Cham

Dirndl auf Abwegen: Natascha Baierl hat ihr eigenes Label


Natascha Baierl mit einem ihrer Dirndl.

Natascha Baierl mit einem ihrer Dirndl.

Es sind die kleinen Details, die den Unterschied machen. Die Brosche am Revers, die kunstvoll gearbeitete Spitze an der Schürze oder der ausgefallene Stoff mit den großen Blumen. Die Dirndl, die Natascha Baierls Atelier verlassen, sind einmalige Stücke. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn: "Es gibt keines meiner Dirndl zweimal." Dabei näht die 30-Jährige aus Furth im Wald ihre Dirndl und Trachtenwesten derzeit noch in ihrer Freizeit. Tagsüber berät sie als Bauspar- und Finanzfachfrau in einer Bank die Kunden.

Ihr eigenes Label heißt "Dreizack"

Ihre große Liebe gilt seit jeher Nähnadel, Faden und Stoff. Den Beruf der Schneiderin hat Baierl sogar von der Pike auf gelernt. Mit 16 Jahren absolvierte sie erst eine Lehre in einer Waldmünchner Schneiderei, ehe sie schließlich den beruflichen Wechsel vollzog. Nun pendelt sie zwischen den beruflichen Welten: Nach Dienstschluss in der Bank entwirft und verwirklicht sie ihre Kreationen im heimischen Atelier. Und dabei zeigt sie, dass das bayerische Traditionsgewand tausendfach abgeändert werden kann. Mal sind Baierls Dirndl ganz klassisch wie zu Omas Zeiten, mal rockig-nostalgisch im Stil der 50er Jahre. "Die Kombination mit einem Petticoat gefällt mir ganz besonders", schwärmt die Schneiderin.

Für alle, die es "hardrockiger" mögen, geht Baierl im Stilmix sogar einen Schritt weiter: Da grinst dann der Totenkopf vom Mieder. Die Bikerversion ist derzeit besonders gefragt. "Diese Art von Dirndl gibt es sonst kaum", weiß Baierl. Sie selbst muss lange suchen, ehe sie die passenden Stoffe und Accessoires findet. Teils bis aus den USA oder China kommen ihre Lieferungen. Vor einem Jahr hat sie ein eigenes Label gegründet. "Dreizack" nennt sie ihre Modelinie. Ein ungewöhnlicher Name, dessen Ursprung schnell erklärt ist: "Die Zacken sollen an das Hirschgeweih erinnern." Damit ist die Verbindung zur Tracht wieder hergestellt.

Und der Tracht bleibt sie treu. Warum eigentlich ausgerechnet Dirndl und nicht etwa Abendkleider oder Damenkostüme? Baierl überlegt. "Weil ich selbst einfach gerne Dirndl trage." Die Modelle von der Stange haben ihr aber nie so recht gefallen. Also setzte sie sich kurzerhand selbst an die Nähmaschine. Aus einem eigenen Dirndl wurden schnell Exemplare für Freundinnen. Und so füllten sich die Auftragsbücher.

Die Tracht wird auf den Leib geschneidert

Mittlerweile vertreibt sie ihre Modelle vornehmlich über das BWC-Wearhouse im ehemaligen Kusch-Gebäude auf dem Chamer Marktplatz. Die Verbindung kam eher zufällig zustande. Baierl liebt Rockabilly-Kleider im Stil der 50er Jahre. Der Stil ist wiederum die Kernkompetenz des Modehauses am Stadtplatz. Neuerdings hängen neben den Petticoatkleidern die "Dreizack"-Dirndl. "Das passt. In den Laden kommen ja gerade Kunden, die ausgefallene Wünsche haben", sieht Baierl ihre Modelle bei BWC gut aufgehoben. Wer unter den fertigen Stücken nicht sein Lieblingsteil findet, bekommt eines auf den Leib geschneidert. Vor allem die Herren der Schöpfung nehmen den Service gerne in Kauf und ordern ihre individuelle Trachtenweste. "Die Männer haben dann aber auch ganz genaue Vorstellungen", hat Baierl schon mehrfach festgestellt. Aus Lodenstoff, Leinen oder Samt zaubert sie perfekt sitzende Westen. Für die Mutigen verblendet sie das Revers gerne in Totenkopfoptik. Als i-Tüpfelchen kommt noch der Hirschhornknopf oben drauf. "Damit's trachtig bleibt", lacht Baierl.

Die Damen lieben derzeitStehkragen und Pudertöne

Bei den Damen stehen neuerdings Dirndl mit Stehkragen hoch im Kurs. Oder auch mit Corsagenoberteil. Am liebsten in nostalgischen Stoffen, gerne Ton in Ton oder in pudrigen Farben. "Die ganz harten Kontraste sind derzeit nicht so gefragt", hat die Dirndlschneiderin festgestellt. "Es wird eher dezent." Und was hält die Fachfrau von den Dirndln mit Tüll, Spitze und allerhand Firlefanz, die derzeit die Damen auf dem Oktoberfest tragen? "Spitze find ich toll. Aber bitte kein Tüll oder ähnliches. Ein Dirndl darf nicht billig aussehen."Apropos billig: Schnäppchen sind die Unikate aus Baierls Atelier nicht. Um die 300 Euro kostet das Stück. Leben kann sie von ihrer Schneiderkunst dennoch nicht. Es bleibt also beim künstlerischen Stilmix und bei ihrem eigenen Berufsmix.