Interview zum Weltfrauentag

Gruber: "Es geht um die Fachkompetenz"


Andrea Gruber leitet als Juniorchefin die Geschicke des Familienbetriebs.

Andrea Gruber leitet als Juniorchefin die Geschicke des Familienbetriebs.

Von Florian Kronfeldner

Zum Internationalen Frauentag am 8. März wird weltweit die Gleichberechtigung von Frauen in der Arbeit angemahnt. Anlässlich dieses Tags haben wir uns mit der selbstständigen Dachdecker- und Spenglermeisterin Andrea Gruber unterhalten. Im Interview erzählt die zweifache Mutter, warum ihre Kinder von Geburt an "berufstätig" waren, und sagt, wer mehr verdient: ihr Mann oder sie selbst.

Andrea Gruber (51) kann man mit Fug und Recht als "Powerfrau" bezeichnen - auch wenn sie selbst den Begriff nicht mag. Sie ist Dachdecker- und Spenglermeisterin bei Leutner und Gruber in Straubing. Zusammen mit ihrem Mann führt sie als Juniorchefin den Familienbetrieb und ist verantwortlich für über 20 Mitarbeiter.

Frau Gruber, Ihre Branche gilt als Männerdomäne. Wieso haben Sie Ihren Beruf ergriffen?

Andrea Gruber: Als einziges Kind war mein Weg im elterlichen Betrieb vorgezeichnet. Es war also naheliegend, wobei ich betonen möchte, dass es keinen Zwang gab. Es ist richtig, dass mein Beruf eher eine Männerdomäne ist, aber es gibt durchaus Frauen in diesem Job, und auch nicht zu wenige. Man muss sie nicht an einer Hand abzählen.

Ein ständig wiederkehrendes Thema für berufstätige Frauen ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Wie haben Sie das hinbekommen?

Gruber: Bei mir war das relativ problemlos. Ich hatte das Glück, dass Beruf und Famile in einem Familienbetrieb einfacher unter einen Hut zu bringen sind. Als Selbstständige ist es mir in meinem Betrieb freigestellt, die Kinder mit in die Arbeit zu nehmen.

Wie sah das genau aus bei Ihnen?

Gruber: Bis zum Kindergartenalter und später in den Schulferien habe ich meine beiden Kinder mit ins Geschäft genommen. Da meine Eltern ebenso im Betrieb tätig sind, war eine Betreuung zum Glück immer möglich, auch wenn es mal eng wurde. Meine Kinder waren also von Geburt an immer berufstätig (lacht).

Eine kürzlich erschienene Studie besagt, dass es Frauen leichter fällt, in mittelständischen Unternehmen Karriere zu machen. Können Sie das bestätigen?

Gruber: Im selbstständigen Bereich mit Sicherheit. Ich hatte das Glück, große Freiheiten zu haben. Im Angestelltenverhältnis könnte das eher Probleme bereiten. Überall wird es nicht möglich sein, sowohl seine Karriere zu verfolgen als auch Familie zu haben.

Ein weiteres Thema ist der sogenannte "Gender Pay Gap", Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen. Wie beurteilen Sie das?

Gruber: Das Phänomen ist allgegenwärtig und mir natürlich bekannt. Allerdings spielt das für unser Unternehmen keine Rolle. Wenn ich meinen Mann und mich anschaue - wir haben die gleiche Berufsausbildung - kann ich das nicht bestätigen (lacht).

Wo sehen Sie dennoch Verbesserungspotenzial für Frauen in der Berufswelt?

Gruber: Das große Manko ist schon noch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Nicht jeder hat die Möglichkeit wie ich, seine Kinder mit in die Arbeit zu nehmen. Viele Frauen wollen beides unter einen Hut bringen und da scheitert es oft an der Betreuung. Nicht immer gibt es Großeltern in der Nähe, die bei der Kinderbetreuung helfen können.

Welche Qualitäten braucht eine Frau, um bis zum Chefsessel zu kommen? Müssen Frauen mehr leisten als Männer?

Gruber: Man muss nicht mehr Qualitäten mitbringen als ein Mann. Wenn ich auf einem Chefsessel sitze, muss ich - egal, ob Frau oder Mann - von der Materie Ahnung haben, und das von Grund auf. Es geht um die Fachkompetenz und nicht um das Geschlecht. Ich bin der Meinung: Wenn ich etwas gut kann, dann steht mir alles offen.