Serie: Sport in der Region

"Fliegen bietet auch nach über 50 Jahren immer wieder etwas Neues"


In einem Kilometer Höhe fühlt Klaus Trieb sich am wohlsten.

In einem Kilometer Höhe fühlt Klaus Trieb sich am wohlsten.

Von Felix Hüsch

Viele haben ihn - den Traum vom Fliegen. Davon, die Welt von oben zu sehen und die Sorgen des Alltags für einen Moment zu vergessen. Um diese Erfahrung zu machen, braucht es keinen großen Flughafen. Ein einfacher Flugplatz, wie der in Atting bei Straubing, reicht aus.

"Straubing Info, die Delta Echo Uniform Golf Sierra für einen Lokalflug, bitte Startinformation". In bestem Piloten-Deutsch spricht Klaus Trieb den Namen seines Fliegers in sein Headset. Der Mann im Informationsturm des Flugplatzes Straubing Wallmühle antwortet und gibt Startbahn und Luftdruck durch: "Delta Golf Sierra, Startbahn 09, QNH 1023 Hektopascal". Trieb bestätigt den Luftdruck und steuert den Motorflieger zur 1450 Meter langen Startbahn. Er überprüft den Motor und checkt die Fluginstrumente. Startbereit. Bei einer Geschwindigkeit von 80 Kilometern pro Stunde hebt die Maschine ab und der Bug richtet sich in den strahlend blauen Januarhimmel.

Seit 2004 ist Trieb Vorstand beim Luftsportverein (LSV) Straubing. Gelandet ist er dort 1989. Ein wichtiger Bestandteil seines Lebens sei das Fliegen aber schon lange vorher gewesen. Bis zu seiner Pensionierung 2006 verbrachte er in knapp 40 Jahren insgesamt 5000 Stunden im Hubschrauber bei der Bundeswehr. Mit der Zeit widmete sich Trieb parallel dazu dem Segel- und Motorflug und hat im Flugplatz Straubing Wallmühle inzwischen eine Art zweites Zuhause gefunden. Dort hat sich seit der Vereinsgründung vor knapp 70 Jahren vor allem in den jüngeren Altersklassen viel getan. Unter den insgesamt 30 Flugausbildungs-Schülern befinden sich aktuell zehn junge Segelflugschüler. Trieb erklärt, dass der Weg zum Schein für sie komplizierter sei, da es beim Segelflug wichtig sei, immer wieder neue Thermik, eine Form des Aufwindes, zu finden. Sonst müsse eine Außenlandung auf einer Wiese stattfinden.

Segelflieger haben Winterpause

"Jetzt im Winter sind keine Segelflieger unterwegs. Die Saison geht im Normalfall von Anfang April bis Ende Oktober. Allerdings wird diese Zeit genutzt, um die Segelflugzeuge in der Vereinswerkstatt zu warten", erzählt Trieb, während er den einmotorigen Flieger über die imaginäre Grenze zwischen Gäuboden und Bayerischem Wald steuert. Mitterfels, St. Englmar und Bodenmais sind nur drei von vielen Ortschaften, die bei einer Reisegeschwindigkeit von 220 Kilometern pro Stunde innerhalb von Sekunden vorbeiziehen. Dabei liegt der Flieger die meiste Zeit erstaunlich ruhig in der Luft. Erst, als dichtes Waldgebiet überflogen wird, setzen leichte Turbulenzen ein. "Da sich die Bäume durch die Sonne viel leichter erhitzen als die weiße Schneedecke am Boden, steigt Wärme auf. Die bekommen wir jetzt zu spüren", erklärt Trieb. Meteorologie ist ein wesentlicher Bestandteil der Flugausbildung. "Wer alleine fliegen will, muss erst in der Lage sein, das Wetter zu lesen - besonders im Segelflieger."

Pilot und "TÜVtler" in einem

Flieger jährlich durchgecheckt

Damit die Sicherheit gewährleistet ist, werden alle Flugzeuge jedes Jahr zu Saisonbeginn auf Herz und Nieren überprüft. Trieb ist seit 1992 Technischer Leiter und kümmert sich höchstpersönlich um den "TÜV". In den Fliegerhallen des LSV führt er vor dem Frühjahr Inspektionen und gegebenenfalls Reparaturen durch. "Da profitieren der Verein und ich auch von den vier Unternehmen, die am Flugplatz ansässig sind." Beispielsweise würden alle Flieger des LSV mit Propellern vom hiesigen Hersteller in die Luft gehen. Mit einem Pilotenservice, einem Helicopter-Service und einem Unternehmen zur Wartung der elektronischen Geräte an Bord seien drei weitere Firmen vor Ort, die insgesamt 200 Arbeitsplätze bieten. Viele der Mitarbeiter seien auch Vereinsmitglieder.

