Frankfurt / Straubing
DFB-Co-Trainer Thomas Schneider: „Darf mit einem der besten Trainer der Welt arbeiten“
9. Oktober 2014, 8:26 Uhr aktualisiert am 9. Oktober 2014, 8:26 Uhr
Thomas Schneider ist der neue Assistenzcoach von Bundestrainer Joachim "Jogi" Löw. Der 41-jährige Fußball-Lehrer, der mit Ehefrau Natascha und Sohn David in Straubing lebt, ist der Nachfolger von Hansi Flick. Schneider hat am 8. September, einen Tag nach dem 2:1-Sieg gegen Schottland in der Qualifikation zur Europameisterschaft 2016 in Frankreich, seinen Dienst beim DFB angetreten. Der ehemalige Bundesliga-Fußballer und frühere Nachwuchs-Nationalspieler stellte sich nun in der DFB-Zentrale in Frankfurt/Main vor dem Start der zweiten Qualifikationsrunde mit den Partien in Warschau gegen Polen am Samstag und am Dienstag in Gelsenkirchen gegen Irland den Fragen der Journalisten.
Herr Schneider, wie ist es denn zu Ihrer Verpflichtung als Assistenztrainer von Bundestrainer Löw gekommen?
Thomas Schneider: Es gab nach dem Länderspiel Deutschland gegen Chile in Stuttgart ein Gespräch zwischen Jogi und mir. Ich hatte da schon ein gutes Gefühl. Zudem stand ich damals beim VfB Stuttgart schon in der kritischen Phase. Dann ist mein Name für diesen Posten immer wieder in den Medien gehandelt worden. Ich hatte nach dem Ende beim VfB auch eine Anfrage aus der 2. Bundesliga. Ich habe mich aber für diese Aufgabe beim DFB entschieden, die auch eine Ehre für mich ist. Nachdem ich schon Cheftrainer in der Bundesliga war, ist es für mich kein Schritt zurück, sondern ein Schritt nach vorne. Denn ich kann jetzt mit einem der besten Trainer der Welt und mit den besten Spielern der Welt arbeiten.
Hat es Ihnen geholfen, dass Sie schon unter Löw, als dieser beim VfB Stuttgart Trainer war, gespielt haben? Immerhin habt Ihr 1997 das Pokalendspiel gegen Energie Cottbus mit 2:0 gewonnen.
Schneider: Es reicht nicht, dass man sich gut kennt. Jogi und ich haben im Vorfeld meiner Verpflichtung viele Gespräche geführt, haben Kernthemen besprochen. Ich werde versuchen, mich einzubringen, werde Jogi bestmöglich unterstützen. Ich habe schon viele Spiele und Spieler beobachtet, bin viel per Flugzeug, Bahn und Auto unterwegs. Ich werde auch an den Tagungen der Nachwuchstrainer teilnehmen und habe selber einen Überblick über die deutschen Talente in den U-Mannschaften. Jetzt geht es darum, dass ich den Trainingsbetrieb kennenlerne. Die Inhalte haben wir bereits besprochen und festgelegt. Ich bin auf alle Fälle gerne Trainer und fühle mich auf dem Platz zu Hause.
Wie sahen die ersten vier Wochen in Ihrem neuen Amt aus?
Schneider: Ich habe neben den vielen Spielbeobachtungen an Workshops teilgenommen, hatte Kontakt zu einigen Nationalspielern und habe auch mit meinem Vorgänger Hansi Flick gesprochen. Ich wollte wissen, wie er seine Rolle interpretiert hat. Sicher aber werde ich meinen eigenen Stil entwickeln. Mir war es aber wichtig, mit Hansi Flick zu sprechen.
Sie gelten in der Branche nicht als Lautsprecher. War das auch mit ein Grund für Ihr Scheitern als Cheftrainer beim VfB Stuttgart?
Schneider: Ich schreie nicht durch die Welt, das stimmt. Das Thema VfB Stuttgart habe ich abgehakt. Als Trainer muss man immer damit rechnen, dass man aufhören muss. Wir sind allerdings im Guten auseinander gegangen. Wie man aber sieht, ist der VfB im Moment kein leichtes Projekt. Auch ein renommierter Trainer wie Armin Veh, den ich sehr schätze, hat es nicht leicht. Für mich war meine Entlassung keine persönliche Niederlage.
Wie haben Sie die Weltmeisterschaft in Brasilien verfolgt?
