Vilsbiburg
„Die Stadtplanung auf den Kopf gestellt“
11. Juli 2019, 9:25 Uhr aktualisiert am 11. Juli 2019, 9:25 Uhr
"Damit wird jegliche Stadtplanung auf den Kopf gestellt", sagte FW-Stadträtin Christin Koj zu zwei Bauanträgen, die der Bauausschuss am Dienstagabend im Sitzungssaal des Rathauses zu behandeln hatte. Einerseits ging es um eine Apotheke, die im Gewerbegebiet in der Nähe des medizinischen Versorgungszentrums gebaut werden soll. Andererseits beantragte der neue Eigentümer desHammer-Geschäftshauses am Stadtplatz, dort ein Wettbüro für Sportwetten zu eröffnen.
Die Stadt Vilsbiburg hat mit Gewerbeansiedlungen außerhalb des Geschäftszentrums schon einige unerfreuliche Erfahrungen gemacht, weshalb die Stadträte bei diesem Thema sehr sensibel sind. Derzeit wird gerade im Rahmen des laufenden ISEK-Prozesses mit Hilfe eines Architekten und zwei Geografen untersucht, wie man das Zentrum im und um den Stadtplatz beleben und den Einzelhandel stärken kann.
In diesem Zusammenhang gesehen wirkt das Ansinnen, in der 1-a-Lage der Stadt ein Wettbüro für Sportwetten zu eröffnen, wie ein Boxhieb. Entsprechend groß war das Entsetzen der Stadträte: "Ich bin enttäuscht, dass uns der neue Besitzer so etwas zumutet", sagte Michaela Feß (Die Grünen). Noch vor Kurzem hätte es geheißen, dass an dieser Stelle wieder hochwertiger Einzelhandel einziehen solle, "und jetzt so etwas".
Wie den Unterlagen der Bauverwaltung zu entnehmen ist, möchte der Inhaber selbst im Rahmen eines Franchise-Vertrages eine Annahmestelle für Sportwetten des Unternehmens Bet3000 betreiben. "In Vilsbiburg erfreuen sich unter anderem betriebsübergreifende Wettspiele sehr großer Beliebtheit", schreibt der Antragsteller.
Das Wettbüro würde voraussichtlich von 11 bis 23 Uhr geöffnet sein, wobei an Kunden, die sich etwas länger im Wettbüro aufhalten möchten, Kaffee und alkoholfreie Getränke ausgeschenkt werden sollen. Jugendliche unter 18 Jahren hätten keinen Zutritt.
Die Stadträte waren sich fraktionsübergreifend einig, dass sie diesem Antrag nicht zustimmen werden. Sandra Eder von der Bauverwaltung machte das Gremium darauf aufmerksam, dass man dafür aber nur dann rechtliche Möglichkeiten habe, wenn entsprechende Einschränkungen für die ganze Innenstadt beschlossen werden. Um dies alles prüfen zu können, wurde die Entscheidung bis zur nächsten Sitzung am 29. Juli vertagt.
Georg Brams (CSU) fragte, ob denn die Stadtverwaltung mit dem neuen Eigentümer des Geschäftshauses schon einmal das Gespräch gesucht habe. Bürgermeister Helmut Haider verneinte dies und kündigte an, dies noch vor der nächsten Sitzung zu tun.
Spezialfall Apotheke
Nicht minder knifflig erwies sich der Antrag der Firma Thalhammer, ein Verwaltungsgebäude mit einer Apotheke zu errichten. Seit der - rein standorttechnisch nicht weniger kritisch gesehenen - Ansiedlung des medizinischen Versorgungszentrums Silvamed im Gewerbegebiet, gibt es den Wunsch, auf dessen Gelände oder in der Nähe eine Apotheke zu errichten (die VZ berichtete). Die Stadträte bewerten eine Apotheke aber als lupenreine innenstadtrelevante Einrichtung.
Tatsächlich aber dürfen freiberufliche Träger - dazu gehören auch Apotheker - ihren Beruf auch in Gebäuden im Gewerbegebiet ausüben. Um dieses rechtswirksam verhindern zu können, erläuterte Eder den Stadträten, müsse auch hier der Bebauungsplan GE West entsprechend geändert werden. Diesem Vorgehen schlossen sich die Räte ebenfalls einstimmig an.
Containeranlage für Hort
Wie mehrfach berichtet, erwirbt die Stadt eine eigene Containeranlage, um darin den immens wachsenden Schülerhort bis zum Umbau des Sankt-Johannes-Hauses auslagern zu können. Der Leiter des Bauamts, Gerhard Binner, stellte den Stadträten die bestellte Anlage vor, die knapp 2 Millionen Euro kostet. Binner hat eine um knapp 300000 Euro teurere Variante bestellt, weil diese in acht Punkten Vorteile bietet und sich allein infolge der verbesserten Wärmedämmung über die geringeren Heizkosten wieder rechnet.
Prognostiziert wird zwischenzeitlich, dass der Hort bis mindestens 2027 im Container bleiben wird, weshalb eine Mietanlage wesentlich teurer geworden wäre. Da die Containeranlage gerade komplett neu gebaut wird, kann das Bauamt den Ablauf im Detail mit dem Hersteller abstimmen.