Gäubodenvolksfest
„Das Volksfest bedeutet für mich Heimat“
13. August 2011, 18:57 Uhr aktualisiert am 13. August 2011, 18:57 Uhr
Eines ist seit gestern klar: Petrus ist ein Straubinger. Und zwar einer, der gern aufs Volksfest geht. Vergangen sind Regen, zehn Grad Außentemperatur und eine dichte Wolkendecke. Pünktlich zum Beginn des Auszugs zum Gäubodenvolksfest am Freitag strahlte die Sonne vom weiß-blauen Himmel. Doch bevor sich der Festzug mit seinen 2500 Mitwirkenden in Bewegung setzte, war die Vorfreude bereits den ganzen Tag beim Verzieren der Kutschen und Tiere oder bei den ersten neugierigen Besuchern am Festplatz am Hagen spürbar.
Was für die Zuschauer des Volksfestauszuges gemütlich um 17.30 Uhr auf der eigens aufgestellten Tribüne in Stadtturmnähe oder an einem anderen Platz entlang des zweieinhalb Kilometer langen Weges beginnt, fängt für die über 70 Musik- und Trachtengruppen, Vereine und Verbände, Pferdegespanne und Festwagen schon am Vormittag an.
Es ist 11 Uhr und die ersten Wägen stehen bereits auf einem Platz an der Äußeren Frühlingsstraße. Mitarbeiterinnen der Stadtgärtnerei schmücken eine Stadtratskutsche mit gelben Blumen. "Wir haben keine Farbvorgaben, nur die Oberbürgermeisterkutsche muss rot-weiß sein", erklären sie.
Während sie auch die Kutsche des Agnes-Bernauer-Festspielvereins mit gelben Sonnenblumen verzieren, unterhalten sich die Frauen über die wirklich wichtigen Dinge während des Gäubodenvolksfests: "Wo trägt man jetzt eigentlich sein Schleiferl an der Schürze? Bedeutet die rechte Seite, dass man schon vergeben ist?", "Oh mei, dann hab ich des immer falsch gemacht", stellt eine der Floristinnen fest.
Schon vormittags herrscht reger Betrieb
Unterdessen herrscht vormittags auch schon auf dem Festgelände am Hagen reger Betrieb. Während an der Alpina-Bahn die letzten Schilder montiert werden und das Kassenhäuschen auf Hochglanz geputzt wird, streifen schon zahlreiche neugierige Besucher über den Platz. Kleine Kinder beobachten mit großen Augen die riesigen Fahrgeschäfte, die auf dem Festplatz ohne die Menschenmassen noch viel gewaltiger wirken. Ein junger Bursche hält sogar alles mit seiner Videokamera fest, während er mit seinem Radl durch die Buden kurvt.
"Jetzt können wir uns alles in Ruhe anschauen, bevor die nächsten elf Tage Trubel herrscht. Das machen wir jedes Jahr", erzählt eine Mutter, deren zwei kleine Töchter gerade die Märchenbahn bewundern und darüber streiten, wer denn als erstes mitfahren darf. Bei der kleinen Eisenbahn werden gerade alle Waggons ein letztes Mal geputzt und für einen Probelauf fertig gemacht. Auch die "Feuer und Eis"-Bahn rast auf verschlungenen Wegen schon einmal ohne Passagiere kreuz und quer über Berge und durch Täler, während das Riesenrad ebenfalls einsam seine ersten Runden dreht.
Es liegt eine ganz besondere Stimmung über dem Hagen und aus dem Festzelt Beck strömt bereits ein verführerischer Duft. Ein Blick hinter die Kulissen verrät, woher dieser stammt: Hier dreht sich bereits der erste Ochs des Volksfestes 2011 am Spieß. "Der Ochse wiegt 261 Kilogramm und wird von 8 bis 18 Uhr gebraten", verrät Ochsenbrater Josef Busl. Er selbst ist bereits seit 6.30 Uhr morgens vor Ort, bereitet Saucen zu und schaut, dass in der Küche alles läuft. Man merkt, dass sich auch alle Mitarbeiter freuen, wenn es in ein paar Stunden endlich los geht.
Es ist 15 Uhr und aus Offenberg kommt gerade Reinhard Neubauer mit seinen sechs Rheinländer Kaltblütern an der Nusser-Wiese hinter dem Gäubodenpark an. "Seit 30 Jahren sind wir schon am Straubinger Volksfest dabei", erzählt er, bis zu 40 Mal im Jahr sind die Neubauers mit ihren Tieren auf Umzügen vertreten. "Aber das Gäubodenvolksfest ist schon ein Höhepunkt für uns", sagt er und steigt zu dem Kaltblüter Moritz in den LKW. Moritz ist fünf Jahre alt und damit einer der jüngsten, "unsere Pferde sind drei bis elf Jahre alt". Das Gespann wird später den Wagen der Brauerei Arco ziehen.
Letzte Vorbereitungen in den Festzelten
Gegen 16 Uhr hat der Betrieb am Festgelände stark zugenommen. Die Süßigkeiten-Stände sind so gut wie fertig eingerichtet, die letzten Mandeln werden gebrannt und an ein paar Losständen können bereits die ersten Preise begutachtet werden. Auch im Festzelt Krönner laufen die letzten Vorbereitungen. Die Bedienungen sind seit 14.30 Uhr vor Ort, polieren Besteck, säubern die Tische und verteilen das Festprogramm und die Speisenkarte. Alle sind guter Stimmung: "Bald geht's wieder los." Auch Heribert Lobmeier, stellvertretender Küchenleiter im Krönner, freut sich auf die ersten Gäste: "Ich mach das schon seit 15 Jahren, aber man fiebert immer wieder auf den ersten Tag hin", verrät er gut gelaunt.
Gegen 17 Uhr ist die Spannung in der Luft greifbar: Im Landshuter Hof trinken die Musikanten, Zimmerer und Gäubodentrachtlerinnen ihre Maß aus und stellen sich in der vorgegebenen Zugformation auf. Marco Zierhut ist einer der 2500 Trachtler, Vereinsmitglieder und Ochsen- oder Pferdeführer. Der 23-jährige Hailinger studiert in München Medizin und Psychologie. Heute ist für ihn Kontrastprogramm angesagt:"Ich gehe mit meiner ganzen Familie beim Hailinger Schützenverein Gemütlichkeit mit". Zum dritten Mal ist der Student heuer dabei. Und was bedeutet der Gäubodenauszug und das Volksfest für ihn? "Das ist für mich einfach Heimat", erklärt er, während er nochmal eine Runde durch den Landshuter Hof dreht, "es ist schön zeigen zu können, dass man ein Teil von Straubing ist". Um Punkt 17.30 Uhr setzt sich der Zug in Bewegung.
Und während in der Stadt Hochstimmung herrscht und alle den Auszugsteilnehmern zujubeln, geht's auch am Festgelände richtig los. "Drei Maß, zwoa Gickerl und an Leberkas", schallt es den Bedienungen entgegen. Und spätestens jetzt weiß jeder: Es ist endlich wieder Volksfest. Und wer nun an einem Volksfestabend einen älteren Herren mit einem auffällig großen Schlüssel sieht, der kann sich bei ihm herzlich bedanken und mit dem ein oder anderen Biermarkerl bestechen, damit er auch ja nächstes Jahr wieder kommt. Petrus ist eben ein richtiger Straubinger.
Von Eva Rothmeier