Robert Rothmeier im Interview

Futsal-Diskussion: "Bekommen vom Verband etwas vorgeschrieben, das die meisten gar nicht wollen"


Steht der traditionelle Hallenfußball vor dem Aus? (Foto: Fabian Roßmann)

Steht der traditionelle Hallenfußball vor dem Aus? (Foto: Fabian Roßmann)

Von Fabian Roßmann und Redaktion idowa

Rober Rothmeier ist U19-Trainer des FC Künzing. Für Aufsehen sorgt der 48-Jährige mit seiner Facebook-Seite "Futsal - nein Danke". Er spricht sich wie einige andere Vereinsverantwortliche gegen Futsal aus, das ab dem kommenden Jahr bei offiziellen Turnieren den Hallenfußball ablösen soll. Im idowa-Interview erklärt Rothmeier, was ihn an der vom Verband forcierten Hallenfußball-Variante stört.

Herr Rothmeier, können Sie zu Beginn einmal allgemein erklären, was Sie an Futsal stört?

Rothmeier: Tatsache ist ja, dass das, was der BFV (Bayerischer Fußball-Verband) bei uns in Niederbayern eingeführt hat, ja kein richtiges Futsal ist. Sondern wir spielen Hallenfußball nach FIFA-Regeln. Richtiges Futsal wird nicht in einer Turnierform gespielt, wie es bei uns der Fall ist, sondern da werden die Spiele mit 2 mal 20 Minuten Nettospielzeit gespielt. Bei uns dagegen ist es so, wie ich es jetzt mit meinen Mannschaften auch schon erlebt habe, dass wir nach diesen Regeln spielen aber nur 10 Minuten Spielzeit haben, wobei da nur die letzte Minute mit Nettospielzeit gespielt wird. Und dadurch gibt es dann eben Spiele, die 10 Minuten dauern, der Ball aber über drei Minuten gar nicht im Spiel ist. Ein weiterer Punkt ist, dass Futsal eher ein Ganzjahressport ist. Wenn man sich im Internet die Futsal-Videos anschaut, dann ist das ganz schön. Aber das sind eben Spieler, die auch gar nicht mehr im Freien Fußball spielen, sondern das ganze Jahr nur Futsal spielen. Unsere Spieler sollen von Mitte Februar bis Mitte November draußen spielen, immer schön ins Training gehen und bekommen dann im Winter vom Verband noch etwas aufgedrückt, hinter dem die meisten Vereine gar nicht so stehen. Was man in Gesprächen mitbekommt, wollen viele einfach den Hallenfußball, wie er bei uns bislang gespielt wurde, beibehalten. Mit den großen Toren und den Banden weil auch meiner Meinung nach das Spiel dadurch sehr viel attraktiver ist.

Wenn man jetzt Futsal an sich betrachtet und nicht die Form wie es jetzt gespielt wird. Wo sehen Sie dann beim traditionellen Hallenfußball noch Vorteile?

Rothmeier: Zum einen bin ich vom Torwartspiel überhaupt nicht überzeugt. Der Torwart darf nicht mehr mitspielen, weil Rückpässe verboten sind.

Aber wird dadurch das Spiel nicht auch flüssiger?

Rothmeier: Das ist die Frage: Wird das Spiel tatsächlich flüssiger, wenn ich dem Tormann erlaube, den Ball in die gegnerische Hälfte zu werfen. Das haben wir auch in den bisherigen Spielen so erlebt. Der Torwart hat, wenn er den Ball hat, eben nur vier Sekunden Zeit, das Spiel zu eröffnen. Und dann passiert ganz oft Folgendes: Die gegnerische Mannschaft stellt die Verteidiger zu. Dann habe ich oft gesehen, dass die Mannschaft einfach den Mittelstürmer ganz weit nach vorne stellt und der Torwart den Ball bis vor das gegnerische Tor wirft. Da stellt sich für mich dann die Frage: Wo ist da der technische Fußball. Da habe ich wirklich Spiele gesehen, wo sich die Torhüter zwei, drei Mal den Ball gegenseitig zugeworfen haben.

Aber muss man Futsal nicht die Zeit geben, sich auch in Deutschland zu entwickeln?

Rothmeier: Aber brauchen wir denn eine Sportart, die sich langsam entwickelt. Wir reden ja, wie es gedacht ist, bei Futsal über eine Überbrückung der Winterpause. Wenn ich Futsal als Ganzjahressport nehme, ist es wieder etwas anderes. Und ich sehe auch, dass wir momentan schon große Probleme im Nachwuchs haben, um genügend Spieler zusammen zu bekommen und Spielgemeinschaften bilden müssen. Wenn sich jetzt nebenher auch noch Futsal-Mannschaften bilden, dann werden ja die Spieler nochmal weniger. Und wenn es nur zur Überbrückung gedacht ist, dann frage ich mich, ob man wirklich für diese zwei, drei Monate und vier bis sechs Hallenturniere etwas einführen muss, das vielen gar nicht so großen Spaß bereitet.

Und warum meinen Sie, dass Futsal keinen Spaß macht?

Rothmeier: Ich habe einen Sohn, der hat jetzt in diesem Winter schon Futsal und den traditionellen Hallenfußball gespielt. Dann hab ich ihn gefragt, wie er das Ganze sieht und er hat gesagt: "Da brauchen wir gar nicht reden. Mit Bande und den großen Toren, da ist einfach viel mehr los." Futsal ist etwas ganz eigenständiges. Und in der Form, wie es bei uns gespielt wird, das ist ja eine Mischung aus Hallenfußball und Futsal. Und das geht ja nicht. Wenn, dann muss man schon Futsal spielen, wie es gedacht ist mit langen Nettospielzeiten. Aber das wird bei uns ja nicht konsequent so gespielt.

