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MMA: Ein Kampfsport für richtige Kerle?
19. Juni 2018, 14:10 Uhr aktualisiert am 19. Juni 2018, 14:10 Uhr
Mixed Martial Arts. Die Leser, die mit dem Begriff etwas anfangen können, verbinden die Sportart wohl mit sinnlosem Prügeln. Klar, bei MMA geht es auch um Gewinnen oder Verlieren und es ist ein sehr brutaler Sport, dafür hält er fit - geistig und körperlich.
"Prügeln", schreit Robert Nossol. Immer abwechselnd liegen rote und blaue Matten auf dem hölzernen Boden. Zwei junge Männer, Vasile Strugari und Michael Merl, liegen aufeinander auf der Matte. Was aussieht wie ein menschlicher Knoten aus Armen und Beinen, ist ein Bodenkampf in der Sportart Mixed Martial Arts. Die Wände sind mit hölzernen Platten bedeckt. Auf Schulterhöhe sieht man noch die Steinwand, die die Holzplatten eigentlich verdecken sollen. "Vor Kurzem war das noch eine Reparatur-Werkstatt", sagt der Leiter des Guardian Gyms Straubing, Robert Nossol und fügt hinzu: "Wir bauen unser Studio selbst auf, das dauert seine Zeit. Wir mussten den gesamten Schrott ausräumen."
Nossol lehrt verschiedene Kampfsportarten wie Krav Maga, Kickboxen oder MMA. Seinen Körper bedecken viele unterschiedliche Tattoos. Er trägt schwarze Sport-Shorts und ein weißes T-Shirt. Die Aufschrift: "Young Blood Night - The Art of War".
Auch Frauen und Mädchen kämpfen mit
Heute ist MMA-Training. "Wir sind hier wie eine Familie. Momentan haben wir zehn MMA-Kämpfer und Kämpferinnen im Verein. Auch Mädchen und Frauen sind dabei. Es ist also nicht nur eine Sportart für Kerle", sagt Nossol. Sie beginnen mit Aufwärmübungen für den gesamten Körper. Zunächst für die Arme und Schultern, später Rumpf und Beine.
Der Kampfsport hat hier in Deutschland einen eher schlechten Ruf. Oft wird von sinnlosen Prügeleien und Abschlachtungen geredet, doch Nossol sieht das komplett anders: "So ein bisschen Prügeln gehört doch dazu. Ich find' das lustig. Besser hier im Gym, als auf der Straße." Sollte ein Kämpfer außerhalb des Gyms negativ auffallen, fliegt er raus.
MMA wird üblicherweise in einem Käfig gekämpft, kann aber auch in einem normalen Ring stattfinden. Den schlechten Ruf des Käfigs kann der Trainer nicht verstehen. "Der Käfig dient dem Schutz der Kämpfer. Fights in einem Ring sind viel gefährlicher, da kann viel mehr passieren."
Bohren ist verboten
Vogel, der größte aber auch leichteste Kämpfer, verbindet sich die Hände mit einem Tape. Dann zieht er spezielle, an der Innenseite geöffnete und an den Fingerspitzen freie, Handschuhe an. "Das sind spezielle MMA-Handschuhe", erklärt Nossol. "Obwohl die Finger frei sind, Bohren oder Stechen mit den Fingern ist strengstens verboten - egal wohin."
Beim MMA wird zwischen Stand-Up- und Bodenkämpfen unterschieden. Ringt ein Kämpfer seinen Gegner zu Boden, so muss das laut Nossol kein Nachteil für den untenliegenden Kämpfer sein: "Wenn du am Boden liegst, hast du viel mehr Möglichkeiten. Die Chancen stehen 70 zu 30, denn du kannst auch mit den Beinen treten." Nicht jeder Kämpfer muss bei Wettkämpfen antreten. "Jeder wie er will, manche kommen auch nur für das Training", sagt Nossol. So auch Merl, der wegen seines Studiums und der angehenden Beamten-Laufbahn keine Narben und Wunden im Gesicht haben will.
Vogel liegt nun am Boden, beide Beine um die Hüfte des anderen Kämpfers geschlungen. Die Gruppe übt gerade einen Bodenkampf. Merl fängt obenliegend auf Kommando von Nossol an, Schläge anzutäuschen. "Prügeln", schreit der Trainer. Immer wieder gibt er Tipps, wie sich der untere Kämpfer bestmöglich befreien kann. "Arsch nach oben, mach es ihm nicht so leicht."
Drei Gelenke auf den Boden
Doch auch Merl hat Probleme, sich aus der Umklammerung der Beine zu lösen. "Drück das Knie mit deiner Hand nach unten und stell dein Knie auf seines", gibt Nossol den Tipp. Sobald drei Gelenke auf dem Boden liegen, gilt es als Bodenkampf.
MMA verbindet man mit blutigen Kämpfen, Knochenbrüchen und Brutalitäten. "Klar ist es ein harter Sport, den musst du lieben. Es gibt auch blutige Kämpfe, aber ich bin eher Fan von technischen Kämpfen auf dem Boden. Bei MMA gibt es auch nicht mehr Verletzungen als beim Fußball. Aber so ein bisschen Blut schlecken, das macht doch Spaß", sagt Nossol.
In Deutschland ist die Sportart kaum verbreitet. Ganz anders in Nossols Herkunftsland Polen. "In jeder noch so kleinen Stadt stehen viele MMA-Schulen. Hier in Deutschland ist der Sport unbekannt und viele, die ihn kennen, denken schlecht darüber. Es kommen auch Deutsche, die meisten Kämpfer haben Migrationshintergrund. "MMA wird auch in den nächsten zehn Jahren noch nicht bekannter sein", sagte Nossol.
Es dämmert, als Nossol das Training beendet. Alle sind k.o., sowohl der Trainer als auch die Kämpfer. Strugari schwitzt mit einem hochroten Kopf und legt sich erst einmal auf den Boden. "So kurz heute?", fragt Vogel grinsend. "Ja, es ist Freitag. Ich brauch Feierabend", antwortet Nossol.