Parteitag
Niederbayer Stephan Protschka ist neuer Chef der Bayern-AfD
16. Oktober 2021, 17:18 Uhr aktualisiert am 17. Oktober 2021, 7:00 Uhr
Mal wieder hat die AfD im Freistaat einen neuen Landesvorstand. Der Parteitag wählte den Niederbayern Stephan Protschka an dessen Spitze. Mit ihm könnte der zerstrittene Landesverband weiter nach rechts rücken.
Bayerns AfD hat einen neuen Vorsitzenden: Der Landesparteitag stimmte am Samstag im fränkischen Greding für den Bundestagsabgeordneten Stephan Protschka. Der 43-Jährige setzte sich im zweiten Anlauf der Vorstandswahl gegen die bisherige Landesvorsitzende Corinna Miazga und seinen Bundestagskollegen Martin Sichert durch. Auf Protschka entfielen 51,8 Prozent der Stimmen, auf Sichert 23,6 Prozent und auf Miazga 22,3 Prozent. Der Rest der Anwesenden sagte zu allen dreien Nein oder enthielt sich.
Der Wahl Protschkas war in einem ersten Wahlgang ein Patt vorangegangen: Zunächst hatten sich der Landtagsabgeordnete Martin Böhm und Sichert um den Vorsitzendenposten beworben. Beide lagen quasi Kopf an Kopf, wobei auch Böhm als Erstplatzierter die notwendige Stimmenmehrheit verpasste. Daraufhin musste die Vorstandswahl neu aufgemacht werden - Böhm kandidierte nicht erneut, dafür gingen neben Sichert dann aber Protschka und Miazga ins Rennen.
Protschka ist in der AfD kein unbeschriebenes Blatt. In seiner Bewerbungsrede für den Landesvorsitz rief der Mitbegründer des AfD-Bezirks Niederbayern zur Geschlossenheit auf. "Ich werde das Beste in meiner Macht stehende tun, um aus der bayerischen AfD eine führende Kraft zu machen", sagte Protschka, dem in der Partei eine Nähe zum ehemaligen rechtskonservativen Flügel nachgesagt wird.
Auch in Bayern hatte die AfD bei der Bundestagswahl deutliche Stimmverluste im Vergleich zur Wahl 2017 hinnehmen müssen. Die AfD Bayern gilt als tief gespaltener Landesverband und macht - etwa auch im Landtag - immer wieder mit Personalquerelen auf sich aufmerksam. Dies hat längst auch Konsequenzen bei der Mitgliederentwicklung. Seit Mitte 2019 sank die Zahl um mehr als 500 auf noch 4500.
Protschkas Kandidatur hatte auch für Kritik auf dem Parteitag gesorgt. Ein Parteimitglied bezeichnete es als "unglaublich peinlich", dass Protschka öffentlich von "Negern" spreche und die Presse als Abschaum bezeichne. Protschka erklärte daraufhin, solche Äußerungen seien ja nicht verboten, er schäme sich auch nicht dafür und werde genauso auch weiterhin "Zigeunerschnitzel" sagen.
Ende 2014 hatte Protschka per Kurznachrichtendienst Twitter extremistische Aussagen wie "Merkel plant deutschen Völkermord" und "Die EU ist nicht Europa, die EU ist das Vierte Reich" verbreitet. Im November 2019 war er in die Kritik geraten, weil er Geld für ein revisionistisches Denkmal für Weltkriegssoldaten und Freikorpskämpfer in Polen gespendet hatte.
Bereits vor der Vorstandswahl hatte sich die bayerische AfD mehrheitlich dafür ausgesprochen, das umstrittene Volksbegehren "Landtag abberufen" zu unterstützen. "Der Kampf gegen die Söder-Regierung ist zentrale Aufgabe der AfD Bayern", heißt es zur Begründung im entsprechenden Antrag. Mit der Unterstützung des Volksbegehrens unterstreiche die AfD ihren Willen zur unmittelbaren Bürgerbeteiligung und den Anspruch, die maßgebliche fundamentale Oppositionspartei in Bayern zu sein.
Seit diesem Donnerstag läuft bayernweit die zweiwöchige Eintragungsfrist in allen Rathäusern - für das Erreichen der nächsten Stufe wären die Unterschriften von einer Million Wahlberechtigten nötig. Würde das Quorum erreicht, käme es zu einem Volksentscheid - alternativ könnte der Landtag vorher von sich aus aktiv werden.
Die Verantwortlichen des Volksbegehrens werden von der Regierung in der "Querdenker"-Szene verortet. Mindestens einer davon ist den Behördenangaben zufolge im Visier des Verfassungsschutzes. So wird der Vize-Beauftragte Karl Hilz vom Verfassungsschutz dem Sammelbeobachtungsobjekt "Sicherheitsgefährdende demokratiefeindliche Bestrebungen" zugerechnet.