Auslandsreise

Scholz macht Balkan-Staaten neue EU-Hoffnungen


Bundeskanzler Olaf Scholz trifft Albin Kurti, den Ministerpräsidenten des Kosovo.

Bundeskanzler Olaf Scholz trifft Albin Kurti, den Ministerpräsidenten des Kosovo.

Von dpa

Vor 19 Jahren hat die EU den Staaten des Westbalkans erste Hoffnungen auf einen Beitritt gemacht. Alle haben Fortschritte gemacht, aber es bewegt sich kaum noch was. Kanzler Scholz macht es sich zur Aufgabe, das zu ändern.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will den stockenden EU-Beitrittsprozess für die Länder des westlichen Balkans wieder in Gang bringen. Zum Auftakt seiner zweitägigen Reise in die Region verwies er in der kosovarischen Hauptstadt Pristina darauf, dass den sechs in die EU strebenden Ländern der Region schon vor 19 Jahren der Beitritt zur Europäischen Union in Aussicht gestellt wurde. "Deswegen ist es wichtig, ein neues Zeichen der Hoffnung und Zuversicht zu setzen, dass mit großem Ernst dieser Beitrittsprozess gewollt ist von der Europäischen Union", sagte der Kanzler nach einem Gespräch mit dem kosovarischen Ministerpräsidenten Albin Kurti.

Serbien, Montenegro, Nordmazedonien und Albanien sind bereits seit Jahren EU-Beitrittskandidaten, das Kosovo und Bosnien-Herzegowina warten noch auf diesen Status. Kurti kündigte nach dem Gespräch mit Scholz am Freitag an, einen formellen Antrag auf Aufnahme in die EU noch in diesem Jahr zu stellen. Er hoffe dafür auf die Unterstützung der EU, sagte er.

Seiner zweiten Reisestation Serbien legte Scholz noch vor seiner Ankunft in Belgrad einen Kurswechsel in der Russland-Politik nahe. "Wer Mitglied der Europäischen Union werden will, muss das gesamte Regime, das damit verbunden ist, für sich akzeptieren." Die von der EU verhängten Sanktionen gegen Russland zählten dazu.

Lawrow-Besuch in Belgrad scheiterte nur an Nachbarländern

Serbien mit seinen knapp sieben Millionen Einwohnern will zwar Mitglied der EU werden, unterhält gleichzeitig aber freundschaftliche Beziehungen zu Russland und China - zwei autoritär regierten Ländern mit mehr als gespanntem Verhältnis zum Westen. Der serbische Präsident Aleksandar Vucic, mit dem sich Scholz in Belgrad traf, wollte eigentlich Anfang der Woche den russischen Außenminister Sergej Lawrow in seinem Palast empfangen. Der Besuch scheiterte nur daran, dass die Nachbarländer Lawrow die Nutzung ihres Luftraums verwehrten.

Die EU fordert Serbien inzwischen immer offener dazu auf, Farbe zu bekennen. "Enge Beziehungen zum Regime von (Wladimir) Putin sind nicht mehr vereinbar mit dem Bau einer gemeinsamen Zukunft mit der EU", mahnte schon vor einigen Tagen der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.

Ähnlich äußerte sich jetzt auch Scholz. Er verwies darauf, dass es eine gemeinsame Linie der EU gegenüber anderen Länder gebe - auch Russland. Darüber solle sich auch niemand, der sich gegenwärtig im Beitrittsprozess befindet, Illusionen machen. "Es ist wichtig zu wissen: der Weg nach Europa ist der Weg nach Europa."

Bei einigen Ländern herrscht "Erweiterungsmüdigkeit"

Inzwischen haben alle sechs Westbalkanstaaten ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) mit der EU geschlossen. Über die letzten Jahre ist der Annäherungsprozess aber ins Stocken geraten. Der Zustand der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bereitet Sorge. Vor allem Serbien ist heute autokratischer, repressiver und für die Region destabilisierender als noch vor zehn Jahren. In Bosnien und in Montenegro blockieren sich - unter dem destabilisierenden Einfluss Belgrads - die politischen Akteure.

Die Fortschritte Albaniens, Nordmazedoniens und des Kosovos werden von den europäischen Akteuren nicht honoriert. Unter ihnen macht sich vielmehr - angeführt von Frankreich, Dänemark und den Niederlanden - "Erweiterungsmüdigkeit" breit.

Keine Abkürzung für die Ukraine - mit Rücksicht auf den Balkan

Der will Scholz entgegenwirken, auch um anderen Akteuren in der Region wie Russland, China aber auch der Türkei und den Golfstaaten nicht das Feld zu überlassen. Die EU müsse ein Zeichen geben, dass die Beitrittsperspektive ernsthaft gewollt sei und sie eine "realistische Chance" habe, sagte der Kanzler in Pristina.

Seine Forderung, dass es für die Ukraine keine Abkürzung in die EU geben könne, begründet er auch damit, dass man dies den nun schon seit Jahrzehnten wartenden Westbalkanstaaten schuldig sei. Auf dem EU-Gipfel am 23. und 24. Juni wollen sich die EU-Staaten zum Kandidatenstatus der Ukraine, Georgiens und Moldau positionieren.

Bulgarien blockiert Beitritt Nordmazedoniens

Am Freitagabend will Scholz in die nordgriechische Metropole Thessaloniki reisen zu einem Treffen des Südosteuropäischen Kooperationsprozesses, dem 13 Staaten der Region angehören. Am Samstag geht es weiter nach Nordmazedonien und Bulgarien. Das ist derzeit die schwierigste Baustelle in Sachen Beitrittsprozess. Bulgarien stemmt sich gegen Verhandlungen mit Nordmazedonien wegen eines Streits um Geschichtsschreibung und Rechte der bulgarischen Minderheit in dem Land.

Bundeskanzler Olaf Scholz wird in Belgrad vom serbischen Präsidenten Aleksander Vucic (r) empfangen.

Bundeskanzler Olaf Scholz wird in Belgrad vom serbischen Präsidenten Aleksander Vucic (r) empfangen.