Scholz in den USA

Biden: Russischer Einmarsch wäre Aus für Nord Stream 2


Bundeskanzler Olaf Scholz trifft US-Präsident Joe Biden im Oval Office des Weißen Hauses.

Bundeskanzler Olaf Scholz trifft US-Präsident Joe Biden im Oval Office des Weißen Hauses.

Von mit Material der dpa

Wie kann ein Krieg mitten in Europa verhindert werden? Während Kanzler Olaf Scholz zum Antrittsbesuch in den USA ist, führt Außenministerin Annalena Baerbock Gespräche in der Ukraine.

US-Präsident Joe Biden hat Deutschland beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz im Weißen Haus als verlässlichen Partner in der Ukraine-Krise gewürdigt.

Biden trat damit bei einer Pressekonferenz mit Scholz Zweifeln an der Bündnistreue des Nato-Partners Deutschland entgegen. "Es ist nicht nötig, Vertrauen zurückzugewinnen", sagte Biden auf eine Frage nach der Zuverlässigkeit Deutschlands. "Deutschland und die Vereinigten Staaten sind enge Freunde, verlässliche Partner, und wir können uns aufeinander verlassen." Der US-Präsident fügte hinzu: "An der Partnerschaft Deutschlands mit den Vereinigten Staaten gibt es keinen Zweifel." Auch Scholz unterstrich die Geschlossenheit mit den USA.

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Bundeskanzler Olaf Scholz (r.) und US-Präsident Joe Biden kommen zu einer Pressekonferenz im Weißen Haus.

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Annalena Baerbock steht Journalisten in Kiew Rede und Antwort.

Scholz wird von einigen Bündnispartnern vorgeworfen, in der Ukraine-Krise zu wenig Druck auf Russland auszuüben. Auch in den USA sind Zweifel laut geworden, ob man im Ernstfall auf Deutschland zählen könne. Für Irritationen sorgt unter anderem die Weigerung Berlins, Waffen an die Ukraine zu liefern. Kritik gibt es auch an der deutsch-russischen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, die unter Umgehung der Ukraine russisches Gas nach Deutschland bringen soll.

Biden findet klare Worte zu Nord Stream 2

Biden machte beim Auftritt mit Scholz bei dessen Antrittsbesuch im Weißen Haus deutlich, dass ein russischer Einmarsch in die Ukraine das Aus für Nord Stream 2 bedeuten würde. Im Fall einer russischen Invasion der Ukraine "wird es kein Nord Stream 2 mehr geben. Wir werden dem ein Ende setzen." Auf die Frage, wie er das bei einem deutsch-russischen Projekt bewerkstelligen wolle, sagte Biden: "Ich verspreche Ihnen, dass wir es schaffen werden."

Scholz erwähnte Nord Stream 2 zunächst nicht namentlich. Der SPD-Politiker betonte bei der Pressekonferenz erneut, mögliche Sanktionen im Fall einer russischen Invasion der Ukraine seien intensiv vorbereitet worden. Es gehöre dazu, dabei nicht alles zu benennen, um Moskau nicht alle Pläne vorab offenzulegen. Scholz versprach aber: "Wir werden bei den Sanktionen komplett einvernehmlich agieren." Die transatlantischen Partner seien in der Frage vereint und würden die gleichen Schritte unternehmen. Diese würden sehr hart für Russland.

Angesichts des Aufmarschs Zehntausender russischer Soldaten wird befürchtet, dass der Kreml eine Invasion der Ukraine plant. Moskau bestreitet das. Für möglich wird auch gehalten, dass die russische Seite Ängste schüren will, um die Nato zu Zugeständnissen bei Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen.

Einmarsch wäre "gigantischer Fehler"

Ein Einmarsch in die Ukraine wäre nach Ansicht Bidens auch für Russland ein "gigantischer Fehler". Falls Präsident Wladimir Putin ein solches Vorgehen anordnen würde, würde Russland "einen hohen Preis dafür zahlen", sagte Biden. "Ich denke, es muss ihm bewusst sein, dass es für ihn ein gigantischer Fehler wäre, gegen die Ukraine vorzugehen." Er fügte hinzu: "Die Auswirkungen auf Europa und den Rest der Welt wären verheerend." Es sei allerdings weiter unklar, ob Putin die Ukraine tatsächlich angreifen wolle.

