Dahoam is'a schee: Sehenswertes vor der Haustüre
Weiter reisen heißt nicht schöner reisen
2. August 2019, 15:20 Uhr aktualisiert am 2. August 2019, 16:08 Uhr
Mit den nackten Zehen Kuhlen in den Sand graben und zuschauen, wie das Wasser sie langsam füllt, im Ohr das Sirren von Libellen, so groß wie Kolibris. Am Strand einer karibischen Insel? Von wegen - am Ufer der Donau. Einen riesigen, selbstgemixten "Schmusi" (klingt irgendwie noch mehr nach wohligem-bayerischem Genuss, als der "Smothie" aus dem innovativen Sprachgebrauch) genießen, der so wohlschmeckend die Kehle runterrinnt, dass die Tatsache, dass er auch noch sakrisch gesund ist, zur völligen Bedeutungslosigkeit verkommt.
Und aus dem Hintergrund schickt der aktuelle Sommersonnenhit, "Wahnsinn" auf italienisch, die Gedanken auf die Reise noch weiter in den Süden. Verträumt und zufrieden und sehnsuchtsfrei. In einem Szenecafé auf Mallorca? Falsch: Auf Balkonien irgendwo im Landkreis. Interessante Menschen, faszinierende Geschichte und Geschichten findet man vorwiegend in fernen Ländern? Fehlglaube! Da freut sich zum Beispiel über Besuch an ihrem gläsernen Kabinettchen die "Grande Dame" der Region, braungebrannt mit verwuschelter, eisgrauer Hochfrisur, hippilässig zusammengebunden mit einem breiten Muschelhaarband. Eigentlich schon lange tot die schicke Seniorin hinter Glas, seit rund 7000 Jahren, um genau zu sein, aber so ausdrucksvoll und lebendig rekonstruiert und lebensnah gestaltet (einmalig und meisterhaft von W. Schnaubelt und K. Nieser, Atelier Wildlife Art), dass man sofort einen lockeren Schmatz bei einem Tässchen Kaffee mit ihr halten möchte.
Und etwaige Lust nach goldverzierten, östlichen Zwiebeltürmchen können Hunderte von Basiliken und Kirchlein im Landkreis locker stillen und verzaubern im Innern mit noch mehr Gold und bunter Bilderpracht. Wer braucht Michelangelo und die Sixtinische Kapelle, wenn die Malereien eines bayerischen Künstlers im winzigen Dorfgotteshaus ebenso atemberaubend und vielleicht noch ein bisserl herzbewegender sein können. Weil es eben Heimat- und Volkskunst ist, und man sich damit verbunden fühlen und stolz darauf sein kann.
Zu heiß? Dann schnell in die nächste gutsortierte Buchhandlung mit erstklassiger Beratung, eingedeckt mit einem Stapel der neuesten Thriller, und Gänsehaut bei 35 Grad im Schatten ist garantiert. Oder einfach nur an die Ufer von Isar und Donau setzen und warten, was da so vorbeischwimmt. "Drei Mann in einem Boot" zum Beispiel, die in einer "Ulmer Schachtel" winkend und in lustigem Geplänkel von Schiff zum Ufer und zurück die Donau hinunterschippern. Es folgt ein großer, dunkler Schleppkahn, der eine rotweiß bemalte Schifferwohnung mit sich trägt wie die Schnecke ihr Häuschen.
Eine Entenmutter versucht sichtlich genervt ihre schon halbstarken Jungen zwischen Wellen und Schilf zu disziplinieren, mit mäßigem Erfolg, aber übermäßigem Amüsement beim Zuschauen. Oder mittels einer spontanen 1950er/60er Party zuhause mit dem oder der Liebsten allein oder mit Freunden auf die Reise in, vielleicht gemeinsame Erinnerungen gehen, als Proviant Toast Hawaii und Mett Igel und herrlich kalorienbombiger Kalter Hund zum Dessert. Und Elvis verkündet dabei seinen Stolz auf die blauen Seidenschuhe und die Platters versichern zum Dahinschmelzen, dass "Only you" ihr Schicksal sei.
Romantische Naturen
Passt dann auch, weil weniger romantische Naturen, das dann in den entsprechenden Momenten auf Couch oder heimischem Tanzboden, nicht selbst verbalisieren müssen. Leichtes Anschmiegen oder ein bedeutungsvoller Blick in die Augen des Partners oder der Partnerin genügt und die Decke hängt voller Geigen.
Alles kann eine Reise sein. Durch Erinnerungen und Träume, in der Stille oder im ausgelassenen lustig sein, in was Verrücktes tun oder einfach nur dasitzen und nichts tun, noch nicht mal denken. In einem stillen ländlichen Biergarten zum Beispiel, mit Blick ins Grüne oder aufs Wasser oder auf beides. Nur ab und zu einen tiefen Genussschluck aus der Maß nehmen und dann vielleicht die Speisekarte durchforsten und das bestellen, bei dem der Magen beim Lesen einen Hüpfer macht. Die Daheimgebliebenen, die es in der Ferienzeit nicht in die Ferne gezogen hat, die aber auch nicht jeden Tag im Schwimmbad oder auf der Sonnenliege im Garten faulenzen wollen, möchte der Osterhofener Anzeiger in den kommenden Ferien zu kleinen Tagesreisen durch die nähere Heimat einladen. Mit Impressionen, Bilderschmankerln für die Augen, besinnlichen und lustigen Texten - ohne Koffer packen und kostenfrei. Nur Fantasie und ein bissl neugierigen Unternehmungsgeist sollte man im Handgepäck haben, um nachzuempfinden und vielleicht sich sogar aufzumachen, das Geschilderte mit eigenen Sinnen zu erleben.