Also hätten Sie grundsätzlich nichts gegen Futsal, wenn es auch nach den offiziellen Futsal-Regeln gespielt werden würde?

Rothmeier: Wenn man Futsal spielt, dann muss man es auch richtig spielen. Und wie gesagt: Futsal macht mit entsprechend hohen Nettospielzeiten ja dann auch Sinn. Aber in der Form, wie wir es spielen, bin ich nach wie vor total dagegen und da gibt es meiner Meinung nach auch kaum Argumente dafür. Und wenn wir in der klassischen Turnierform spielen wollen, dann kann ich da auch nicht Futsal spielen, weil dann dauert ein solches Turnier ja zehn Stunden. Und bei kürzeren Spielzeiten brauche ich die Bande, damit der Ball im Spiel bleibt. Und die Zuschauer, die wollen ja auch Tore sehen.

Futsal-Befürworter sagen beispielsweise, dass durch die Bande ein höheres Verletzungsrisiko gegeben ist, das Spiel andauernd verschleppt wird. Wie sehen Sie das?

Rothmeier: Ich bin kein Wissenschaftler, aber ich konnte bislang keine offizielle Statistik finden, die zeigt, dass es im Zusammenhang mit der Bande tatsächlich schwerere Verletzungen gibt. Dass du dir an der Bande einmal den Ellenbogen aufschürfst oder Ähnliches, das ist klar. Aber wenn, dann müssen wir schon von schwerwiegenden Verletzungen sprechen. Dann werden im Futsal zwar die Team-Fouls zusammengezählt, aber ich darf ja trotzdem drei, vier Fouls im Spiel machen. Und diese könnten dann theoretisch auch heftig sein. Es ist keineswegs so, dass ich Futsal verteufle. Aber in der Form, wie wir es spielen, ist es nicht für unsere Hallensaison geeignet.

Das heißt, Sie sind nicht, wie auf Ihrer Facebook-Seite geschrieben, gegen Futsal, sondern gegen die Art, wie es bei uns derzeit gespielt wird?

Rothmeier: Ja, dieser Titel entstand aus einer Laune heraus, weil ich meine Befürchtungen eben bestätigt gesehen habe. Das soll auch ein Stück weit provozierend sein. "Futsal - nein Danke" macht natürlich viel mehr her, als wenn man in den Titel schreibt, wie es dann tatsächlich ist. Ich meine, da hätte ich ja einen Roman schreiben müssen. Der Titel ist in der Sache vielleich nicht einmal richtig, aber er provoziert natürlich viel stärker.

Ab dem nächsten Jahr darf bei offiziellen Turnieren nur noch Futsal gespielt werden. Wie sehen Sie es, dass das quasi vom Verband aufgezwängt wird?

Rothmeier: Die genauen Gründe sind mir nicht klar. Ich weiß nicht, ob wir Futsal brauchen, aber ich denke, dass der DFB das unbedingt will. Weil wir eben bislang noch keine richtigen Futsal-Mannschaften haben. Und der BFV muss das dann natürlich entsprechend umsetzen. Ich halte es für höchst fragwürdig, dass diese Entscheidung ohne die Basis getroffen wurde. Aber demokratische Abstimmungen gibt es beim BFV scheinbar nicht. Es wurde einfach ohne Rücksicht auf Verluste eingeführt. Sollte das in Zukunft auch bei privaten Turnieren so sein, dann wird es bald einige Turniere nicht mehrgeben. Weil beim Futsal einfach weniger Spektakel ist und die Zuschauer das nicht sehen wollen.

Was würden Sie sich jetzt vom Verband wünschen?

Rothmeier: Ich würde mir wünschen, dass man sich von Verbandsseite her einmal mit Vereinsverantwortlichen zusammen setzt und durchdiskutiert, wie es in Zukunft sein soll. Wenn der BFV aufgrund der Vorgaben vom DFB die Verbandsturniere so gestalten muss, dann wird es schwierig werden, hier ein Umdenken herbeizuführen. Aber man sollte zumindest so gesprächsbereit sein, dass man auch in Zukunft bei privaten Turnieren den Vereinen die Wahl lässt, in welcher Form sie den Hallenfußball anbieten wollen. Und es müssen auch weiterhin zu diesen Turnieren Schiedsrichter entsandt werden. Denn im Moment macht das Gerücht die Runde, dass ein privates Turnier, das nicht nach Futsal-Regeln gespielt wird, nicht mehr mit Schiedsrichtern besetzt wird. Und das kann nicht sein, denn auch wenn man sich manchmal über sie ärgert, aber Fußball geht nur mit Schiedsrichtern.

Fußballgrößen wie Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo sagen, dass ihnen Futsal in ihrer fußballerischen Ausbildung enorm geholfen hat. Sind Sie auch der Meinung, dass Futsal, wenn es nach offiziellen Futsal-Regeln gespielt wird, in der Ausbildung der Talente hilfreich sein kann?

Rothmeier: Gegen den Grundgedanken des Futsals spricht nichts. Wenn ich nach den offiziellen Futsal-Regeln spiele, dann ist das auch in Ordnung. Aber wie gesagt, wir sprechen hier nur von zwei Monaten im Winter. Und viele Spieler sagen, dass sie einfach einmal ungezwungen Kicken wollen, ohne sich mit Technik etc. zu beschäftigen.

Robert Rothmeier. (Foto: Privat)

Robert Rothmeier. (Foto: Privat)