Bogen/Regensburg

Gänsehaut im Gerichtssaal: Rechtsmediziner rekonstruiert mögliches Tatgeschehen


In diesem Haus ereignete sich die Tat. (Foto: Mathias Adam)

In diesem Haus ereignete sich die Tat. (Foto: Mathias Adam)

Von alf

Am zweiten Verhandlungstag im Prozess gegen den 58 Jahre alten Zimmerer Georg B. vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Regensburg wegen Mordes erstattete der Erlanger Rechtsmediziner Prof. Stephan Seidl sein mündliches Gutachten über den möglichen Ablauf der Bluttat in der Nacht vom 13. Mai in Bogen. Dabei widersprach er in entscheidenden Punkten der Darstellung des Angeklagten am ersten Verhandlungstag.

Wie berichtet, war es zwischen dem Angeklagten und seiner 53-jährigen Lebensgefährtin Tage vorher nach sieben Jahren zur Trennung gekommen. Dieser ging ein handgreiflicher Streit voraus, weshalb auch das Familiengericht Straubing ein Kontaktverbot gegen den Angeklagten aussprach und das gemeinsam bewohnte Haus seiner Lebensgefährtin zuwies. Noch in der Nacht, als der Gerichtsvollzieher ihm diese Verfügung zustellte, schlich sich der gebürtige Viechtacher zu dem Anwesen. Mit einem Zimmererhammer schlug er die Fensterscheibe der Terrassentür ein. Mit einem Messer mit einer Klingenlänge von etwa 17 Zentimetern versetzte er im Schlafzimmer der Frau neun massive Messerstiche in den Oberkörper, die teilweise bis zu 13 Zentimeter tief in den Körper eindrangen.

Stiche mit großer Wucht

Sein Opfer hatte keine Chance, das im Schlafzimmer deponierte Handy und Pfefferspray zu erreichen. Die Frau starb unmittelbar nach der Tat aufgrund innerer Blutungen durch die Messerstiche, die beide Lungenflügel, die Aorta sowie Herz, Leber, Magen und Darm verletzt hatten.

Der Sachverständige war bereits einen Tag nach dem grausigen Geschehen am Tatort. Außer am Liegeort der Leiche fanden sich nur wenige passive Blutspuren im Bereich der Terrassentüre und im Schlafzimmer. Dennoch muss der erste Stich das Opfer noch im Stehen getroffen haben und nicht, wie vom Angeklagten behauptet, im Liegen. Anschließend seien die Stiche mit großer Wucht ausgeführt worden, sodass drei von ihnen das Brustbein durchtrennten. Ein Stich habe das Herz, ein weiterer die Lunge verletzt, was der Rechtsmediziner als die wohl schlimmste Kombination bezeichnete. Durch diese Verletzungen habe die Frau wohl nur noch Minuten im einstelligen Bereich gelebt. Dies ließe sich auch davon ableiten, dass bei der Obduktion nur eine aktive und eine passive Abwehrbewegung feststellbar waren.

Polizeibeamte hatten den Tatort bereits vor Eintreffen des Notarztes fotografiert. Anhand dieser Bilder wertete der Rechtsmediziner die Hypothese des Gerichtsvorsitzenden Werner Ebner als wahrscheinlich, dass das Opfer sein Handy auf dem Nachttisch erreichen wollte, der Angeklagte jedoch auf das Bett sprang um ihr den Weg abzuschneiden und dabei das erste Mal zustach.

Auch der weiteren Behauptung des Angeklagten, er habe bei der Tage vorher stattgefundenen tätlichen Auseinandersetzung nur eine Abwehrhaltung eingenommen, erteilte der Sachverständige eine Absage. Der Leichnam des Opfers wies am Auge ein Hämatom auf, das seiner Färbung nach ein paar Tage alt war.

Der Prozess wird am Freitag, 28. November, fortgesetzt.