Seuchenbekämpfung
Weitere Coronavirus-Fälle: So reagieren die Bundespolitiker
1. März 2020, 12:13 Uhr aktualisiert am 1. März 2020, 12:13 Uhr
Es gibt eine Reihe neuer bestätigter Coronavirus-Fälle in Deutschland. Fast alle verlaufen derzeit glimpflich. Die Auswirkungen der beginnenden Epidemie auf den Alltag nehmen zu. Die USA und Australien melden die ersten Todesfälle.
Berlin - In zahlreichen Bundesländern sind am Samstag weitere Coronavirus-Fälle bestätigt worden. Infektionen mit dem Erreger Sars-CoV-2 gibt es nun in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz. Im Saarland und in den neuen Bundesländern sind bislang noch keine Coronavirus-Infektionen nachgewiesen worden.
Die Auswirkung der Ausbreitung des Virus auf den Alltag nimmt zu - überall. Die USA und Australien meldeten die ersten Toten durch das neuartige Coronavirus in ihren Ländern.
Spahn: "Meist glimpflicher Verlauf"
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonte erneut, dass nach derzeitiger Erkenntnis vier von fünf Coronavirus-Infektionen milde oder sogar ganz symptomfrei verliefen. Je größer die Zahl der Ansteckungen, desto höher sei aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu schweren Verläufen, zu Lungenentzündungen oder zu Todesfällen komme, sagte Spahn.
Für ganz Deutschland zählte das Robert Koch-Institut bis Samstagvormittag 66 nachgewiesene Infektionen. Eine Reihe zusätzlicher Fälle wurde im Laufe des Tages in mehreren Bundesländern registriert.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) geht nicht von einem schnellen Ende des Kampfes gegen das neuartige Coronavirus aus. "Ich rechne damit, dass wir zum Jahreswechsel einen entsprechenden Impfstoff zur Verfügung haben", sagte er der "Bild am Sonntag". Bis dahin müsse man das Virus "mit den klassischen Mitteln des Seuchenschutzes bekämpfen. Wir müssen die Infektionsketten konsequent unterbrechen."
Seehofer: "Infektionsketten konsequent unterbrechen"
Auch die Absperrung von Regionen oder Städten schloss Seehofer nicht völlig aus. "Dieses Szenario wäre das letzte Mittel", sagte der CSU-Politiker. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sieht ausreichend Mittel vorhanden, um negativen Folgen der Ausbreitung des Virus für die Wirtschaft entgegen zu steuern. "Wenn die Lage es erforderte, dass ein solcher Impuls nötig wird, haben wir auch die Mittel, ein Konjunkturprogramm aufzulegen", sagte Scholz der "Welt am Sonntag".
Deutschland sei für den Kampf gegen den Erreger Sars-CoV-2 gewappnet, sagte der Minister. Medizinische Nothilfe könne aus dem laufenden Etat bestritten werden. "Sollte es darüber hinaus zu schweren Verwerfungen in der Weltwirtschaft kommen, etwa weil weltweit Märkte und Produktionsstätten beeinträchtigt werden, haben wir alle Kraft, um darauf schnell, entschieden und stark zu reagieren", sagte Scholz der Zeitung.
Erste Corona-Tote in den USA
Zuvor hatte bereits Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) im Falle einer noch massiveren Auswirkung des Coronavirus auf die Wirtschaft ein Gegensteuern der Regierung in Aussicht gestellt, von Konjunkturprogrammen hatte er allerdings nicht gesprochen.
Nach Bekanntwerden des ersten Toten durch das neuartige Coronavirus im Land haben die USA davon abgeraten, in die betroffenen Regionen in Italien und Südkorea zu reisen.
Die Reisehinweise wurden auf die höchste Stufe vier verschärft, wie US-Vizepräsident Mike Pence in Washington sagte. Zudem sei die Zahl der bekannten Fälle von Ansteckungen mit dem Erreger Sars-CoV-2 in den USA auf 22 gestiegen, sagte Nancy Messonier, Leiterin der Abteilung für Immunisierung und Atemwegserkrankungen der Gesundheitsbehörde CDC. "Die vorläufigen Informationen verstärken unsere Sorge über die unmittelbare Bedrohung für bestimmte Gruppen in den USA."
In Australien starb am Sonntag ein 78-Jähriger aus Perth an der Krankheit. Der Mann war zuvor zusammen mit seiner Frau auf dem vor der Küste Japans unter Quarantäne stehendem Kreuzfahrtschiff "Diamond Princess" gewesen und hatte es dann Richtung Australien verlassen können.
Zahl der Infektionen in China und Südkorea steigt weiter
Derweil stiegen die Zahl der Opfer und Infizierten auch in China und Südkorea weiter. Wie die Pekinger Gesundheitskommission am Sonntag mitteilte, starben in China weitere 35 Menschen an der Lungenkrankheit Covid-19, zudem wurden 573 neue Erkrankungen gemeldet. Damit sind in China bislang 2870 Menschen dem neuartigen Coronavirus zum Opfer gefallen. Die Gesamtzahl der Infektionen auf dem chinesischen Festland lag bei fast 80 000, von denen jedoch laut offizieller Angaben etwa die Hälfte bereits geheilt wurde.
Südkoreas Gesundheitsbehörden meldeten, über die Nacht zum Sonntag seien 376 weitere Menschen erfasst worden, die sich mit dem Erreger von der Lungenkrankheit Covid-19 angesteckt hätten. Bisher wurden 3526 Menschen positiv auf das Virus getestet - so viele wir nirgendwo sonst außerhalb Chinas. Mit dem Virus werden in Südkorea bislang 17 Todesfälle in Verbindung gebracht.
Wirtschaft leidet unter Covid-19
Der deutsche Leitindex Dax war am Freitag aus Sorge vor einer Coronavirus-Pandemie zeitweise mehr als 5 Prozent abgerutscht. Der Handelstag schloss die schwärzeste Woche seit dem Börsencrash im August 2011 ab - damals mitten in der Euro-Schuldenkrise.
In einigen deutschen Supermärkten kam es zu Hamsterkäufen - auch in Ländern, in denen noch keine Infektion bestätigt wurde. Kunden griffen vermehrt zu langlebigen Lebensmitteln und Getränken. Auch Regale mit Reinigungstüchern oder Desinfektionsmitteln waren leer. Nach Einschätzung des Handels drohen aber keine Engpässe.
Fehlende Schutzkleidung für Ärzte
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bezeichnete allerdings nicht mehr verfügbare Schutzausrüstung zum Beispiel für Ärzte als "großes Thema" - weil Länder, Krankenhäuser und auch Privatpersonen auf der ganzen Welt auf Vorrat kauften, sagte der CDU-Politiker der "Welt am Sonntag". Auch Hersteller in Deutschland seien oft selbst auf Vorprodukte aus China angewiesen. "Wir sollten bei Arzneimitteln oder Schutzausrüstungen nicht in diesem Umfang von anderen Regionen der Welt abhängig sein."
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