Bad Kötzting

Ein Abend voller Pfingstseligkeit

"Pfingstrittehr" feierte in der Jahnhalle 70 Jahre nach der Uraufführung großen Erfolg


Kirchenmusiker Wolfgang Riegraf dirigiert die Blaskapelle Weißenregen, den extra für diese Veranstaltung zusammengestellten "Festspielchor" und die Festspieler, die Szenen aus der "Pfingstrittehr" zeigen.

Kirchenmusiker Wolfgang Riegraf dirigiert die Blaskapelle Weißenregen, den extra für diese Veranstaltung zusammengestellten "Festspielchor" und die Festspieler, die Szenen aus der "Pfingstrittehr" zeigen.

"Längst entschwundene Gestalten" erlebten am Sonntagabend bei der Aufführung von Szenen aus dem früheren Pfingstfestspiel eine "Wiederauferstehung". Da ließ Frater Placidus (Kurt Kühlmeyer) "die Impen schwärmen", um nicht den Versehgang nach Steinbühl mitmachen zu müssen, und der abgerissene "Marodebruder" (Franz Bachl) stimmte sein trauriges Lied über die Ungerechtigkeit in der Welt an.

"Pfingstrittehr" lebt in den Herzen weiter

Das Festspiel "Pfingstrittehr" lebt nicht nur in den Herzen vieler Kötztinger weiter, wie der gute Besuch dieses Abends bewies, an dem Kirchenmusiker Wolfgang Riegraf die Blaskapelle Weißenregen, den aus vielen Freiwilligen gebildeten "Festspielchor" und die Festspieler dirigierte, die Regisseur Johannes Reitmeier für diesen besonderen Festabend vorbereitet hatte, den Toningenieur Thomas Berzl aufzeichnete.

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Sie waren schon bei der Uraufführung 1949 dabei (v.re.): Elisabeth Richter, Veronika Fischer, Marianne Kirschbauer, Ludmilla Lerach, Ursula Schödlbauer und Haymo Richter, der mit seiner Frau am Sonntag auch im Chor mitwirkte.

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Der "Schanderl" verliest die Bekanntmachung von Bürgermeister Mack, dass der Pfingstritt wieder nach alter Tradition stattfinden darf.

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Johannes Reitmeier übernahm die Rolle des Herolds und bereitete die Festspieler auf ihre Rollen vor.

Auch wenn die Musik von Ladislav Priborsky vielen älteren Kötztingern immer noch im Ohr klingt und die Texte des Kötztinger Ehrenbürgers Eugen Hubrich geläufig sind - ohne Vorbereitung ist eine Erinnerung an das frühere Pfingstfestspiel nicht machbar. So probte die Blaskapelle Weißenregen bereits seit Wochen - meist dirigiert von Bürgermeister Markus Hofmann - die durchaus schwierige Musik des slowakischen Komponisten Priborsky, den es in den Nachkriegswirren wie viele andere Flüchtlinge nach Kötzting verschlagen hatte.

Freiwillige bildeten Festspielchor

Ein "Spontanchor", dem viele aktive und ehemalige Mitglieder des Kirchenchores, aber auch zahlreiche weitere Musik- und Pfingstbegeisterte angehörten, übte die Gesangspassagen unter Leitung von Kirchenmusiker Wolfgang Riegraf ein.

Regisseur Johannes Reitmeier hatte Akteure der Festspielgemeinschaft für die Schlüsselszenen vorbereitet, sodass rund 60 Akteure am Sonntagabend die Bühne der gut mit Zuschauern gefüllten Jahnhalle besetzten, um dieses Gesamtwerk einmal mehr in Szene zu setzen.

Die "Pfingstrittehr" war ursprünglich als ein Historienspiel geschaffen worden, das die Entstehung des Pfingstrittes erklären sollte. Vor allem für viele jüngere Zuschauer, die das Festspiel nicht mehr gekannt haben, wurde der Abend deshalb auch in Teilen zum "Geschichtsunterricht" über das Kötztinger Brauchtum, auch wenn viele Textpassagen für das heutige Sprachempfinden übertrieben "markig" und bisweilen verniedlichend wirken (beispielsweise der "Pfingstlritt" oder der "steinerne Bühel").

Bürgermeister Markus Hofmann freute sich in seiner Begrüßung über den guten Besuch dieses Abends, hieß neben dem Pfingstbrautpaar und Stadtpfarrer Herbert Mader besonders die ehemaligen Festspieler willkommen, die bereits 1949 bei der Uraufführung der "Pfingstrittehr" vor am Rathaus in der Marktstraße (heute Agentur für Arbeit) mitgewirkt haben: Ludmilla Lerach, Elisabeth Richter, Marianne Kirschbauer, Ursula Schödlbauer, Veronika Fischer und Haymo Richter waren begeistert von dem Erinnerungsabend.

Fotos vom Arbeitskreis Heimatforschung

Mit großformatigen Fotos aus dem Fundus des Arbeitskreises Heimatforschung aus verschiedenen Epochen, in denen das Festspiel vor dem alten Rathaus in der Marktstraße, zwischen Rathaus und Amtsgericht in der Herrenstraße, vor allem aber im Burggraben unterhalb der Stadtpfarrkirche aufgeführt wurde, erinnerte die Stadt an die zahlreichen Kötztinger, die in unterschiedlichen Rollen teilweise über Jahrzehnte mitgewirkt haben.

Nach der Eröffnungsmusik war es Johannes Reitmeier vorbehalten, den Einführungstext zu sprechen, den er viele Jahre zunächst als Spieler in der Burschenschar, später als Regisseur in den mehrfach modifizierten Fassungen des Festspiels verinnerlicht hatte.

Neben den älteren Mitwirkenden fügten sich auch viele junge Festspieler in dieses Ensemble ein. So wirkte zum Beispiel Lukas Hollmeier, ein Urenkel des legendären, singenden "Marodebruders" Willi Schindlmeier zusammen mit Julia Brandl als Kind mit, das gespannt den Erzählungen von Großvater (Wolfgang Kerscher) und Großmutter (Beate Bauer, Tochter von Willi Schindlmeier) lauschte.

Lustiges Treiben der Burschen an Pfingsten

Da lebten sie alle wieder auf, die Burschen, denen das lustige Treiben an Pfingsten über alles ging, die Klosterbrüder, die der Verlust des christlichen Hintergrunds besonders schmerzte, die von Pest, Hussitten, Panduren und wilden Tieren geschundenen Bürger, denen die kirchliche und die weltliche Obrigkeit nicht mehr als das Nötigste zum Überleben gewährten.

Da durfte wieder über den "Mondschädlaten" (den Grafen Montgelas, der im Rahmen der Säkularisation auch den christlichen Pfingstritt verbieten ließ) geschimpft werden und nach allem Zorn über Verbote und Drohungen der Obrigkeit brachte schließlich "der Schanderl" die Erlösung für die pfingstfreudigen Kötztinger, als er die Bekanntmachung von Bürgermeister Mack zum 3. Juni 1821 verlas, wonach der Pfingstritt wieder erlaubt war.

Der sehnliche Wunsch der Kötztinger Bürger, "O heiliger Pfingstgeist, erleuchte die Regierer", war in Erfüllung gegangen und seit fast 200 Jahren kann die nach der Legende im Jahr 1421 begründete Tradition des Pfingstrittes jetzt endlich unangefochten gepflegt werden. So soll es nach dem Willen der Bürger bleiben, "so lang in Kötztings Mauern ein Stein auf dem anderen steht".