Scholz warnte angesichts des Konflikts vor einer "ernsthaften Gefährdung der Sicherheit in Europa". Wichtig sei eine gemeinsame Antwort der Bündnispartner - USA, Europa, Nato - darauf, sagte der Kanzler. Klar sei: "Wenn es zu einer militärischen Aggression gegen die Ukraine kommt, dann wird es harte, gemeinsam vereinbarte und weitreichende Sanktionen geben. Es wird sehr, sehr hohe Kosten für Russland haben, einen solchen Schritt zu tun." Diese Botschaft sei aus seiner Sicht auch in Russland angekommen.

Scholz hat Nord Stream 2 erst nach langem Zögern als mögliches Sanktionsinstrument auf den Tisch gelegt - und das auch nur verdeckt, ohne die Pipeline beim Namen zu nennen. Nord Stream 2 sorgt seit Jahren für Streit zwischen Washington und Berlin. Kritiker befürchten, dass sich Deutschland in Abhängigkeit von Russland begibt und dass Putin Energie als Waffe nutzen könnte. Die Pipeline ist fertiggestellt, aber noch nicht in Betrieb.

Top-Senator fordert Bekenntnis von Scholz

Der oberste Republikaner im US-Senat hat von Scholz ein eindeutiges Bekenntnis zu einem endgültigen Aus für Nord Stream 2 im Fall einer russischen Invasion gefordert. "Es wäre eine mächtige Demonstration deutscher Führungsstärke, wenn Bundeskanzler Scholz klar und deutlich erklären würde, dass die russische Eskalation in Europa zu einer Beendigung - einer Beendigung - von Nord Stream 2 führen wird", sagte Mitch McConnell im Senat. "Keine weitere Pause, sondern das Ende der Pipeline, Punkt."

McConnell sprach sich auch dafür aus, dass Deutschland der Ukraine mit "legitimen militärischen Fähigkeiten" helfen sollte. "Es ist jetzt an der Zeit, dass Deutschland aufsteht und den Frieden schützt und das stabile Europa verteidigt, das das moderne Deutschland selbst mit aufgebaut hat und von dem es sehr profitiert hat." McConnell und andere Senatoren sowohl der Republikaner als auch der Demokraten sollten in Washington mit Scholz vor dessen Rückflug nach Berlin zusammenkommen.

Heute kommt Scholz in Berlin mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem polnischen Staatschef Andrzej Duda zu Beratungen zusammen.

Baerbock in Kiew

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ist zu Gesprächen in Kiew. Sie hat Zweifel an der Bündnistreue Deutschlands ausgeräumt. Die Grünen-Politikerin hat angesichts der Absage an Waffenlieferungen versucht, Zweifel an Deutschlands Solidarität zu zerstreuen. "Wir werden alles dafür tun, dass es zu keiner weiteren Eskalation kommen wird", versprach sie bei einem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. "Wir stehen ohne Wenn und Aber zur territorialen Integrität und Souveränität der Ukraine."

Baerbock sagte nach einem Treffen mit ihrem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba: "Es steht derzeit nichts weniger auf dem Spiel, als der Frieden in Europa. In dieser brandgefährlichen Situation ist unsere größte Stärke unsere Einigkeit." Die Solidarität Deutschlands "gilt der Ukraine als Staat, sie gilt vor allen Dingen den Menschen in der Ukraine".

"Wir liefern nicht in Krisengebiete"

Kuleba sagte zum Thema Waffenlieferungen, dazu gebe es bekanntlich unterschiedliche Ansichten. "Heute haben wir Anknüpfungspunkte gefunden und warten auf die Entscheidung der deutschen Regierung", sagte er bei der Pressekonferenz mit Baerbock. "Weder während des heutigen Treffens noch vorher hat Annalena mich zu irgendwelchen Zugeständnissen gedrängt." Kiew beharre weiter auf seinen roten Linien. Dazu gehöre, dass es keinen direkten Dialog mit Vertretern der Separatisten in der Ostukraine gebe.

Kiew hatte kurz vor der Reise Baerbocks dem Auswärtigen Amt und dem Verteidigungsministerium eine Liste mit Waffenwünschen übermittelt. Scholz zeigte sich in dieser Frage vor seinem Abflug in die USA hart. "Die Bundesregierung hat seit vielen Jahren einen klaren Kurs, dass wir nicht in Krisengebiete liefern und dass wir auch keine letalen Waffen in die Ukraine liefern", sagte er im ARD-"Bericht aus Berlin".