Fehlender Kunstrasenplatz
Straubing-Bogen: Sehnsucht nach dem Kunst-Grün
25. Januar 2020, 10:00 Uhr aktualisiert am 25. Januar 2020, 10:00 Uhr
Für die Fußballvereine im Landkreis Straubing-Bogen gibt es keinen Kunstrasenplatz, obwohl dringend einer benötigt würde. Woran hakt's?
Ende Januar, Anfang Februar - es ist die Zeit, in der die meisten Mannschaften im Amateurfußball die Vorbereitung nach der Winterpause aufnehmen. Nachdem die letzten Spiele Ende November ausgetragen wurden und zwei Monate Pause hinter den Spielern liegen, freuen sich viele wieder darauf, einen Ball am Fuß zu haben. Im Landkreis Straubing Bogen ist diese Vorfreude aber seit Jahren gedämpft. Denn die Vereine stehen vor großen Herausforderungen: Straubing-Bogen hat keinen Kunstrasenplatz für seine Vereine.
Bayernligist SpVgg Hankofen, der höchstklassige Club aus dem Landkreis, muss für seine Einheiten ins über 40 Kilometer entfernte Deggendorf. Dingolfing läge zwar näher, vermietet seinen Platz aber nicht an Teams außerhalb des Landkreises. Deshalb ab nach Deggendorf. Dreimal pro Woche haben die "Dorfbuam" den Kunstrasen dort in den ersten beiden Vorbereitungswochen für je 90 Minuten Training angemietet. Dafür müssen die Trainingsmaterialien nach Deggendorf gebracht werden, zudem müssen die Spieler zum Teil weiter anreisen. "Für unsere Spieler aus dem Landshuter Raum ist das dann schon eine schöne Strecke", sagt Richard Maierhofer, der Sportliche Leiter Hankofens. Zumal der Platz in Deggendorf erst ab 20.30 Uhr zur Verfügung steht. Auch alle Testspiele muss die Spielvereinigung auswärts austragen.
Mehrkosten für die Vereine
Das summiert sich. Auf rund 2.500 Euro beziffert Maierhofer die Mehrkosten, die durch Platzmiete und erhöhte Fahrtkosten auf den Bayernligisten zukommen. "Da wir nur eine Mannschaft haben, geht es noch einigermaßen", sagt Maierhofer. "Aber für Vereine, die noch einige Jugendmannschaften haben, ist es schon wahnsinnig schwierig."
Das bestätigt Ignaz Hiendl, der Vizepräsident des TSV Bogen und Vorsitzender der JFG Kinsachkickers, dem Zusammenschluss aus TSV Bogen, TSV Oberalteich und ASV Steinach im Nachwuchs. "Für unsere Nachwuchsteams ist das Trainieren auf einem Kunstrasenplatz nicht erschwinglich", betont er. "Wir können nicht für alle Mannschaften einen Kunstrasenplatz anmieten und zum Training hinfahren." Stattdessen stehen im Winter dann Hallentraining und Straßenläufe auf dem Trainingsplan. Für die erste Mannschaft sei es zwar auch eine teure Angelegenheit, aber auch bezahlbar für den Club - dank der guten Kontakte nach Ruhmannsfelden, wo Bogen seine Einheiten abhält.
Hiendl hat aber noch eine weitere Sorge: Denn die beiden Trainingsplätze, sowohl der der ersten Mannschaft in der Bogenau als auch der beim TSV Oberalteich, liegen in einem Poldergebiet. Heißt: Bei Hochwasser könnten die Plätze geflutet werden und wären damit nicht mehr nutzbar. "Dann stünden wir komplett ohne Trainingsplatz da", warnt Hiendl.
Der VfB Straubing hat konkrete Pläne - aber wer zahlt's?
Hiendl wie Maierhofer sind sich einig: Der Landkreis bräuchte dringend (mindestens) einen Kunstrasenplatz. "Eigentlich bräuchte man nicht nur einen, sondern zwei oder drei", sagt Maierhofer. Das sieht auch Hiendl so. "Die Stadt Straubing bräuchte einen und dann bräuchte es noch zumindest einen im Bereich Bogen." Vorerst wären sie aber froh, wenn sich zumindest überhaupt etwas bewegen würde. Für einen Kunstrasenplatz würde Maierhofer Straubing als sinnvollsten Standort erachten.
