Im Podcast von Deutschlandfunk Kultur spielt auch die BMW-Stadt eine Rolle
Vom Gefühl in Leer, Dingolfing und Berlin
13. März 2021, 18:01 Uhr aktualisiert am 13. März 2021, 18:01 Uhr
Der eine kommt nach Paris. Der andere kommt nicht nach Paris. Wie das Leben halt so is." Zeilen aus einem Lied von Josef Hader, die die entscheidende Frage offenlassen: Wo ist das Leben angenehmer, in der Großstadt oder in der Kleinstadt? In Berlin, in Leer in Ostfriesland oder in Dingolfing in Niederbayern? Über diese Frage unterhalten sich die beiden Musikjournalistinnen Vero Schreiegg und Friederike Schröder in einer Folge des Musikpodcast "Off The Record" von Deutschlandfunk Kultur.
Die erste Staffel mit sechs Folgen startet am 19. März 2021. Wer den "Dingolfinger Anzeiger" schon vor 25 Jahren gelesen hat, der erinnert sich vielleicht noch an Vero Schreiegg. Sie hat etliche Jahre als freie Mitarbeiterin für die Tageszeitung im Herzen Niederbayerns gearbeitet. Schwerpunkt ihres Schaffens war der Kulturbereich, mit all seinen Sparten. Vom Rock-Konzert über den Kabarettabend bis zur Autorenlesung. Sie nahm das Wort Kritik ernst. Missfiel etwas, dann wurde dies deutlich zum Ausdruck gebracht. Umgekehrt natürlich genauso: Gutes wurde als solches gelobt. Schreiegg leitet heute die Redaktion Musikplanung beim Deutschlandfunk Kultur und ist nicht nur von Berufs wegen eine leidenschaftliche Musikhörerin.
Vom Hals abwärts
"Rock'n'Roll beginnt vom Hals abwärts, sobald er den Kopf erreicht, kannst du es vergessen." (Keith Richards, Gitarrist der Rolling Stones). "Musik ist Gefühl. Man kann schon versuchen, drüber zu reden - aber entweder du fühlst die Musik oder du fühlst sie nicht." (Gene Simmons, Bassist der Band "Kiss"). Zwei Aussagen, die deutlich machen: Beim Musikmachen und Musik hören, geht es in erster Linie um Gefühle. Der Podcast versteht sich als bewusster Gegenentwurf zum analytischen Musikjournalismus. Bei jeder Folge steht ein Gast im Mittelpunkt, von der Politikerin über den Galeristen, die Schauspielerin, den Influencer bis hin zu Kolleginnen aus der Redaktion. Abhörbar ist "Off The Record" ab 19. März auf deutschlandfunkkultur.de/musikpodast. Es gibt ihn auf allen gängigen Podcast-Plattformen wie Spotivy, google podcast oder apple podcast.
Zurück zur Kleinstadtfolge: Könnte es nicht sein, dass die Großstadt nur so spannend und interessant ist, weil viele aus der Klein-stadt dort hinziehen, ihre verschiedenen Erfahrungswelten aus der Provinz mitbringen und so die Vielfalt erst ermöglichen? Gäbe es ohne die Kleinstadt gar nicht das pulsierende Leben der Großstadt? Auf die Musik heruntergebrochen: Die Hamburger Schule hätte es ohne Bad Salzuflen nicht gegeben. Das Kulturangebot ist in der Großstadt reichhaltiger, aber ist die Kleinstadt nicht ehrlicher und nicht so oberflächlich? Thesen und Gedanken, die in der Sendung in lockerem Plauderton entwickelt werden. Im Münchner Umland tritt momentan heftig ein auch von Corona befeuerter Stadt-Land-Konflikt zutage. Großstädter überschwemmen ländliche Regionen. Was nicht von allen gerne gesehen wird. Die Folge sind zerkratzte Autos mit Münchner Kennzeichen auf Parkplätzen in idyllisch ländlichen Gegenden. Auch dieser Aspekt ließe sich zum Thema hinzufügen.
In der Kleinstadt-Folge von "Off the Record" werden Leer und Dingolfing kurz porträtiert. Wenn es um Musik und Jugendkultur geht, darf im Falle der BMW-Stadt ein Verweis auf den Club "Strich 8" (der die Subversion schon im Namen trägt, schließlich handelt es sich um ein bekanntes Mercedes-Benz Modell aus den 70er Jahren) nicht fehlen. "Es war eine schöne Zeit", blickt Schreiegg auf ihre Jugend zurück, die sie auch um den Marterpfahl tanzend im legendären Club verbrachte, zu dem selbst Gäste aus den Großstädten Regensburg und München (jeweils eine Autostunde entfernt) in die Kleinstadt fuhren und die sonst übliche Fahrtrichtung umkehrten.
Apache und Rilke
Die Sendung bringt zusammen, was auf den ersten Blick gar nicht zusammengehört. Den Deutsch-Rapper "Apache" und den Lyriker Rainer Maria Rilke. Zu hören gibt es Musik unter anderem von den Indigo-Girls, Enno Bunger und Dicht & Ergreifend, Kulturpreisträger aus dem Landkreis Dingolfing-Landau, die in Berlin leben und auch dort die großen Hallen füllen. Das Lied "Der Meier und der Wimmer" handelt von zwei Niederbayern, die eines eint: Beide fahren einen BMW, allerdings unterschiedliche Modelle. "Ich habe nur die Hälfte verstanden." So der knappe Kommentar der Musikjournalistin aus Ostfriesland.
Egal. Bei Musik ist das Gefühl ausschlaggebend. Der Kopf darf sich zwar im Takt bewegen, hat aber ansonsten Ruhepause.