Deutsche Polizei
Unsere Solidarität verdient
26. Juni 2020, 18:00 Uhr aktualisiert am 4. Juli 2020, 04:18 Uhr
Unsere Polizisten haben Besseres verdient. Sie brauchen keine SPD-Chefin, die sie in einem Atemzug mit der eskalierenden Polizeigewalt in den USA nennt und ihnen "latenten Rassismus" unterstellt. Es ist aber auch nicht hilfreich, wenn ein Bundesinnenminister von der CSU nach den Stuttgarter Krawallen einen Eiertanz um eine fragwürdige Zeitungskolumne aufführt und damit den Blick auf weit Wesentlicheres verstellt. Konstruktive Diskussionen und konkrete Unterstützung für die Beamten sehen anders aus.
Dabei dürfen wir froh sein um all die tollen Polizistinnen und Polizisten in unserem Land, die ihren oft unterbezahlten Dienst mit wenigen Ausnahmen stets korrekt versehen. Neben erwiesener Professionalität darf man ihnen getrost auch eine große Portion Idealismus unterstellen. Ansonsten wären sie wohl kaum dazu bereit, immer wieder mit ihrer Gesundheit und sogar ihrem Leben für unsere Sicherheit einzustehen. Wer das als selbstverständlich erachtet, braucht sich nur mal weltweit umzusehen. In nicht wenigen Ländern sind Korruption, Kriminalität und Eigenmächtigkeit bei der Polizei ein Riesenproblem.
Pauschalurteile aber verhindern Debatten
Natürlich gibt es auch in Deutschland solche, die ihren Beruf verfehlt haben. Selbst Rassisten in Uniform sind keine Erfindung linker Spinner. Kein Staatswesen ist jemals sicher vor dem Feind in den eigenen Reihen. Von daher darf der amerikanische Aufschrei "Black Lives Matter" auch hierzulande nicht überhört werden. Diskriminierung ist für viele Menschen mit nicht weißer Hautfarbe in Deutschland bittere Realität. Wenn sich Behörden daran beteiligen, wiegt das mitunter doppelt schwer. Das umstrittene Berliner Antidiskriminierungsgesetz ist über das Ziel hinausgeschossen, verweist aber auf einen wichtigen Punkt: Um zu begreifen, was Diskriminierung ist, hilft es ungemein, die Perspektive des Opfers statt die des Täters einzunehmen. Damit mag auch klar werden, wie Menschen empfinden, die aufgrund ihres Aussehens weit öfter von der Polizei kontrolliert werden als ihre Mitbürger.
Pauschalurteile aber verhindern Debatten, anstatt sie zu befeuern. Schon als in der Neujahrsnacht in Leipzig Linksradikale auf Polizisten einprügelten, war die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sofort zur Stelle und kritisierte erst mal die Einsatztaktik. Vom Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis zum Generalverdacht gegen deutsche Beamte war es für sie nur ein kleiner Schritt. Bitte kurz Luft holen und dann zur Sachlichkeit zurückkehren, möchte man der Sozialdemokratin zurufen.
Dazu braucht es keinen Innenminister
Gleiches gilt für Horst Seehofer, der den Bogen in den vergangenen Tagen ebenfalls überspannt hat. Nicht, weil er sich nach den Ausschreitungen in Stuttgart vorbehaltlos hinter die Polizei stellte. Das ist von einem Bundesinnenminister zu erwarten und das haben gottlob auch Vertreter aller anderen Parteien getan. Sondern, weil er sich völlig überflüssig in einem Schaukampf mit der linken Zeitung taz verzettelte. Das lenkte die Debatte weg von jugendlichen Gewaltexzessen hin zu Fragen der Pressefreiheit.
Nicht nur Seehofer war zu Recht wütend über die Kolumne der taz-Autorin. Polizisten als "Abfall" zu bezeichnen, das ist durch nichts zu rechtfertigen. Die Zeitung ist nach viel öffentlicher Empörung dann auch mächtig zurückgerudert.
Doch es braucht keinen Innenminister, um hier für Recht und Ordnung zu sorgen. Strafanzeigen hatten bereits andere gestellt, als Seehofer in der Bild-Zeitung Selbiges ankündigte. Auch der Deutsche Presserat ist längst eingeschaltet. Zum Glück hat sich Seehofer - angeblich auch nach gutem Zureden der Kanzlerin - eines Besseren besonnen: Er verzichtet nun auf eine Anzeige und sucht stattdessen das Gespräch mit der Chefredaktion.
Mangelnder Respekt vor staatlicher Ordnung
So daneben die Kolumne auch war, so unbegreiflich die "Bullen sind doof"-Attitüde selbst aufgeklärter Zeitgenossen ist, den Grund für die Krawalle in Stuttgart findet man dort nicht. Dass junge Männer im Gewaltrausch zu Hunderten auf Polizisten losgehen, hat damit nur wenig zu tun. Mit mangelndem Respekt vor staatlicher Ordnung schon viel eher. Mitunter auch mit eigener Perspektivlosigkeit. Ganz sicher mit viel Alkohol und weiteren Drogen. Zu denken gibt auch, dass insbesondere zahlreiche Jugendliche mit Migrationshintergrund randalierten. Integration muss hier auch mit dem Aufzeigen klarer Regeln einhergehen.
Die Polizei hierbei zu unterstützen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wer für uns Prügel einsteckt, hat - neben entsprechender Personalausstattung und finanzieller Anerkennung - unser aller Solidarität verdient.