Straubing

Straubings türkische Gemeinschaft: Warum es schwer ist, zu verstehen, wie sie denkt


Die Kölner Demonstration zeigt: Es gibt eine Polarisierung der Türken in Deutschland. In Straubing wird darüber nicht offen gesprochen.

Die Kölner Demonstration zeigt: Es gibt eine Polarisierung der Türken in Deutschland. In Straubing wird darüber nicht offen gesprochen.

Haben Sie grad Zeit für ein paar Fragen fürs Tagblatt? "Ich hab immer Zeit", scherzt der türkische Geschäftsmann erst. Dann hört er, was das Thema sein soll und hat keine Zeit mehr: Wie Straubings türkische Gemeinschaft zu dem steht, was derzeit politisch alles los ist, von Erdogan über die Demo in Köln bis zu dem Eindruck, dass die türkische Gemeinschaft in Deutschland sich gerade sehr politisiert und polarisiert: "Nein, dazu sag' ich nichts." Beim nächsten Geschäft läuft es genauso. "Kein Thema für mich", sagt der Inhaber.

Auch Meltem Ulusoy, immerhin Mitglied im Ausländerbeirat der Stadt und im Vorstand des Ditib-Moscheevereins, geht sofort auf Abwehr: keine Zeit für ein Gespräch; berufstätig, Arbeit, und außerdem: "In der Moschee ist kein Platz für Politik, wir sind eine Religionsgemeinschaft, da hat Politik nichts zu suchen"; und überhaupt, die Anfrage kommt ungünstig; Vorstand in Urlaub, ohne die kann sie nichts sagen. Aber wenn sie die Fragen schriftlich bekommt, per E-Mail, dann vielleicht doch.

In einer kleinen Stadt wie Straubing kommt nicht oft vor, dass jemand nur schriftlich kommunizieren will; eigentlich spricht man hier miteinander. Aber Ditib-Leute äußern selten Eigenes. Sogar bei "Straubing ist bunt"-Veranstaltungen verlesen sie nur vorgefertigte offizielle Ditib-Texte. Es gibt aber auch Leute, die zu einem Gespräch bereit sind. Interessant ist: Viele wollen nicht, dass ihr Name genannt wird; das, fürchten sie, brächte derzeit Ärger. "Was eine ganz wichtige Rolle spielt", sagt einer, "dass der Imam ganz offen Nationalismus predigt." Ein anderer sagt: "In der Moschee geht es um Religion, aber die Religion trifft am Ende immer auf die Nation." Unpolitische Moschee?

Abdullah Umul ist ein angenehmer Gesprächspartner. Er war sofort bereit zu reden, mit Namen, ein Mann mit freundlicher Ausstrahlung, einer, der nicht gleich ausweicht. Wir stehen am Spielfeldrand beim Spiel Türk Gücü gegen Frauenbiburg, Türk Gücüs erstes Kreisliga-Heimspiel überhaupt. Noch nie hat Türk Gücü so hoch gespielt, Abdullah Umul ist Gründungsmitglied, er war lange im Vorstand. Er ist stolz auf Türk Gücü und findet, dass Türk Gücü mehr Zuschauer verdient hat als die etwa hundert, die bisher kommen.

Er war zwölf, als er nach Deutschland kam. Drei Jahre Jakobschule, Berufsschule, Gerber in Neutraubling, Arbeit in der Ziegelei Mayr, bei BMW, heute selbstständig, und immer Fußball: erst beim FSV, dann Türk Gücü. "Wir haben", sagt er, "sieben Nationalitäten in der Mannschaft", und dass Fußball das meiste für Integration tut. "Die Jungen müssen Deutsch lernen", sagt er in dem bayerischen Deutsch, das viele Türken in den 70ern und 80ern in Straubing gelernt haben, in St. Jakob, Ulrich Schmidl und in den Straubinger Fußball-Clubs, die es schon vor Türk Gücü gegeben hat.

Im Straubinger Fußball ist er absolut anerkannt, verlässlich, ein "Ein Mann, ein Wort"-Mann. Integration will Abdullah Umul über Türk Gücü. Er hat kein Problem zu sagen, dass er in den 80ern bei den Grauen Wölfen politisch aktiv war und auch jetzt mit ihnen sympathisiert. Die Grauen Wölfe stehen der rechtsextremen Partei MHP nah. Im Moscheeverein sollen etliche Graue Wölfe sein. Ülkücü, Idealisten, nennen sie sich selbst. Vor allem ihre Jugendbewegung "lässt eine erhöhte Gewaltbereitschaft, insbesondere gegenüber der kurdischen Volksgruppe, erkennen", sagt der bayerische Verfassungsschutz; zu Unrecht, sagt Abdullah Umul.

Er sieht alles, was auf dem Spielfeld passiert und kann gleichzeitig über Politik reden, dann sagt er, "Integration ja, Assimilation nein", und "was passiert mit einem Baum, den man ohne Wurzel einpflanzt, beim ersten Sturm?" Wenn er "Cem Özdemir" sagt, spürt man die Ablehnung: Türken müssen Türken bleiben, in Deutschland, 2 000 Kilometer entfernt von der Türkei, und zwar für immer: Die Loyalität gehört der Türkei.

Den vollständigen Artikel lesen Sie am Samstag, 6. August, im Straubinger Tagblatt.