Straubing
Skandal-Video: Jetzt ermittelt die Kripo im Bezirkskrankenhaus
7. Juli 2016, 9:53 Uhr aktualisiert am 7. Juli 2016, 9:53 Uhr
Das forensische Bezirkskrankenhaus (BKH) in Lerchenhaid bei Straubing. Hier sind Straftäter aus ganz Bayern mit psychischen Störungen untergebracht. Menschen, von denen eine nicht unerhebliche Gefahr ausgehen kann. Umso wichtiger ist hier also die Frage der Sicherheit. In den vergangenen Monaten kam es dort nach idowa-Informationen immer wieder zu Übergriffen und Gewalttaten. Und jetzt auch noch das: ein Skandal-Video lässt die Mauern der Sicherheit weiter bröckeln. Die Kripo Straubing ermittelt.
Die Lage ist angespannt. Ein Insider, der namentlich nicht genannt werden will, spricht gegenüber idowa gar von einem "Pulverfass". Ihm zufolge sei es allein im Zeitraum September 2015 bis März 2016 in der Einrichtung zu 28 Übergriffen von Patienten auf andere Patienten oder Personal gekommen. Eine Statistik, die aufhorchen lässt. Karin Stempfhuber, Pressesprecherin vom Bezirk Niederbayern, der Träger des Bezirkskrankenhauses ist, kann diese Zahl weder bestätigen noch dementieren: "Konkrete Zahlen hierzu können wir nicht benennen. Die Anzahl der Übergriffe ist jedoch naturgemäß relativ hoch, da das Bezirkskrankenhaus Straubing zentrale Aufnahmeklinik für hochaggressive Forensik-Patienten ist (...)".
Video auf USB-Stick gespeichert
Ein hochsensibler Arbeitsbereich. Was aber, wenn plötzlich vertrauliche Informationen über einen Patienten in Form von Bildmaterial nach draußen durchsickern? Dann könnte dies zu zusätzlichem Misstrauen gegenüber dem Personal führen. Infolgedessen droht die Stimmung vollends zu kippen. Ein solches Worst-Case-Szenario ist vergangene Woche eingetreten. Ein Pfleger entdeckte auf dem USB-Stick eines Patienten ein ominöses Video. Darauf zu sehen: Ein anderer Patient, der zu diesem Zeitpunkt in einer Extremphase seiner Schizophrenie in einem Isolationszimmer verwahrt wurde. Ein Raum, der für Patienten normalerweise nicht zugänglich ist. Dennoch entstand darin Bildmaterial des Patienten. Was die Angelegenheit noch prekärer macht: Dieses Video fand seinen Weg nach draußen.
Das sagen der Bezirk Niederbayern und die Polizei
"Bestätigen können wir, dass auf Anzeige des Bezirkskrankenhauses Straubing hin polizeiliche Ermittlungen eingeleitet wurden, nachdem vom Personal des BKH bei einem Patienten ein USB-Stick mit einer Aufnahme aus einem Beobachtungszimmer sichergestellt wurde", berichtet Karin Stempfhuber. Daraus resultierend seien noch "am Auffindetag des USB-Sticks mittels eines sogenannten meldepflichtigen Ereignisses die Maßregelvollzugsleitung, die Fachaufsicht, die Maßregelvollzugsbeiräte und die Bezirkshauptverwaltung" informiert worden. "Außerdem wurde unverzüglich Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet", so Stempfhuber weiter.
Dass die Beobachtungszimmer für Patienten nicht frei zugänglich sind, bestätigt auch Stempfhuber, gibt allerdings zu bedenken: "Jedoch werden die Zimmer zum Beispiel zur Essenszeit aufgesperrt, also zu einer Zeit, zu der sich auch andere Patienten auf der Station frei bewegen können."
Viele offene Fragen
Nachdem der auf dem Video zu sehende Patient bereits im Jahr 2015 verstorben ist, muss die Aufnahme älteren Datums sein. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass dieses Video über ein Jahr extern herumgeisterte. Freilich, auf dem Video sind keinerlei Straftaten, Misshandlungen oder Ähnliches zu sehen. Doch allein die bloße Existenz eines solch illegal entstandenen Bildmaterials wirft Fragen auf. Wer hat dieses Video gemacht? Was war das Motiv? Wurde es in der Zwischenzeit gar öffentlich zugänglich gemacht? Woher wusste der Patient von diesem Video?
Fragen, mit denen sich nun auch die Kripo Straubing befasst. Auf idowa-Nachfrage bestätigt Polizeisprecher Christian Biedermann den Vorfall: "Es ist richtig, dass ein solches Video auf dem USB-Stick eines Patienten gefunden wurde. Mehr kann ich aufgrund der laufenden Ermittlungen dazu noch nicht sagen." Der entsprechende Patient sei zwischenzeitlich auch polizeilich vernommen worden. Es wird nach § 201a StGB wegen der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen ermittelt. Biedermann betont: "Uns wurde seitens des BKH hier vollste Unterstützung zugesichert."
Verständlich, denn es herrscht Klärungsbedarf. Zumal der Vorfall mittlerweile laut idowa-Informationen auch unter den Patienten die Runde gemacht hat - und zu weiterem Misstrauen und Feindseligkeiten gegenüber dem Personal führt. Letzteres sei allerdings für die Klinikleitung nicht spürbar. "Die Klinikleitung bietet Patientenforen und Gesprächsmöglichkeiten für Patienten an, wenn es z.B. zu Übergriffen oder zu sicherheitsrelevanten Vorfällen wie dem oben beschriebenen kommt. Aufgrund des aktuellen Vorfalls sind keine Feindseligkeiten oder dergleichen gegenüber dem Personal spürbar", betont Karin Stempfhuber. Und während man seitens des BKH Straubing auf der eigenen Webseite betont, "dass das BKH Straubing zu den sichersten forensischen Einrichtungen zählt", drängt sich objektiv betrachtet eine Frage auf: Wie sicher ist dieses Bezirkskrankenhaus wirklich?