Sport in Deggendorf
Klettern für MS-Erkrankte
22. November 2021, 8:00 Uhr aktualisiert am 22. November 2021, 8:30 Uhr
Therapie an der senkrechten Wand: Die MS-Betroffene Wilma Vogl aus Deggendorf spricht von einem neuen "Selbstwertgefühl", das beim Klettern entstehe. Durch die Sportart könne die Krankheit zwar nicht besiegt werden, aber die 62-Jährige könne so die Multiple Sklerose für einen kurzen Moment vergessen.
Aus der Froschperspektive, also von unten betrachtet, sieht die rund 16 Meter hohe Kletterwand in der Halle ES-Vertikal in Deggendorf sehr hoch, fast schon unüberwindbar aus. Am Fuße der Wand wartet Wilma Vogl mit ihrem Rollator. Nachdem die Sicherungsgurte angelegt sind, geht es an den Aufstieg. Griff für Griff entfernt sich Wilma langsam vom Boden. Vielleicht auch ein Stück weit von ihren Sorgen. Während Sie sich immer weiter nach oben bewegt, bleibt ihr Rollator am Boden zurück.
Diagnose "Multiple Sklerose" Am 28. Juni 2010 erhält die Deggendorferin die Diagnose MS. Es ist der Tag, an dem sich das Leben von Wilma komplett verändert. "Das kann man gar nicht beschreiben, das war als würde ich aus meinem eigenen Leben rauskatapultiert werden", sagt Sie. Vor der Diagnose hat Wilma zehn Jahre als Nachtkrankenschwester in der Arberlandklinik in Viechtach gearbeitet. Eines Morgens, als ihr Dienst zu Ende war, konnte Wilma auf einmal nicht mehr gehen. Ein anwesender Arzt macht Sie darauf aufmerksam, dass es ein Schlaganfall oder aber auch MS sein könnte. Der Verdacht bestätigte sich nach weiteren Untersuchungen. Von heute auf morgen wurde die Deggendorferin deshalb berentet.
Im Fall von Wilma macht sich die Krankheit dadurch bemerkbar, dass vor allem ihre rechte Körperhälfte sehr immobil ist. Zudem leidet Sie an Gleichgewichtsstörungen und hat Schwierigkeiten beim Gehen, deshalb ist Sie auch auf ihren Rollator angewiesen. Außer beim Klettern natürlich.
Klettern gegen die Einschränkungen
Der Sport wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden von Menschen mit der Nervenkrankheit aus. Deshalb hat auch die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, kurz DMSG, in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal einen bayerischen MS-Klettertag in der Deggendorfer Kletterhalle ES-Vertikal veranstaltet. Dazu kamen neben Wilma Vogl insgesamt rund 30 MS-Betroffene aus ganz Bayern. Laut Christiane Zink, vom Landesverband Bayern der DMSG, hat diese Aktivität enorme Auswirkungen auf die Erkrankten: "Klettern ist eine sehr ursprüngliche Bewegungsform. Es ist wie krabbeln am Boden, nur in die Vertikale gesetzt.
Durch das Klettern werden viele Bewegungen angesteuert, die im Alltag verloren gehen. Bei MS-Erkrankten sind durch Entzündungen im zentralen Nervensystem verschiedene Nervenbahnen unterbrochen. Durch das Klettern können wieder neue Synapsen verbunden und das Bewegungsspektrum erweitert werden."
Lesen Sie den vollständigen Artikel im NIEDERBAYERN TV Magazin, Ausgabe 9.