Straubing/München
Kaum Blut, viel Aufwand: Darum ist Blutspenden gar nicht mal so einfach
20. September 2016, 14:17 Uhr aktualisiert am 20. September 2016, 14:17 Uhr
Vergangene Woche wendete sich der Blutspendedienst des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) mit einem dringenden Hilferuf an die Öffentlichkeit: Die Blutbanken sind leer. Operationen mussten bereits verschoben werden.
Man sollte meinen, dass angesichts dieser Notsituation jede Sekunde, jede Spende zählt. Umso verwunderter zeigte sich der 56-jährige André Sickert aus Schwarzach ob der Meldung. Sickert spendet seit seinem 19. Lebensjahr regelmäßig Blut. Gegenüber idowa kritisiert er das Prozedere des BRK: "Wenn man Blutspendetermine wegen des Gäubodenvolksfestes auf Ende August fixiert, frage ich mich, wie dringend die Situation dann sein kann?" Das begründet Thomas Grätz vom BRK Straubing: "Wir sind während des Volksfestes voll eingespannt. Außerdem wäre die Bereitschaft der Leute während der Volksfest-Zeit wohl auch nicht so da. Deshalb legen wir die Blutspende-Termine seit jeher entweder direkt vor das Gäubodenvolksfest oder, so wie heuer, direkt im Anschluss."
Darum kann man nicht im Krankenhaus spenden
Andrè Sickert betont, er spende "gerne Blut, um zu helfen". Allerdings hinterfragt er die Vorgehensweise: "Wieso kann man nicht individuell, losgelöst von irgendwelchen Terminen, Blut spenden? Beispielsweise im Krankenhaus. Das würde doch vieles vereinfachen und ich denke, dann würden viel mehr Menschen Blut spenden und es würde gar nicht erst zu leeren Blutbanken kommen."
Doch für Krankenhäuser ist das nicht durchführbar. Zum einen fehlt es dort am nötigen Equipment, zum anderen am Personal. "Das kann kein Krankenhaus stemmen", betont Christa Reichmann, Sprecherin des St. Elisabeth-Klinikums in Straubing. "In München, wo man ein größeres Einzugsgebiet hat, hat man das eine Zeit lang angeboten. Aber auch dort musste man das wieder einstellen", berichtet Reichmann. Neben der Personal- und Ausstattungsfrage, sei es vor allem auch ein Problem durch "etliche juristische Vorgaben".
Suboptimal dennoch, dass potenzielle Blutspender dann eine Strecke von teils 40 bis 50 Kilometern auf sich nehmen müssten. André Sickert: "Wer fährt schon von Straubing bis nach Landshut oder Regensburg, um Blut zu spenden?" Christian Kohl, Pressesprecher vom Blutspendedienst des BRK in München, räumt ein: "Wir können diese Kritik absolut nachvollziehen. Aber wir sind derzeit mit allen Teams, die wir haben, draußen. Wir können unmöglich ganz Bayern abdecken."
Wohl auch deshalb haben private Anbieter hier längst das große Geschäft mit den Blutkonserven gewittert. Immerhin kostet eine klassische Blutkonserve rund 100 Euro, Thrombozyten rund 400 Euro und Plasma rund 50 Euro.
Spender-Hotline des BRK via Handy nicht erreichbar
Ein weiterer Kritikpunkt für André Sickert: Die Spender-Hotline des BRK ist via Handy nicht erreichbar. "Das ist tatsächlich eine aktuelle Serviceschwäche, für die wir uns entschuldigen. Wir hoffen, dass wir das schnellstmöglich beheben können", gesteht Christian Kohl.
Sowohl Christian Kohl als auch Thomas Grätz betonen unisono, dass man "jedem dankbar ist, der sich zum Blutspenden entschließt". Trotzdem merkt Grätz an: "Von rund 100.000 Menschen im Landkreis Straubing-Bogen erreichen wir nur knapp 4.000 Spender." Der Kreisverband Straubing-Bogen bietet im Jahr rund 70 Blutspendetermine an. Auf die Örtlichkeiten hat der Kreisverband jedoch keinen Einfluss.
"Spenden kann jeder, der gesund und munter, und der mindestens 18 Jahre alt ist", so Grätz. Die nächsten möglichen Termine in Ihrer Nähe, finden Sie im Internet unter www.blutspendedienst.com/termine.