Ostbayern

Kostenlos als Senior den ÖPNV nutzen: Hier geht es


Mobil bis ins hohe Alter: Dies ist das Ziel vieler Senioren. In Ostbayern gibt es in verschiedenen Städten die Möglichkeit, den Öffentlichen Personennahverkehr kostenlos zu nutzen, wenn der Führerschein freiwillig abgegeben wird. (Symbolbild)

Mobil bis ins hohe Alter: Dies ist das Ziel vieler Senioren. In Ostbayern gibt es in verschiedenen Städten die Möglichkeit, den Öffentlichen Personennahverkehr kostenlos zu nutzen, wenn der Führerschein freiwillig abgegeben wird. (Symbolbild)

Von Doris Emmer/Stefan Karl

Ist es unvernünftig, bis ins hohe Alter selbst Auto zu fahren? Diese Frage wird jedes Mal gestellt, sobald ein älterer Mensch in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt ist. Zuletzt Ende April, als auf der Straße Richtung Amselfing bei Aiterhofen ein Abbiegefehler einer 84-jährigen Autofahrerin einen Rollerfahrer das Leben gekostet hat.Auf der anderen Seite: Haben ältere Menschen im ländlichen Raum überhaupt Alternativen zum eigenen Auto und eigenen Führerschein? Einige ostbayerische Kommunen probieren jetzt das Modell "Führerschein abgeben und dafür kostenlos ÖPNV fahren" - ist das die Lösung? Wir haben für Sie zusammengestellt, wo der Gratis-ÖPNV für Senioren bereits möglich ist.

Ältere Fahrer sind nicht per se schlechtere Fahrer, das lässt sich unter anderem aus Studien ablesen. So hat etwa der ADAC vor zwei Jahren eine Untersuchung veröffentlicht, wonach nur rund 15 Prozent der Unfälle mit Personenschaden von Senioren ab 65 Jahre verschuldet werden. Zur Einordnung: Der Bevölkerungsanteil dieser älteren Kraftfahrer liegt bei etwa 21 Prozent. Gleichzeitig ist unbestritten, dass im Alter Seh- und Hörvermögen nicht unbedingt besser werden und die Reaktionszeit sich verlängert.

Die Stadt Straubing hat sich etwas einfallen lassen, um Menschen ab 80 Jahren zu motivieren, den Führerschein abzugeben und anderen das Steuer zu überlassen. Hartnäckig hat der Seniorenbeirat für die Einführung des "80plus-ticket" gekämpft. Nun ist es seit Mitte März erhältlich. Wer seinen Führerschein mit 80 abgibt bekommt das Ticket vorerst für drei Jahre geschenkt. Nun soll sich zeigen, ob dies Senioren dazu motiviert, den Busfahrer für sich fahren zu lassen.

Dr. Rosa Strohmeier von der Stadt Straubing erklärt, dass in der Gäubodenstadt das neue Angebot in den letzten Wochen bereits gut genutzt worden sei. Bereits 45 Bürger würden das Modell in Anspruch nehmen. Die Modellphase für das Projekt sei momentan auf drei Jahre ausgelegt. Hier sollen Nachfrage, Wirkung und Kosten bewertet werden. Dr. Rosa Strohmeier betont, dass die Maßnahme der Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit dienen und den verantwortungsvollen Umgang von Senioren mit der Fahrerlaubnis honorieren solle.

"Selbst wenn eine Fortführung des Projekts nach der dreijährigen Modellphase nicht erfolgen würde, wäre die dreijährige kostenlose Nutzung des Stadtbusangebots im Rahmen der kommunalen Angebote eine bürgerfreundliche Variante," betont Strohmeier. Gegen eine Ausweitung auf Lebenszeit könne neben den zu untersuchenden finanziellen Auswirkungen auch eine mögliche Ungleichbehandlung von sozial schwachen Bevölkerungsgruppen sprechen, die im örtlichen ÖPNV bislang keine Sonderkonditionen erhielten.

Inwiefern auch andere Städte und Landkreise in Ostbayern bereits auf das Modell "Gratis-ÖPNV für Senioren" setzen, erfahren Sie im zweiten Teil.

Sehen Sie hier auch unsere Umfrage zu diesem Thema: Führerschein gegen ÖPNV-Ticket - gute Idee?

