Schulgeschichte Geisenhausens
Hitlergruß statt Morgengebet
30. April 2019, 17:27 Uhr aktualisiert am 30. April 2019, 17:27 Uhr
Heute besuchen die Kinder des Orts die Grundschule Sankt Martin und im Anschluss daran in direkter Nachbarschaft die Mittelschule, vielleicht auch die Realschule oder das Gymnasium in Vilsbiburg oder Landshut. Beide Geisenhausener Schulgebäude sind in den vergangenen zehn Jahren vorbildlich saniert worden und stehen unter Leitung von Rektor Martin Haindl.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt uns, dass diese Verhältnisse keineswegs immer so günstig gewesen waren. So gibt es aus dem Jahr 1501 den ältesten schriftlichen Beleg über eine Schule in Geisenhausen. Außerdem wird im Bericht über eine verheerende Feuersbrunst im Jahr 1547 erwähnt, dass damals das Schulhaus den Flammen zum Opfer fiel. Über viele Jahre hinweg war das Lehrpersonal kaum ausgebildet, dem jeweiligen Pfarrer unterstellt, häufig miserabel besoldet und musste in schlechten und zu kleinen Lehrsälen riesige Klassen unterrichten. Davon berichtete der ehemalige Lehrer und langjährige Vorsitzende des Historischen Vereins, Josef Seisenberger, in dem Buch "Geisenhausen - 1000 Jahre Heimat und Lebensraum" aus dem Jahr 1982, woraus zusammenfassend im Wesentlichen zitiert wird.
Das Ende des Ersten Weltkriegs brachte in Bayern die Revolution und den Sturz der Monarchie. Damals wurde die geistliche Schulaufsicht abgeschafft und den ausgebildeten Lehrern die Schulleitung übergeben. Erstmals übernahm der Staat die Lehrkräfte als Beamte und regelte auch ihre Besoldung. Gleichzeitig erfolgte die Trennung des Kirchendienstes vom eigentlichen Schuldienst. Für die weiblichen Lehrkräfte ergab sich eine wesentliche Änderung in ihrer Rechtsstellung: Das bisher bestehende Heiratsverbot wurde aufgehoben.
Von 1926 bis 1934 unterrichtete in Geisenhausen Oberlehrer Theodor Fahrmeir an der Knabenschule. Bekannt wurde er vor allem mit seinem Buch über die Geschichte der Marktgemeinde. Mit der Machtübernahme durch die NSDAP wurde zwangsläufig auch die Schule in Geisenhausen von deren Ideologie beeinflusst. In den Klassenzimmern hing statt des Kreuzes das Bild des Führers und statt des Gebets sprach man zu Schulbeginn morgens den Hitlergruß. Höchst merkwürdig klingen heute die Worte eines Schulrats, der den Führer als den "größten Pädagogen unserer Zeit" bezeichnete. Hart getroffen wurden vor allen Dingen die Schulschwestern. Sozusagen über Nacht entzog man ihnen 1938 die Unterrichtserlaubnis.
Auch der Zweite Weltkrieg zeigte seine Auswirkungen: Nach und nach wurden fast alle männlichen Lehrkräfte zur Wehrmacht eingezogen. Als im Winter 1944/45 das Heizmaterial knapp wurde, konnte nur dann der Unterricht stattfinden, wenn die Schüler genügend Holz von zu Hause mitbrachten. Wenige Monate später, am 1. Mai 1945, zogen amerikanische Truppen in Geisenhausen ein und errichteten im Knabenschulhaus (dem heutigen Bürgerhaus) ihre Befehlszentrale. Im Mädchenschulhaus (heutiger Altbau der Grundschule) wurden alte und kranke Flüchtlinge untergebracht.
Bereits im Herbst 1945 erteilte die Militärregierung die Genehmigung, den Unterricht wieder aufzunehmen. Durch ein sofort eingeleitetes Gesuch wurde auch den Schulschwestern die Rückkehr in den Dienst gestattet. Groß waren in jener Zeit die Schwierigkeiten bei der Unterrichtsgestaltung: Es gab nichts, keine Bücher, kaum Hefte, kein Schreibmaterial. Wegen des starken Flüchtlingsstroms waren die Schulklassen völlig überfüllt. Ein amerikanischer Schuloffizier wachte über die ordnungsgemäße Durchführung des gesamten Unterrichts und hielt von Zeit zu Zeit mündliche Prüfungen über das Allgemeinwissen der Schüler ab.
Zwei neue Schulhäuser
Für die immer dringender werdende Schulraumfrage suchte der Marktgemeinderat eine möglichst billige Lösung. Er erwarb von den Ursulinen-Schwestern die Gebäude auf Sankt Theobald für 75 000 Mark. Doch war den Verantwortlichen klar, dass für die Zukunft weiter geplant werden musste. So beschloss der Gemeinderat, die Grundstücksfläche der ehemaligen Ökonomiegebäude des Pfarrhofs aufzukaufen und dort ein neues Schulgebäude zu errichten. Es wurde im Herbst 1969 bezogen - die heutige Mittelschule. Damit hatte Geisenhausen eine Grundschule mit den Klassen eins bis vier und eine Hauptschule mit den Jahrgangsstufen fünf bis neun unter Leitung von Rektor Josef Steffl. Es trat auch die Schulreform in Kraft, mit der das lange umstrittene neunte Schuljahr eingeführt wurde. Weil zugleich der Schulsprengel erweitert wurde, war schon bei der Einweihung der neuen Martinsschule klar, dass die Klassenräume für die nächsten Jahre nicht mehr ausreichen würden.
Trotz der angespannten Haushaltslage sah sich also die Marktgemeinde gezwungen, nochmals einen Neubau in Angriff zu nehmen. Nach kurzer Bauzeit konnte im September 1972 mit dem Unterricht in der neuen Grundschule begonnen werden.