Bad Kötzting
Luchse getötet und verstümmelt: 1.000 Euro Belohnung für Hinweise ausgesetzt
26. Mai 2015, 13:17 Uhr aktualisiert am 26. Mai 2015, 13:17 Uhr
Entsetzen bei den Artenschützern: Ende vergangener Woche wurden am Höhenzug zwischen Kaitersberg und Arber vier abgetrennte Luchsvorderbeine samt Schulterblatt gefunden. In der Nähe des Fundortes befindet sich auch eine Fotofalle, mit der die Mitarbeiter des Luchsprojekts die Luchspopulation in diesem Gebiet dokumentieren. So wird spekuliert, dass Kriminelle ganz gezielt die Vorderbeine hier abgelegt haben, damit die Artenschützer sie finden.
Für Sybille Wölfl, die seit Jahren das Luchsprojekt in Bayern leitet, ist das Ganze ein Schlag ins Gesicht. Gerade konnte sie die freudige Nachricht bekannt geben, dass sich im vorderen Bayerischen Wald, in der Region Straubing-Bogen/Deggendorf, endlich zwei Luchse fest angesiedelt haben und hier sogar mindestens ein Junges geboren wurde und jetzt dieser grausame Fund im inneren Bayerischen Wald: Die Vermutung, dass in der Gegend um den Lamer Winkel, der zum Landkreis Cham gehört, systematisch Luchse verschwinden und auf unnatürliche Art zu Tode kommen, hatte die Artenschützerin schon lange. "Ich hoffe, dass das Problem nun ernster genommen wird."
Die gefundenen Vorderbeine sind derzeit in einem Labor zur Untersuchung, die Polizei ermittelt wegen Jagdwilderei, für die dem Täter eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren droht.
Die Vorderpfoten wurden vermutlich von Füchsen angefressen
Da die Pfoten in unterschiedlichem Verwesungszustand waren und vermutlich von Füchsen angefressen und verzogen wurden, geht es nun bei den Unteruntersuchungen unter anderem darum, um welche Luchse es sich handelt. "Ich hoffe sehr, dass es nicht Leo und Leonie sind", sagt Wölfl. Dies ist das aktuelle Luchspärchen, dass sich in dieser Gegend angesiedelt hatte.
Die beiden wurden Ende März zum letzten Mal fotografiert. "Da sie vorher jeden Monat mindestens einmal erfasst wurden, handelt es sich diesmal um eine ungewöhnlich lange Zeit", so Wölfl. Es könnte jedoch auch sein, dass es sich um frühere Territoriumsinhaber handelt. Vielleicht hat der Täter erst jetzt seine Gefriertruhe aufgemacht, wie in anderen Medien spekuliert wird. Auch das muss die Laboruntersuchung klären.
Die Region um den Kaitersberg ist wie ein Bermuda Dreieck
Laut Wölfl hatte sich mit Leonie bereits das dritte Weibchen hier fest angesiedelt. "Eigentlich ist das Gebiet um den Kaitersberg ideal für Luchse." Die Artenschützerin nennt die Region jedoch mittlerweile das "Bermuda Dreieck", da die Luchse hier plötzlich wie in einem schwarzen Loch verschwinden oder eben die Kadaver der Tiere gefunden werden: Die Luchsin Tessa wurde 2012 bei Richnach vergiftet, ein Jahr später erschoss ein Unbekannter ein trächtiges Luchsweibchen bei Bodenmais.
Den ersten Verdacht, dass Luchse hier unnatürlich verenden, hatte Wölfl bereits vor zwölf Jahren, als Tiere, die einen Sender trugen, verschwanden. "Wir konnten das Verschwinden jedoch nie belegen. Mit den Fotofallen haben wir jedoch jetzt viel genauere Daten."
Hat die Tat mit dem neuen Schutzgebiet für Luchse zu tun?
Auf Sybille Wölfls Vermisstenliste stehen die Luchse Schlaks, Kleinepfote, die sogar ein Junges hatte, Nimo, Greta und B2, eine junge Luchsin, noch ohne eigenen Namen. Diesmal steht die Tat möglicherweise in Zusammenhang mit dem Einsatz der Naturschützer für ein Luchsschutzgebiet am Kaitersberg östlich von Bad Kötzing. Hier wurde eine 37 Hektar große Fläche, die Luchse zur Jungenaufzucht und als Rückzugsraum nutzen, als Schutzzone ausgewiesen. Ein Vorgang, der für viel Diskussionsstoff sorgte, da dieser Bereich auch bei Kletterern sehr beliebt war.
Die Polizei in Bad Kötzting ermittelt derzeit in alle Richtungen und hofft auch auf Hinweise aus der Bevölkerung. Die Ermittlungen leitet Polizeihauptkommissar Bernhard Hager. Bisher seien noch keine Anrufe eingegangen. Er wartet nun auf genauere Erkenntnisse aus dem Labor, unter anderem wie die Pfoten abgetrennt wurden und ob sich vielleicht eine menschliche DNA daran befindet. Sicher ist, dass es sich um mindestens zwei tote Tiere handelt, wenn nicht sogar um vier.
Für Sybille Wölfl ist das eine grauenhafte Vorstellung. "Die verschollenen Luchse sind die eine Sache, aber dass jemand hier die Pfoten gezielt ablegt, hat eine ganz andere Qualität." Gefragt, ob das Jäger getan haben könnten, sagt sie: "Das waren keine Jäger, für mich sind das Kriminelle." Menschen, die offensichtlich glauben, sie stehen über dem Gesetz. "Ich arbeite mit vielen anständigen Jägern gut zusammen, und hoffe sehr, dass sie mir bei der Aufklärung helfen, denn die wissen, was im Wald los ist."
INFO
Hinweise nimmt die Polizei unter Telefon 09941/94310 entgegen. Die stellvertretende ÖDP-Landesvorsitzende und Passauer Kreisrätin, Agnes Becker, hat für Hinweise, die zur Überführung des Luchswilderers führen, 1 .000 Euro Belohnung, ausgesetzt.