Straubing Tigers
Mario Zimmermann: Zwischen Druck und Erfolg
14. August 2022, 6:00 Uhr aktualisiert am 12. August 2022, 16:47 Uhr
"Erfolg ist kein Glück" - so lautet der Titel des Songs, den Mario Zimmermann zum Aufwärmen vor einem Spiel hört. Das Lied von Kontra K motiviert den Eishockey-Youngster der Straubing Tigers und spiegelt seine Devise wider: Erfolg ist kein Glück, sondern harte Arbeit. So wie er auch selbst gewerkelt, geschuftet und hart an sich gearbeitet hat, um seinen Traum, Eishockey-Profi zu werden, zu verwirklichen. Dabei hat seine Reise gerade erst begonnen.
Es ist kurz vor dem Spiel. Erst zieht Mario Zimmermann den linken Socken an, dann den rechten. Bei den Schienbeinschonern das gleiche. Erst den linken, dann den rechten. Er greift den rechten Schlittschuh, schnürt ihn zu - und dann fällt ihm auf: Mist, das ist der falsche. Also wieder raus aus dem Schuh und zuerst den linken anziehen. Entstanden ist dieses Vorgehen - erst die linke, dann die rechte Seite - aus Gewohnheit und wurde zu seinem kleinen Ritual vor einem Spiel. Und falls es doch einmal anders läuft, ist das auch kein Beinbruch. Da ist er recht entspannt.
Die Augen immer auf den Puck gerichtet und die Mitspieler im Blick zu haben gilt es auf dem Eis. Der läuferisch starke Verteidiger macht sein Spiel über einen schnellen Aufbaupass. Er bindet sich gerne in den Angriff mit ein, vergisst dabei aber seine Rolle in der Defensive nicht. Ein Mitspieler passt ihm den Puck vor dem gegnerischen Tor zu, Zimmermann nimmt ihn an, Schuss - Tor! Er reißt die Hände in die Luft und jubelt.
Erste Schritte auf dem Eis beim Publikumslauf in Waldkraiburg
In seinem Heimatstadion in Waldkraiburg hat Mario die ersten Schritte auf dem Eis gemacht. Sobald er laufen konnte, gingen seine Eltern mit ihm zum Publikumslauf. "Selbst, als er noch nicht spielen durfte, ist er immer mit dem Schläger rumgelaufen, du hast ihn auch fast nur mit Schläger gesehen", erzählt seine Mutter. Als er dann spielen durfte, lief er für den EHC Waldkraiburg auf. In der Jugend wechselte er zu den Starbulls Rosenheim, 2018 dann zum EV Landshut in die U20-Mannschaft. Zu diesem Zeitpunkt war er schon bei der U16- und U17-Nationalmannschaft dabei. Eine Saison später unterschrieb er den Vertrag für die erste Mannschaft in Landshut. Mit ihr spielte er in der DEL2. Seit dem Herbst 2021 ist der nun 21-Jährige bei den Straubing Tigers unter Vertrag - sein Sprung in die DEL.
Die Vereinbarkeit von Schule und Sport war kein Problem. Erst mit der Ausbildung zum technischen Produktdesigner begannen anstrengende drei Jahre. Morgens um fünf Uhr aufstehen und abends um zehn Uhr nach Hause kommen. Am Wochenende kamen noch die Spiele dazu. Da war es normal, dass seine Mutter ihn um zwei Uhr nachts abholte, damit er am nächsten Tag in die Berufsschule konnte.
Das Fahren war nie ein Thema, da seine Eltern gesehen haben, wie viel Spaß er am Sport hat - und natürlich Erfolg. Für ihn stand fest, dass er die Ausbildung macht - sein Plan B, falls es mit dem Profisport nicht klappen sollte.
Die diesjährige Nominierung als Verteidiger der deutschen Nationalmannschaft für die WM in Finnland kam für Zimmermann völlig überraschend. Nachdem die Tigers aus den Playoffs ausgeschieden waren, war er noch in Straubing geblieben. Er ging spazieren und auf einmal klingelte sein Handy. Es war der Manager der Straubing Tigers. Jason Dunham teilte ihm mit, dass er die Chance habe, zur Vorbereitung der Nationalmannschaft mitzufahren. Später wurde er noch von Nationaltrainer Toni Söderholm persönlich zu den Vorbereitungsspielen nach Rosenheim eingeladen. So eine Chance bringt auch Leistungsdruck mit sich.
"Manchmal denke ich zu viel, aber dann denke ich mir, jetzt spiel' einfach. Spiel', was du kannst, und dann geht es wieder einigermaßen", sagt Zimmermann. Wie kann ein junger Mensch mit dem Druck umgehen? Zimmermann geht an Drucksituationen relativ entspannt und realistisch heran. Zusätzlich gibt ihm das Team Rückhalt, sodass der Leistungsdruck nicht zu immens wird. Wichtig sei es, immer ein Ziel vor Augen zu haben, sagt er.
Auch beim Kartenspielen hat er den absoluten Siegeswillen
Das ist nicht nur im Eishockey so. Selbst beim Kartenspielen mit der Familie gibt es für ihn kein Pardon. Mit einem Gewinnerlächeln legt er seine letzte Karte auf den Stapel und ruft: "Solo, Solo". Damit entscheidet er das Spiel für sich.
Auch in der Sommerpause kann der Youngster nicht stillsitzen. Zusätzlich zu dem etwa elfstündigen Trainingsprogramm pro Woche geht er Rennradfahren, Wandern und Golfen. Das hilft ihm abzuschalten. Sein großer Bruder Patrick, der selbst auch Eishockey spielt, begleitet ihn oft. Golf spielt Mario Zimmermann gerne, weil das ein Spiel gegen sich selbst sei, wie er sagt. Man müsse immer für den nächsten Schlag mental bereit sein und an einem Fehler sei man selbst schuld - anders als in einer Mannschaftssportart.
Zimmermann hat den Plan, sein Abitur zu machen und zu studieren. Das mit dem Abi hatte er schon einmal versucht, es hatte jedoch zeitlich nicht geklappt. Er war nach Landshut gezogen und hatte das erste Mal alleine gewohnt. "Da muss man auf einmal für sich selbst sorgen: kochen, einkaufen gehen, Wäsche waschen", erzählt er. Zusätzlich hat der Sport ihn sehr vereinnahmt. Und Zeit, um mit Freunden an den Weiher baden zu gehen oder ein Eis zu essen, wollte er auch noch haben.
In seiner Jugend hatte er keine Zeit, um feiern zu gehen. Da war er froh, wenn er daheim schlafen konnte und genug Schlaf bekommen hat, sagt er. Wie ihn seine Familie beschreibt, passt dazu: zielstrebig, fleißig und bodenständig sei er. Mit diesen Eigenschaften gelingt es ihm, seinen Traum zu leben.