereits sehr früh an der Säbener Straße vor, um das Spiel gegen Olympiakos Piräus am Mittwoch (18.55 Uhr, Sky) und den Bundesliga-Kracher gegen Dortmund am Samstag vorzubereiten.

Die Spieler hatten am Montag noch frei, um den Kopf frei zu bekommen. Das ist wohl nötig. Flick gilt in der Mannschaft als beliebt, er weiß mit Stars umzugehen. Von Kovac konnte man das nicht immer behaupten.

Die AZ nennt fünf Gründe, warum der Coach bei Bayern scheiterte.

Der Umgang mit Müller hat Kovac Sympathien gekostet.

Der Umgang mit Müller hat Kovac Sympathien gekostet.

Das Müller-Eigentor: Ur-Bayer auf der Bank

Die Wirkung seines Umgangs mit Ur-Bayer Thomas Müller schätzte Kovac völlig falsch ein. Müller ist in der Mannschaft noch immer ein Anführer, auf allen Ebenen des Klubs hoch angesehen. Warum er den Offensivstar zwischenzeitlich über mehrere Partien auf der Bank ließ, obwohl Neuzugang Philippe Coutinho auf Länderspielreise war und zudem schwach spielte, weiß nur Kovac.

Erst als Müller sich öffentlich beschwerte, stellte Kovac ihn wieder auf. Zuvor hatte er gesagt, dass Müller schon wieder spielen werde, wenn "Not am Mann" sei. Ein Eigentor des Trainers.

Taktik: Zusammenhangloses Spiel

In Frankfurt ließ Kovac Konterfußball spielen - mit Erfolg. Und auch bei Bayern legte der Coach den Fokus auf eine stabile Defensive, vorne sollten es die Einzelkönner richten.

Deshalb sah das Spiel der Münchner oft zusammenhanglos aus, in der Offensive vermisste man Automatismen, klare Abläufe. Und auch die Abwehrarbeit klappte - speziell in dieser Saison - überhaupt nicht mehr. In der Bundesliga gab es in zehn Spielen bereits 16 Gegentore. Die schlechteste Bilanz seit 2008.

Kovacs Taktik gegen Frankfurt führt zum 1:5-Debakel.

Kovacs Taktik gegen Frankfurt führt zum 1:5-Debakel.

Außendarstellung: Fettnäpfchen und fehlende Selbstkritik

"Frankfurt hat die besten Fans der Liga". Mit diesem Satz trat Kovac kürzlich abermals in ein Fettnäpfchen. Die öffentlichen Auftritte des Trainers wurden in den vergangenen Monaten immer unglücklicher. Kovac sah sich und seine Trainerkollegen als Opfer der Medien, er ließ sich auf Diskussionen während Pressekonferenzen ein, wirkte nicht souverän, musste sich mehrmals für Aussagen entschuldigen.

Und: Er gab die Schuld für das sportliche Tief allein seinen Spielern, ließ jegliche Selbstkritik vermissen. Das kam bei der Mannschaft ganz schlecht an.

Mannschaftsführung: Kritische Aufstellungen

Das Verhältnis zu einigen Spielern war schon länger beschädigt, auch Kovacs Aufstellungen wurden zunehmend kritisch gesehen. Etwa am Samstag in Frankfurt, als er David Alaba in die Innenverteidigung beorderte und Benjamin Pavard rechts spielen musste. Für Stabilität sorgte diese Maßnahme nicht - im Gegenteil. Natürlich: Kovac hatte auch Pech mit den Verletzungen von Lucas Hernández und Niklas Süle. Aber er hat weder in der Abwehr noch im zentralen Mittelfeld überzeugende Lösungen gefunden.

Kein harmonisches Verhältnis: Umgang mit den Superstars

Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge wollte James Rodríguez unbedingt für 42 Millionen Euro fest verpflichten, doch der Kolumbianer musste zurück zu Real Madrid, weil Kovac es nicht schaffte, ein harmonisches Verhältnis zu seinem Superstar aufzubauen.

Auch Weltmeister-Verteidiger Mats Hummels, ein weiterer Star mit starker Meinung, verließ den Klub im Sommer. Sportlich fehlen James und Hummels enorm. Kovac hat nicht nachgewiesen, dass er wirklich gut mit besonderen Spielern umgehen kann. Coutinho fremdelt noch in München, ihm scheint auch das Selbstvertrauen zu fehlen.

Speziell in diesem Punkt ist nun Flick gefordert.

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