Asylstreit

Merkel akzeptiert Zwei-Wochen-Frist


Die Führungsgremien von CDU und CSU beraten am Montag über den zwischen beiden Schwesterparteien eskalierten Asylstreit.

Die Führungsgremien von CDU und CSU beraten am Montag über den zwischen beiden Schwesterparteien eskalierten Asylstreit.

Von Redaktion idowa

Innenminister und CSU-Chef Seehofer setzt der Kanzlerin und CDU-Chefin Merkel eine Zwei-Wochen-Frist bis nach dem EU-Gipfel. Und sie akzeptiert es. Schafft es Merkel, bis dahin in der EU eine Lösung auszuhandeln?

Kanzlerin Angela Merkel und Innenminister Horst Seehofer haben sich nach tagelangem Streit über die Asylpolitik eine Atempause verschafft. Die CSU gibt der CDU-Chefin eine Frist für eine europäische Lösung bis nach dem EU-Gipfel Ende Juni. Der CSU-Vorstand billigte am Montag in München einstimmig einen entsprechenden Vorschlag von Parteichef Seehofer, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Kommen bis dahin, auch auf dem EU-Gipfel, keine Vereinbarungen mit EU-Partnern zustande, soll mit umfassenden Zurückweisungen von Migranten an den Grenzen begonnen werden.

Die Kanzlerin will die gesetzte Zwei-Wochen-Frist zunächst akzeptieren. Das erfuhr die dpa aus Teilnehmerkreisen der CDU-Vorstandssitzung am Montag in Berlin. Sie wolle die CDU-Spitzengremien am 1. Juli über den Stand ihrer Verhandlungen über Abkommen mit vom Migrationsdruck am meisten belasteten Ländern wie Italien informieren.

Bei den Zurückweisungen geht es aus CSU-Sicht insbesondere um Asylbewerber, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind. Diese sollen dann voraussichtlich ab Anfang Juli abgewiesen werden, wenn der EU-Gipfel Ende des Monats kein "wirkungsgleiches" Ergebnis einbringt. Die Vorbereitungen dafür will Seehofer nach eigenen Worten aber schon jetzt treffen - der CSU-Vorstand billigte auch dieses Vorgehen einstimmig.

Als ersten Schritt will der Innenminister umgehend diejenigen Ausländer an den Grenzen abweisen lassen, die mit einem Einreiseverbot belegt sind. Dies will Seehofer nun umgehend anweisen.

Die Führungsgremien der beiden Schwesterparteien CDU und CSU waren am Vormittag zu getrennten Sitzungen in Berlin und München zusammengekommen, um über den unionsinternen Konflikt zu beraten.

Merkel sagte den Informationen zufolge in der Vorstandssitzung, es gäbe bei 62,5 der 63 Punkte von Seehofers geplantem sogenanntem Masterplan Migration Übereinstimmung. Am 1. Juli solle in der CDU-Spitze eine Art Zwischenbilanz der Bemühungen der Kanzlerin gezogen werden, dann werde entschieden, wie man weiter vorgehe. Von CDU-Teilnehmern der Sitzung hieß es, Seehofer sei in dem Streit klug vorgegangen. Nun sei der Ball wieder im Spielfeld der Kanzlerin - bei einem Thema, bei dem die CDU-Basis zu 70 bis 80 Prozent bei der CSU sei.

Seehofer stellte den Kreisen zufolge in Aussicht, dass die neue bayerische Grenzpolizei auch eigenständig Grenzkontrollen durchführen darf - im Rahmen der Befugnisse, die auch die Bundespolizei hat. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte demnach an, ab Dienstag werde es Gespräche zwischen Bund und Bayern über die Unterstützung an der Grenze geben.

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, bezeichnete die aktuelle Praxis, wonach auch Migranten mit Einreisesperre nach Deutschland kommen können, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur als "Stück aus dem Tollhaus". "Wer auch immer 'Asyl' sagen kann, kann einreisen", sagte er.

Merkel lehnt grundsätzlich einen nationalen Alleingang in der Flüchtlingspolitik ab. Sie setzt darauf, eine Lösung unter dem Dach der Europäischen Union zu erreichen, und strebt bilaterale Abkommen mit Staaten wie Italien, Österreich, Griechenland oder Bulgarien zur Zurückweisung von Flüchtlingen an. Am Sonntagabend beriet sich Merkel bereits in einem engen CDU-Führungszirkel über das weitere Vorgehen. Ergebnisse des fast siebenstündigen Treffens wurden nicht bekannt.

Am Montagabend wollte Merkel mit dem neuen italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte über die Flüchtlingspolitik reden. Italien ist am meisten betroffen von neu ankommenden Flüchtlingen aus Afrika, von denen aber viele weiter nach Norden ausreisen. Die neue Regierung in Italien machte aber bereits deutlich, dass sie eine wesentlich härtere Gangart umsetzen will. Dies zeigt auch der Fall des Rettungsschiffs "Aquarius" mit hunderten Migranten an Bord, dem Innenminister und Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini die Einfahrt in einen Hafen des Landes verwehrt hatte.