Moosburg
Fusionsgerüchte bei der Sparkasse: Chef nimmt Stellung
24. März 2016, 7:40 Uhr aktualisiert am 24. März 2016, 7:40 Uhr
"Wir führen im Moment keine Fusionsgespräche." Das ist die klare Aussage des Moosburger Sparkassenchefs Fritz Hecht zu Gerüchten über eine Fusion mit der Sparkasse Freising. Der Vorstandsvorsitzende verhehlt aber nicht, dass die Zahl der derzeit acht Außenstellen rund um Moosburg sinken könnte. Welche Filialen schließen, kann er noch nicht sagen: "Wir lassen aktuell eine Standortanalyse erarbeiten."
Losgetreten hat die Diskussion über Fusionen und Filialschließungen niemand Geringerer als der Präsident des Sparkassenverbands Bayern, Ulrich Netzer. Der hatte kürzlich angekündigt, 2016 sollten bis zu zehn Prozent der Sparkassen-Geschäftsstellen schließen. Auch "weitere Fusionen" hat er ins Gespräch gebracht. Fusionsgerüchte sind für Fritz Hecht nichts Neues. Das habe es schon 1972 und 1977 gegeben, die Verhandlungen mit Freising hätten aber nie zum Ziel geführt. "Jede Sparkasse hat ihre eigene Kultur, ihre eigene Denke, da prallen Welten aufeinander", weiß er. Gleichwohl sei es selten, dass es in einem Landkreis zwei Sparkassen gebe. Das solle so bleiben, denn "wir stehen betriebswirtschaftlich sehr gut da".
Allerdings: Die aktuellen Markt- und Wettbewerbsbedingungen sind auch für die Sparkassen hart. Und sie werden noch härter. "In diesen Zeiten müssen wir uns auf die betriebswirtschaftliche Bewältigung der Niedrigzinsphase, die Gestaltung der Digitalisierung und einen möglichst ressourcensparenden Umgang mit der Vielzahl von Regularien aus Brüssel konzentrieren", sagt Hecht. Dabei müsse sicher auch manches Bisherige in Frage gestellt werden. Man benötige vor allem Einsparungen dort, wo es mit verändertem Kundenverhalten übereinstimmt. Aus der großen Bandbreite der notwendigen Maßnahmen lasse die Sparkasse Moosburg aktuell auch eine Standortanalyse bezüglich ihrer acht Filialen erarbeiten.
Tatsache ist: Immer mehr Sparkassen-Kunden nutzen digitale Zugangswege (Online-Banking-Quote über 44 Prozent) und Geldausgabeautomaten (Automationsgrad 92 Prozent). Erhebungen zeigten, dass der Kunde im Durchschnitt nur noch einmal im Jahr in die Geschäftsstelle kommt, aber neunmal pro Monat online Kontakt aufnimmt. Deshalb baut die Sparkasse Moosburg die digitalen Zugangswege aus, "denn Nähe zum Kunden definiert sich heute nicht durch die Entfernung zur Geschäftsstelle".
Noch hat die Sparkasse Moosburg ein vergleichsweise sehr dichtes Filialnetz von Hörgertshausen bis Bruckberg und Haag. "Unsere Filialen behalten eine zentrale Rolle in der Flächenversorgung", versichert Fritz Hecht. Allerdings forderten die Kunden in den Geschäftsstellen verstärkt hochwertige Beratungsleistungen und immer weniger Abwicklungstätigkeiten. Diesem höheren Beratungsbedarf wolle man entsprechen, aber das werde nur möglich sein, "wenn wir Filialen zusammenziehen". Deshalb könne die Zahl der Geschäftsstellen sinken. Die Flächenpräsenz werde dabei erhalten, zum Beispiel durch Umrüstung von Filialstandorten zu Selbstbedienungsstandorten, verstärkten Einsatz der mobilen Beratung bei den Kunden zu Hause und durch verstärktes Online-Angebot.
Die jüngste Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) bezeichnet der Vorstandsvorsitzende schlicht als "pervers". Mario Draghi hat den Zins abgeschafft, den Preis mit der wichtigsten Lenkungsfunktion der Marktwirtschaft. Teuerung und Konjunktur werden damit aber schon lange nicht mehr angekurbelt. Stattdessen werden Sparer quasi enteignet, und weil die Altersvorsorge auf Zinsanlagen basiert, werden Millionen Menschen im Ruhestand weniger haben. Die Null-Zinsen belasten auch die Banken. Die Zinsmarge, also die Spanne zwischen verliehenem und hereingenommenem Geld, ist die größte Einnahmequelle der Kreditinstitute. Die Sparkasse Moosburg generiert 78 Prozent des Erlöses aus dem Zinsüberschuss. Der schmilzt dahin. Und noch mehr: Wer Kundeneinlagen auf dem EZB-Konto "parkt", muss dafür Strafzinsen bezahlen. "Millionen in den Tresor packen geht aber auch nicht", sagt Hecht. Und genauso wenig könne man den Strafzins an den Kunden weitergeben, denn der würde dann sein Geld wohl lieber unter der Matratze horten.
Was bleibt also ? Oberste Priorität habe der Ausbau des Provisionsgeschäftes, sagt Vorstandsmitglied Manuela Radspieler. Mit der Vermittlung von Wertpapieren, Versicherungen, Bausparern und Immobilien könne ein Teil aufgefangen werden. Zudem gehe es darum, Kosten zu senken. "Wir drehen alles um", versichert Radspieler, gleichwohl könne es sein, dass man irgendwann an der Schraube der Kontogebühren drehen müsse. Da liege man momentan unter den 71 bayerischen Sparkassen auf Rang 45, sei also günstig. Und was soll der Kunde mit dem Ersparten tun ? "Sich beraten lassen, beraten lassen, beraten lassen", sind sich Hecht und Radspieler einig. Es gelte, das Portfolio entsprechend der eigenen Ziele anzulegen. Eine "Immobilienblase" à la USA befürchten sie nicht, aber wenn irgendwann der Zins wieder steigt, dann könnte es für den einen oder anderen schwierig werden, der bis dahin zu wenig getilgt hat. Wozu die Sparkassen-Mitarbeiter bisher intern angehalten wurden, das gilt ab 21. März als Gesetz: Gemäß der Wohnimmobilienkreditrichtlinie muss dem Häuslebauer vorgerechnet werden, was passieren kann, wenn die Zinsen steigen. Dass sie das so bald tun, daran glauben die Sparkassen-Experten aber nicht.