Schneider: Ich habe die WM als Fan verfolgt, habe da nichts analysiert. Das Finale habe ich daheim mit der Familie und Freunden gesehen, natürlich haben wir das Nationaltrikot angezogen - ist doch klar. Es war fantastisch, was die deutsche Mannschaft geleistet hat, auch wenn einige Spiele eng waren. Vieles wird in Erinnerung bleiben wie das Halbfinale gegen Brasilien oder das entscheidende Tor von Mario Götze im Endspiel. Seit der WM 2006 war das nun seit dem Amtsantritt von Jogi Löw die Krönung. Insgesamt war es eine großartige Teamleistung, auch wenn viel individuelle Klasse dabei war. Die Mannschaft wie auch Jogi Löw haben eine fantastische Entwicklung genommen.
Jogi Löw hat wie Sie auch als Assistenztrainer beim DFB begonnen. Ist es auch Ihr Ziel, Bundestrainer zu werden?
Schneider: Für mich ist der Job des Co-Trainers ein Traum. Ich werde mein Bestes geben. Über mehr mache ich mir keine Gedanken.
Nun läuft bereits die Qualifikation auf das nächste große Turnier, die EM in Frankreich. Kann Deutschland auch diesen Titel holen?
Schneider: Natürlich ist es das Ziel, auch beim nächsten großen Turnier so gut wie möglich abzuschneiden, am besten den Titel zu holen. Ich will meinen Teil dazu beitragen. Ich hoffe, dass uns das Gleiche wie Spanien 2012 gelingt. Auf alle Fälle werde ich sehr konzentriert an diese Aufgabe herangehen.
Welchen Umgang werden Sie mit den Nationalspielern pflegen? Dürfen die Spieler Sie duzen?
Schneider: Ich stehe für einen freundlichen und respektvollen Umgang. Die Spieler sollen wissen, dass sie sich auf mich verlassen können. Für mich ist der Team-Gedanke wichtig, und ich hoffe, dass wir immer gemeinsam Lösungen finden. Ich habe auch beim VfB Stuttgart immer meine Co-Trainer in den Entscheidungsprozess mit einbezogen, wenngleich ich die Entscheidungen treffen musste. Mal sehen, wie sich das entwickelt. Und zum Thema Duzen: Du, Sie, Trainer, Coach - letztlich ist es egal, das wird man sehen.
Sie leben mit Ihrer Familie in Straubing. Stimmt es, dass Sie eine Nachbarin zu Ihrem ersten Trainerjob gedrängt hat?
Schneider: (schmunzelt) Ja, das stimmt. Ich sollte ihren Sohn beim FC Dingolfing trainieren. Ich wollte nach meiner aktiven Laufbahn eigentlich erst einmal Abstand gewinnen. Ich habe dann aber als Trainer im Nachwuchs in Dingolfing begonnen, und so hat sich meine Karriere entwickelt. Zur Nachbarin haben wir immer noch Kontakt (lacht).
Gibt es eigentlich noch Kontakt zum FC Dingolfing?
Schneider: Kaum. Die erste Mannschaft spielt nur noch in der Kreisliga, aber der Nachwuchs ist noch recht hochklassig. Einige Spieler haben den Sprung in die U 19 des Drittligisten Jahn Regensburg geschafft. Das verfolge ich.
Wie wichtig ist die Stadt Straubing für Sie persönlich?
Schneider: In Straubing fühlen wir uns wohl. Ich lebe dort weiterhin, bin aber viel unterwegs. Aber dort finde ich Ruhe und kann bei der Familie abschalten. Das ist extrem wichtig für mich. Ich bin hier nach wie vor der normale Nachbar. Die Leute sind hier alle total entspannt. Ich gehe manchmal sogar zum Eishockey, auch mit Augsburgs Trainer Markus Weinzierl, der ja auch in Straubing wohnt. Wir genießen es, in Straubing zu leben.
Wie sind Sie beim DFB aufgenommen worden und wie haben Sie sich bei der Nationalelf vorgestellt?
Schneider: Ich bin in der DFB-Zentrale sehr gut aufgenommen worden mit Rundgang durchs Haus. Es ist hier ein nettes Miteinander. Bei der Mannschaft habe ich mich kurz vorgestellt, das war aber nicht außergewöhnlich. Vorgesungen habe ich nicht (lacht).
Singen ist ein gutes Stichwort: Werden Sie bei den Spielen die deutsche Nationalhymne mitsingen?
Schneider: Auf jeden Fall, das gehört für mich dazu.