Einzug in US-Senat
Etappensieg für Bidens Demokraten in Georgia
6. Januar 2021, 8:26 Uhr aktualisiert am 6. Januar 2021, 13:10 Uhr
Die Stichwahlen in Georgia um zwei Senatssitze haben Folgen für das ganze Land. Die Demokraten des gewählten Präsidenten Biden können dort nun einen wichtigen Erfolg verbuchen. Alles hängt nun vom Ausgang der zweiten Abstimmung ab.
Der künftige US-Präsident Joe Biden kann sich Hoffnungen machen, mit der Kontrolle der Demokraten über den Senat freie Hand für seine Politik zu bekommen. Bei zwei Stichwahlen im Bundesstaat Georgia galt einer der demokratischen Senats-Kandidaten am Mittwoch bereits als Sieger, der andere baute seinen Vorsprung schrittweise aus.
Sollten die Demokraten beide Stichwahlen gewinnen, hätten sie de facto die Mehrheit im Senat. Sie dominieren bereits das Abgeordnetenhaus, die andere Kongresskammer. Der Senat bestätigt unter anderem Kandidaten des Präsidenten für Regierungsposten. Die Republikaner des scheidenden Präsidenten Donald Trump könnten mit einer Mehrheit im Senat auch Gesetzesvorhaben der Biden-Regierung Steine in den Weg legen.
Nach Prognosen von US-Fernsehsendern und der Nachrichtenagentur AP ist dem demokratischen Kandidaten Raphael Warnock der Sieg gegen die republikanische Amtsinhaberin Kelly Loeffler nicht mehr zu nehmen. Nach Auszählung von gut 98 Prozent der Stimmen lag Warnock mit 53 430 Stimmen vorn. Mit einem Stimmenverhältnis von 50,6 zu 49,4 Prozent könnte Loeffler auch keine Neuauszählung verlangen. Das ist in Georgia nur bis zu einem Abstand von 0,5 Prozentpunkten möglich.
Im zweiten Rennen führte der Demokrat Jon Ossoff gegen den Amtsinhaber David Perdue mit einem Vorsprung von 16 370 Stimmen und einem Abstand von rund 0,4 Prozentpunkten. US-Medien hielten sich zunächst dennoch mit Prognosen zum Ausgang der Stichwahl zurück, unter anderem weil bis Freitag noch mehrere tausend Stimmen von im Ausland stationierten US-Militärangehörigen eintreffen können.
Perdues Wahlkampfteam teilte mit, für ein faires Ergebnis würden "Zeit und Transparenz" benötigt. Man werde alle rechtlichen Schritte unternehmen, um sicherzustellen, dass alle Stimmen ordnungsgemäß gezählt worden seien. Trump hatte in Georgia für Perdue und Loeffler geworben. Zugleich verunsicherte er nach Einschätzung von US-Beobachtern aber auch mit seinen unbelegten Behauptungen eines Wahlbetrugs durch die Demokraten einige Wähler der Republikaner und spornte Demokraten an, wählen zu gehen. Biden hatte sich in Georgia gegen Trump mit nur 11 779 Stimmen Vorsprung durchgesetzt.
Warnock bedankte sich bereits kurz vor den Siegesmeldungen der US-Medien bei den Wählern. "Ich fühle mich geehrt durch das Vertrauen, das Sie in mich gesetzt haben. Und ich verspreche Ihnen heute Abend: Ich werde in den Senat gehen, um für ganz Georgia zu arbeiten. Egal, für wen Sie bei dieser Wahl, in diesem Moment der amerikanischen Geschichte Ihre Stimme abgegeben haben."
Sichern sich die Demokraten beide Sitze aus Georgia, kommen sie genauso wie die Republikaner auf 50 Sitze im Senat. Die designierte Vizepräsidentin Kamala Harris kann die Pattsituation als Vorsitzende der Kammer dann mit ihrer Stimme zugunsten der Regierung auflösen.
Zwei Wochen vor der Vereidigung stand am Mittwoch in Washington auch der wohl letzte große Showdown im Gezerre um den Ausgang der Präsidentenwahl an. Bei einer gemeinsamen Sitzung von Repräsentantenhaus und Senat (ab 19 Uhr MEZ) sollte das Wahlergebnis endgültig bestätigt werden. Zahlreiche republikanische Abgeordnete und Senatoren planen aber - angetrieben durch Betrugsbehauptungen Trumps - eine Störaktion, die für parteiinterne Verwerfungen sorgt und die formalen Abläufe erheblich in die Länge ziehen dürfte.
Trump hatte die Präsidentenwahl Anfang November mit deutlichem Abstand gegen seinen demokratischen Herausforderer Biden verloren. Trump weigert sich aber, seine Niederlage einzugestehen. Er behauptet, er sei durch massiven Betrug um den Sieg gebracht worden. Weder Trump noch seine Anwälte legten stichhaltige Beweise dafür vor. Dutzende Klagen des Trump-Lagers wurden bislang von Gerichten abgeschmettert, auch vom Obersten US-Gericht.
Die Wahlleute aus den Bundesstaaten haben Bidens klaren Sieg bestätigt. Der Demokrat kam auf 306 der 538 Stimmen - 36 mehr als erforderlich. Für Trump stimmten 232 Wahlleute.
Im formalen Nach-Wahl-Prozedere der USA ist vorgeschrieben, dass die Ergebnisse aus den einzelnen Bundesstaaten im Kongress verlesen, gezählt und am Ende bestätigt werden müssen. Dann ist amtlich, wer die Wahl gewonnen hat. Es ist der Endpunkt eines langen formalen Aktes vor der Vereidigung eines neuen Präsidenten.
Üblicherweise ist es eine Formalie. Diesmal sind jedoch massive Verzögerungen und Turbulenzen zu erwarten. Republikaner aus beiden Kongresskammern haben angekündigt, bei der Prozedur Einspruch gegen Ergebnisse einzelner Staaten einzulegen. Aus dem Repräsentantenhaus könnten sich nach internen Schätzungen mehr als 100 Abgeordnete beteiligen, sekundiert von mindestens 13 Republikanern aus dem Senat.
Jeder Einspruch muss schriftlich eingereicht werden - von mindestens einem Abgeordneten aus dem Repräsentantenhaus und mindestens einem Senator. Damit lässt sich erzwingen, dass sich beide Kongresskammern zu getrennten Sitzungen zurückziehen müssen, um die Einwände zu debattieren und am Ende abzustimmen, ob sie diesen folgen oder nicht. Das Prozedere könnte sich deshalb nach deutscher Zeit bis weit in den Donnerstag ziehen.
Die Störaktion hat keine Aussicht darauf, etwas am Wahlausgang zu ändern. Beide Kongresskammern müssten einem Einspruch gegen ein Ergebnis zustimmen, was angesichts der Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus als ausgeschlossen gilt.
Geleitet wird die Sitzung vom amtierenden US-Vizepräsidenten Mike Pence. Trump erhöhte den Druck auf seinen Stellvertreter, in dieser Rolle einzugreifen, um das Ergebnis doch noch zu kippen. "Wenn Vizepräsident Mike Pence sich für uns einsetzt, werden wir die Präsidentschaft gewinnen", schrieb Trump in der Nacht zu Mittwoch auf Twitter. Bereits zuvor hatte Trump behauptet, der Vizepräsident habe die Befugnis, auf "betrügerische" Weise ausgewählte Wahlleute abzulehnen. Das Gesetz sieht für Pence bei der Zusammenkunft jedoch lediglich eine zeremonielle Rolle vor.