AZ-Serie: "Verrückte Spiele"
Als der Hamburger SV die Bayern noch ärgerte
8. Mai 2020, 17:58 Uhr aktualisiert am 8. Mai 2020, 17:58 Uhr
1982 im Olympiastadion: Die Hamburger drehen ein irres Spiel gegen den FC Bayern noch um - kuriose Tore inklusive.
München - Ha-Ha-HSV. Wenn die Hanseaten zuletzt beim FC Bayern in der Allianz Arena antraten, wurde der Hamburger Schießbuden Verein lächerlich gemacht. Die Zahlen des Grauens: 0:6, 0:8, 0:5, 0:8, 1:3, 2:9, 0:5, 0:6 - macht satte 50 Tore in den letzten acht Gastspielen des HSV in München. Aktuell schützt die Hamburger eine clevere Taktik gegen weitere Klatschen: Sie haben sich in der zweiten Liga verschanzt.
Die große Zeit des HSV als Widersacher des FC Bayern liegt ein paar Jahrzehnte zurück. Ende der 70er Jahre endet vorläufig Bayerns große Ära, die Hamburger werden 1979 erstmals Meister. 1981 verpflichtet der HSV Ernst Happel. Ein genialer Trainer, der das damals ultramoderne Pressing propagiert und seine Entscheidungen meist mit Schweigen garniert. "Schreibns, was wolln, is' mir eh wurscht" - mehr hat er für die Medien selten übrig.
Ein Grantler, der seinen Wiener Schmäh nur selten nach außen kehrt. Vom 23. Januar 1982 bis zum 28. Januar 1983 bleibt der HSV in 34 Bundesligaspielen ungeschlagen, saisonübergreifend eine komplette Spielzeit und mehr als ein Kalenderjahr. In diese Zeit fällt ein legendärer Kick im Münchner Olympiastadion - nicht nur, weil der HSV gewinnt.
Felix Magath beim FC Bayern: "Ein Spiel, das man nie vergisst"
Der 24. April 1982: Das Topspiel des 29. Spieltags ist das Finale der Saison 1981/82. "Eines der großen Spiele des HSV in der Bundesliga", sagt Günter Netzer, damals HSV-Manager. Und Felix Magath, der Spielmacher der Rothosen, findet: "Ein Spiel, das man nie vergisst." Die Partie Dritter gegen Erster ist ein Kampf der Systeme: Hier Bayerns Raumdeckung von Trainer Pal Csernai eingeführt, dort Happels Manndeckung, selbst im Mittelfeld praktiziert gegen Spielmacher und Kapitän Paul Breitner.
Sonne und Regen wechseln sich an diesem Samstag in München ab wie die Teams beim Tore schießen. In der ersten Hälfte dominieren die Gastgeber. Dieter Hoeneß überspringt Gegenspieler Dietmar Jakobs und köpft wuchtig ein, ein Kopfball-Torpedo zum 1:0 (23.). Der Ausgleich des HSV erfolgt von Ex-Löwe Jimmy Hartwig (32.). Vier Minuten später stellt Udo Horsmann nach Klaus Augenthalers Augenweiden-Außenristpass mit links gekonnt auf 2:1.
Die Revanche für die Hinrunden-Pleite (1:4) scheint den Bayern zu gelingen - vor allem als Hoeneß seinen zweiten Treffer macht, natürlich per Kopf, und mehr als kurios. Mit dem Rücken zum Tor köpft er eine Dremmler-Flanke nach hinten. HSV-Torhüter Uli Stein lässt den harmlosen Aufsetzer passieren (63.) - 3:1. Tribünengast Sepp Maier: "Der Uli dachte, der Ball geht vorbei. Ich glaube Jimmy Hartwig hat was zu ihm gesagt. Vielleicht: 'Lass ihn'. Da hat er ihn dann durchgelassen." Ein dickes Ding - die Vorentscheidung? Rückt Bayern wieder auf einen Punkt an Spitzenreiter HSV heran?
HSV nicht mehr einholbar, Bayern nur Dritter
Thomas von Heesen fängt Rummenigges Fehlpass ab und startet aus eigener Hälfte ein Solo, schließt mit links ab - haltbar für Bayerns umstrittenen Maier-Nachfolger Walter Junghans (70.). Ebenso wie der 3:3-Ausgleich von Hrubesch, der Junghans durch die Hosenträger schießt (76.). Der endgültige Bayern-K.o. in der 90. Minute: Freistoßflanke Magath, ein Kopfball des Kopfballungeheuers - von 3:1 auf 3:4 in 20 Minuten. "Uns war klar", so Rummenigge, "damit war der HSV im Rennen um den Titel nicht mehr einholbar."
So kommt es. Zum zweiten Mal seit Einführung der Bundesliga wird der HSV Meister, Bayern am Saisonende lediglich Dritter, noch hinter Köln. Allerdings: Das 4:3 sollte für 24 Jahre der letzte HSV-Sieg in München sein.
Gesamtbilanz gegen den HSV: 106 Bundesliga-Duelle, 65 Bayern-Siege, 19 Hamburger Erfolge, 22 Remis, 247:101 Tore.
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