Viele Pläne, aber nur vereinzelt fertige Modelle

Doch wie sieht es in anderen Städten in Ostbayern aus? Könnte sich das Modell durchsetzen und bald ein Großteil der älteren Bürger auf den kostenfreien ÖPNV-Service zurückgreifen? idowa hat bei anderen Stadtverwaltungen angefragt, ob ein vergleichbares Modell für die Generation 80+ angeboten wird.

Vorbildcharakter hat offenbar Deggendorf. Hier wurde der kostenlose ÖPNV-Service für Senioren ab 80 schon im August 2008 eingeführt. Die Stadtbusse und das Anruf-Sammel-Taxi dürfen seit diesem Zeitpunkt kostenfrei von Bürgern ab 80 Jahren genutzt werden, wenn sie ihren Führerschein freiwillig abgeben - ohne zeitliche Begrenzung. Am 1. Januar 2016 wurde die Altersgrenze sogar auf 75 Jahre herabgesetzt. Ab diesem Zeitpunkt wurde das Angebot auf die Buslinien im Landkreis Deggendorf ausgeweitet. Seither können auch Landkreisbürger das Angebot nutzen, wenn sie bereit sind, auf den Führerschein zu verzichten.

In den Jahren 2008 bis 2015 wurden in der Stadt 188 Ausweise ausgestellt, ab 2016 kamen noch 162 Ausweise dazu. Das Anruf-Sammel-Taxi wurde im März 2014 noch für 19 kostenlose Fahrten gerufen, vier Jahre später wurde es bereits 134 Mal in Anspruch genommen. "Dies zeigt die steigende Beliebtheit dieses Angebots gut auf," erklärt Viola Mühlbauer von der Stadt Deggendorf.

Susanne Franck von den Stadtwerken in Landshut erklärt, dass es ein ähnliches Projekt auch in ihrer Stadt gebe. Im ÖPNV des Stadtgebiets Landshut gibt es seit Mai 2016 das Führerschein-Abo 70plus. Im März 2018 habe der Stadtrat beschlossen, dass es dieses Ticket auch weiterhin geben soll. Wer mit 70 den Führerschein bei der Fahrerlaubnisbehörde der Stadt abgibt, erhält eine Niederschrift, mit der er im Kundenzentrum der Stadtwerke bis jetzt eine Halbjahresfahrkarte ausgestellt bekommen hat. Ab sofort gibt es eine Jahreskarte. Die Landkreisgemeinden Altdorf und Kumhausen haben sich ebenfalls für das Projekt entschieden, die Gemeinde Ergolding dagegen.

Zusätzlich hat sich die Stadt Landshut gemeinsam mit der Freiwilligen-Agentur etwas überlegt, um das Busfahren für Ältere attraktiv zu machen. Damit Senioren bis ins hohe Alter mobil bleiben können, gibt es in Landshut seit 2011 das Projekt "Mobil plus. "Es setzt zum einen auf die Begleitung im Bus durch ehrenamtliche Helfer, die Busbegleiter, die ältere Personen oder Menschen mit Handicap unterstützend begleiten. Zum anderen werden Mobilitätskurse angeboten, in denen die Teilnehmer praktische Tipps zum selbständigen Busfahren erhalten. Das ist sehr hilfreich, damit man besser zurechtkommt, vor allem mit einem Rollator oder einem Rollstuhl," so Susanne Franck.

Katrin Butz von der Stadt Regensburg erklärt, dass es derzeit kein spezielles ÖPNV-Angebot für Senioren gebe, die ihren Führerschein abgeben. "Mit dem Öko-Ticket, das ab 9 Uhr gültig ist, und dem Tages-Ticket haben wir bereits stark rabattierte Fahrausweise im Angebot, die auch gerne von Senioren genutzt werden. Uns liegen bislang keine Kundenanfragen vor, die ein solches Modell begrüßen beziehungsweise fordern würden." Auch würden bedürftige Regensburger Senioren Anspruch auf den Stadtpass haben, der 50 Prozent Rabatt auf Monatstickets und Ökotickets ermögliche.

Auch der Landkreis Dingolfing-Landau bietet kein spezielles Angebot für Senioren an, die nicht mehr selbst fahren wollen. Johann Kerscher vom Landratsamt betont aber: "Es gibt natürlich Überlegungen, wie das Thema "Mobilität im Alter" am besten umzusetzen ist. Diese Überlegungen sind sowohl Thema im neuen Nahverkehrsplan, der derzeit im Landkreis erstellt wird, als auch in der Initiativgruppe Seniorenleitbild."