Hier gibt es auch bereits weit fortgeschrittene Pläne, wie Vorstand Manfred Schötz vom VfB Straubing verrät. Man habe eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben und diese im vergangenen Jahr der Stadt vorgelegt. Aufgrund des Untergrunds würden sich die Kosten auf rund eine Million Euro belaufen. Seit 2008 beschäftigt sich Schötz schon mit dem Thema Kunstrasen. "Seitdem liegen die Unterlagen in meiner Schublade", sagt er. Vor allem an der Finanzierung hakt es aber bislang. Der Verein könnte nur einen kleinen Teil selbst bezahlen, bräuchte Zuschüsse vom BLSV (Bayerischer Landes-Sportverband) und von der Stadt. Im Frühjahr will sich der Verein nochmals mit der Stadt zusammensetzen. Wird dann endlich gut, was lange währt? Auf 50:50 schätzt Schötz die Chancen ein, dass ein Kunstrasenplatz-Bau in naher Zukunft angegangen wird.
Stadt im Austausch mit Vereinen
Bei der Stadt ist das Thema auch schon länger aktuell. Man sei dabei mit verschiedenen Straubinger Vereinen in Kontakt getreten, teilt die Stadt auf Nachfrage mit. "Denn ein Kunstrasenplatz wäre zweifelsohne ein Gewinn für die Sportlandschaft in Stadt und Landkreis." Es liege bisher aber noch kein tragfähiges Konzept vor und auch in den Haushaltsberatungen für das Jahr 2020 wurde kein formeller Antrag diskutiert.
Bei der Standortfrage spielen laut Stadt die Verfügbarkeit, die Lage sowie die Verkehrsanbindung eine zentrale Rolle. Bei der Finanzierung seien verschiedene Modelle denkbar, mögliche Fördermittel sollten dabei ausgeschöpft werden. Denkbar wäre für die Stadt, dass zum Beispiel ein Verein Bauherr und Träger des Platzes wird, dann wäre die organisatorische Abwicklung sauber gelöst. Bei der Stadt geht man derzeit von rund einer Million Euro reiner Baukosten aus, dazu kämen nicht unerhebliche jährliche Unterhaltskosten.
So sieht's in den Nachbarlandkreisen aus
Wie sieht es in Nachbarlandkreisen aus? Im Landkreis Cham sind in den vergangenen Jahren an den Standorten Cham, Vilzing und Bad Kötzting gleich drei Kunstrasenplätze entstanden. Der Kunstrasenplatz in Deggendorf wurde im Juli 2012 eingeweiht, kostete 650.000 Euro und wurde über "LEADER Förderung" finanziert. In der Wintersaison ist der Platz dabei komplett ausgelastet, im Sommer ist er - je nach Witterung - auch verstärkt ausgelastet.
Im Stadtgebiet Regensburg gibt es derzeit sechs Kunstrasenplätze, einer davon ist ein Kleinfeld. Die Plätze sind dort sind vor allem im Winter und bei schlechtem Wetter immer ausgelastet. Der neue städtische Kunstrasenplatz am Brandlberg ist zum Beispiel vor allem für Jugendtrainings täglich komplett ausgebucht. "Ein für alle zugängliches und umfangreiches Sportangebot ist für eine Stadt wie Regensburg nur durch ganzjährig nutzbare Sportanlagen zu gewährleisten", teilte die Stadt mit. Hier würden Kunstrasenplätze eine wichtige Rolle spielen.
Verband: Wichtige Rolle der Kunstrasenplätze
Die Bedeutung von Kunstrasenplätzen unterstreicht auch der Bayerische Fußball-Verband (BFV) auf seiner Homepage: "Für die Organisation von Sportangeboten und die Ausübung der gesellschaftlichen Rolle des Sports sind die Vereine weitgehend auf öffentlich finanzierte Sportanlagen angewiesen", heißt es dort. Und weiter: "Kunststoffrasenplätze stellen insbesondere für den Fußball eine wichtige Rolle, da sie eine intensivere Nutzung als Sportrasen- oder Tennenplätze erlauben." Beim BFV geht man davon aus, dass alleine mit den beiden letztgenannten Plätzen der Trainings- und Spielbetrieb, insbesondere bei den Kinder- und Jugendmannschaften, nicht aufrechtzuerhalten ist.
349 Kunstrasenplätze sind dem BFV als offizielle Spielstätten gemeldet (Stand Dezember 2019). Während Oberbayern mit 145 davon der Spitzenreiter ist, gibt es in Niederbayern derzeit nur deren 24. Macht bei acht Landkreisen (ohne Straubing-Bogen) durchschnittlich drei pro Landkreis.
Doch woran scheitert es, wenn sich die Verantwortlichen der Wichtigkeit eines Kunstrasenplatzes im Klaren sind? "Es ist schlicht und ergreifend eine Geldfrage", sagt Ignaz Hiendl. Für einen Verein alleine sei ein solches Projekt nicht zu stemmen. In diesem Zusammenhang moniert er die "mangelnde Unterstützung" aus der Politik: "Ohne Politik kann es ein Verein nicht leisten." Richard Maierhofer ergänzt: "Die Vereine müssten sich zusammenschließen und mit mehr Nachdruck dahinter sein, dass etwas passiert."