"Da oben sind zwei Airbus A380", ruft Klaus Trieb. Er zeigt auf zwei große Passagier-Flugzeuge, die sich einige Kilometer höher befinden. Er schaut auf die Uhr. "Kurz nach elf", sagt er und schlussfolgert: "Einer von denen müsste gerade auf dem Weg von Dubai nach London sein." Mit den Fluglinien kennt der 68-Jährige sich gut aus. Er nutzt die Flug-App auf seinem Smartphone - vor allem aus familiärem Interesse. "Ich konnte meine Flugbegeisterung an meine beiden Söhne weitergeben. Der jüngere von ihnen ist seit 12 Jahren bei der Lufthansa und fliegt ein ähnliches Modell. Da weiß man immer gerne, wo der Sohnemann gerade unterwegs ist", sagt Trieb. Beide Söhne hätten außerdem im Mindestalter von 14 Jahren mit dem Segelflug beim LSV begonnen.

Den perfekten Tag erwischt

Der wolkenfreie Himmel ermöglicht aus einer Flughöhe von etwa 1000 Metern eine gute Sicht in die Ferne. Trieb wirft durch seine Sonnenbrille einen Blick nach rechts. "Da drüben kann man die Alpen sehen. Das ist wirklich der perfekte Tag zum Fliegen." Er fliegt eine halbkreisförmige Kurve um den Arber, wirft einen Blick nach unten und studiert den Skibetrieb. Ein paar winzige schwarze Punkte sind auf den Abfahrten zu erkennen. "Noch nicht so viel los", meint er und nimmt wieder Kurs auf den Flugplatz. Dabei schaut er immer wieder auf sein Armaturenbrett, auf dem eine Linie den direkten Rückweg zum Flugplatz anzeigt. Mit einem Motorflieger dauert die Runde vom Flugplatz zum Arber und zurück eine gute halbe Stunde. Mit dem Auto braucht man ungefähr sechsmal so lange. Trieb fasziniert am Fliegen aber nicht nur die schnelle Art der Fortbewegung. Es ist die Einzigartigkeit jedes Fluges, die es ihm angetan hat. "Jeder Flug ist anders, es gibt keine Routine. Auch nach über 50 Jahren gibt es immer wieder etwas Neues. Neues Wetter, neues Ziel, neue Flugbegleiter, denen ich etwas erzählen kann."

Wie lange er noch ins Cockpit steigen wird, kann Trieb schwer abschätzen. Ein Vereinsmitglied sei bis 85 geflogen, wie er erzählt. Damit die Fliegertauglichkeit im Alter gewährleistet bleibt, gibt es medizinische Checks. Bis zum Alter von 40 Jahren finden sie alle fünf Jahre statt, zwischen 40 und 50 alle zwei Jahre und ab 50 einmal jährlich. "Ich muss jetzt also jedes Jahr beweisen, dass ich noch fliegen kann. Der Druck steigt", sagt Trieb und lacht.

Wer sich für die Fliegerei interessiert: Info auf www.lsv-straubing.com. Ein Schnupperflug ist auch jederzeit möglich.

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In der Werkstatt werden Inspektionen und Reparaturen durchgeführt.

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Die Flieger überwintern in mehrenen Hallen am Flugplatz-Gelände.

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Markierungen auf dem Hallenboden sorgen für Ordnung.

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So sieht das Grundgerüst eines Segelfliegers ohne Verkleidung aus.

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Wie beim Auto gibt es auch bei Fliegern Kennzeichen. Das "D" (Delta im Piloten-Alphabet) steht für Deutschland. Danach folgt eine beliebige Buchstabenfolge beim Motorflieger und eine beliebige Zahlenfolge beim Segelflieger.

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Die D-EUGS (Delta Echo Uniform Golf Sierra) wurde bereits komplett durchgecheckt.

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Bevor es in die Luft geht, muss ein Austauch mit dem Informationsturm stattfinden.

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Am Straubinger Flugplatz finden sich auch größere Flugzeuge.

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Klaus Trieb flog 39 Jahre Hubschrauber beim Bund...

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..., bevor er 1989 beim LSV landete.

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Wenn irgendwo eine Schraube locker ist, ist Trieb sofort zur Stelle.

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Das Armaturenbrett eines Motorflugzeugs liefert unzählige Informationen, die vor und während dem Flug wichtig sind.

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Der Blick auf die Skipiste am Arber zeigt: Trotz des schönen Wetters ist nicht viel los.

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Andere Teile der Donau sind zu diesem Zeitpunkt komplett zugefroren.

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Kurs auf Landebahn: In wenigen Augenblicken hat Klaus Trieb wieder festen Boden unter den Füßen.