Straubing
Einmal "Kaffee mit Herz" bitte!
26. Januar 2019, 8:00 Uhr aktualisiert am 6. April 2023, 7:29 Uhr
Zwei Kaffee bezahlen, einen trinken, einem anderen eine Freude machen: Die Geschichte des "spendierten Kaffees" oder "Caffè sospeso" reicht bis zum Jahr 1900 im italienischen Neapel zurück - und wird heute noch zelebriert. Auch in Straubing gibt es diese Aktion. Wir haben das Begegnungscafé und das Café Lebensgefühl besucht und dort über den "Kaffee mit Herz" gesprochen.
"Herzlich Willkommen" steht groß auf dem bunt bemalten Gebäude in der Eichendorffstraße in Straubing. "In unserem Begegnungscafé ist jeder gern gesehen", betont Birgit Fauser. Seit der Eröffnung vor fünf Jahren leitet sie das Café im Erdgeschoss des Familienhauses der evangelischen Christuskirche. "Wenn mir damals irgendwer gesagt hätte, dass wir so lange Öffnungszeiten haben, hätte ich nie gedacht, dass wir so viele Helfer dafür finden", erinnert sie sich. Rund 30 Ehrenamtliche betreuen das Café von Dienstag bis Samstag. Neue Gesichter sind dabei immer gern gesehen.
"Kaffee mit Herz" im Begegnungscafé
Neben dem ganz normalen Cafébetrieb gibt es im Begegnungscafé aber auch Aktionen wie den "Kaffee mit Herz". Dabei können Gäste im Café für zwei Kaffee bezahlen, einen selbst trinken und mit dem anderen einem Menschen eine Freude machen. "Ich habe die Aktion vor einigen Jahren gesehen und gedacht, die Aktion passt zu uns", sagt die Leiterin des Cafés. Das Geld für den spendierten Kaffee kommt dann in die Herzkasse des Cafés. "Die ist bisher aber noch nie ausgegangen."
Positive Rückmeldungen erhält sie vor allem von Leuten, die Kaffee spendieren. "Ich finde die Aktion gut", betont der Leiter des Familienhauses Carsten Bonas. Leider überwiege jedoch bei vielen Menschen die Scham, um einen Kaffee mit Herz zu bitten. "Es ist eigentlich eine Kunst als Mitarbeiter zu erreichen, dass die Leute ihr Schamgefühl überwinden." Für ihn sei die Aktion ein Zeichen für ein Geben und Nehmen. Mal nimmt man einen Kaffee an, mal gibt man einen Kaffee oder etwas anderes zurück.
Lebensmittel abgeben statt wegwerfen
Neben der Aktion "Kaffee mit Herz" gibt es auch noch weitere Aktionen, mit denen das Familienhaus Menschen helfen möchte. Dazu gehört etwa der Secondhand-Laden im Untergeschoss oder der Foodsharing-Kühlschrank im Eingangsbereich. Dort können Besucher des Familienhauses übrige Lebensmittel abliefern. "Jeder darf sich etwas davon nehmen. Den Organisatoren ist es vor allem auch wichtig, Lebensmittel vor dem Wegwerfen zu retten", erklärt Birgit Fauser.
"Von Herz zu Herz" im Café Lebensgefühl
Einem anderen eine Freude machen können auch die Gäste im Café Lebensgefühl in der Bahnhofsstraße. An der Theke erhalten sie dann neben der ganz normalen Bestellung auch einen "Herzerlgutschein". Diesen Gutschein pinnt dann das Team des Café Lebengefühl an die Pinnwand über der Kasse. "Wir kümmern uns dann darum, dass die Gutscheine unter die Leute kommen", sagt Inhaberin Petra Penzkofer-Hagenauer.
Auf die Idee mit dem Gutschein mit Herz ist sie 2016 gekommen, als in Straubing so viele Flüchtlinge eingetroffen seien. "Das war im Dezember. Da habe ich an unserem Stand am Christkindlmarkt jedem Flüchtlingshelfer einen Glühwein spendiert und so hat's angefangen." Nach der Weihnachtszeit gab es dann Kaffee- statt Glühwein-Gutscheine im Café Lebensgefühl.
Gutscheine nicht nur für Kaffee
Von Espresso bis Suppe: Inzwischen tummeln sich auf der "Von Herz zu Herz"-Pinnwand ganz verschiedene Herzerlgutscheine - oft auch mit einem kleinen Gruß oder persönlicher Widmung. "Es muss nicht immer Kaffee sein", bestätigt auch die Inhaberin des Cafés. Einmal sei eine Gruppe Kommunionskinder gekommen, die von ihrem Taschengeld etwas spenden wollten. "Eines der Kinder wollte dann einen Gutschein für einen Obatzdn herschenken, obwohl der viel teurer als Kaffee ist. Aber der Junge wollte das unbedingt so, weil ihm der Obazda selber so gut schmecke."
Generell gebe es mehr Cafébesucher, die einen Gutschein bezahlen, als solche, die einen einlösen wollen. Vielen sei es unangenehm, wenn sie mit einem Gutschein bezahlen müssen, beispielsweise weil bei ihnen am Ende des Monats das Geld knapp ist. Dabei könne man die Coupons auch sehr gut unauffällig einlösen. Dabei sei es dem Team von Petra Penzkofer-Hagenauer egal, ob ein Gast mit Geld oder Gutschein zahle. "Es ist immer wichtig, wie man Menschen behandelt und dass man mit niemandem anders umgeht", sagt die Cafébesitzerin.
Da sich viele nicht trauen, nach Gutscheinen zu fragen, geben Petra Penzkofer-Hagenauer und ihr Team die Gutscheine auch oft an die Caritas oder an die Straubinger Tafel weiter. "Wir möchten einfach dafür sorgen, dass die Gutscheine richtig ankommen. Deswegen gehen wir auch auf Leute zu und schenken ihnen was."