Politik

Bernreiter: "Das ist eine versteckte Steuererhöhung"

Bayerns Minister für Verkehr spricht überdie Einigung zum 49-Euro-Ticket - und sieht Unfairness bei den Schienen-Finanzen


Die Bahnstrecke München-Lindau ist ein Erfolg. Doch anderswo muss das Schienennetz dringend erneuert werden, sagt Minister Bernreiter.

Die Bahnstrecke München-Lindau ist ein Erfolg. Doch anderswo muss das Schienennetz dringend erneuert werden, sagt Minister Bernreiter.

Von Markus Lohmüller, Theresa Schmid, Johannes Wiest

AZ-Interview mit Christian Bernreiter. Der 58-jährige Straubiger ist seit 2022 bayerischer Staatsminister für Verkehr, Bau und Wohnen.

AZ: Herr Bernreiter, zur Mobilitätswende gehört auch das Fahrrad. Wann ist mit dem angekündigten bayerischen Radgesetz zu rechnen?

Noch in dieser Legislaturperiode.

Die Initiatoren des Radl-Volksbegehrens wären gerne an der Erarbeitung des Gesetzes beteiligt. Wollen Sie ihren Sachverstand nutzen?

Das Gesetz wird von den Regierungsfraktionen im Landtag erarbeitet und bald in die parlamentarische Beratung eingebracht. Da laufen im Hintergrund auch Gespräche mit dem Bündnis für das Volksbegehren.

Der Bundesrat hat am Freitag der Einführung des 49-Euro-Tickets zugestimmt. Die Kosten tragen Bund und Länder gemeinsam je zur Hälfte. Wollten Sie nicht eigentlich durchsetzen, dass der Bund weitere Regionalisierungsmittel für den Nahverkehr bereitstellt?

Neben seiner Zustimmung zum Deutschland-Ticket hat der Bundesrat am Freitag klare Forderungen gestellt: Wir wollen, dass der Bund auch 2024 die Hälfte der Mehrkosten übernimmt. Dieses Bekenntnis fehlt bis jetzt. Außerdem muss der Bund deutlich mehr Regionalisierungsmittel zur Verfügung stellen. Das ist einstimmige Forderung aller Länder.

Fordern lässt sich viel ...

Die Kommunen und die Verkehrsverbünde sind durch die zögerliche Haltung der Bundesregierung sehr verunsichert. Der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund etwa hat beschlossen, dass das Deutschland-Ticket in seinem Bereich erst mal nur bis Ende 2023 gilt. Solche Befristungen gibt es auch anderswo. Denn letztlich will natürlich niemand auf den Kosten sitzen bleiben. Ohne ein weiteres finanzielles Engagement des Bundes wird es also nicht gehen.

Es geht Ihnen aber um mehr, als nur die Einnahmeausfälle bei den Verkehrsanbietern wegen des günstigen Ticketpreises auszugleichen.

Ich musste schmunzeln, als ich die jüngsten Beschlüsse der Ampel-Koalition gelesen habe. Dort steht, was wir schon immer gesagt haben: Nach dem günstigen Ticket braucht es jetzt selbstverständlich ein besseres Angebot. Und auch, dass dafür deutlich mehr Mittel benötigt werden. Dann wird allerdings behauptet, dass diese schon in den kommenden Haushalten abgebildet sind. Die Wirklichkeit sieht anders aus: Ich habe heuer schon frisches Geld vom bayerischen Finanzminister Albert Füracker benötigt, um keine Verkehre abbestellen zu müssen. Den anderen Bundesländern geht es nicht recht viel besser. Die Bundesmittel reichen einfach hinten und vorne nicht mehr.

Dass der Bund mehr Geld in die Schiene stecken will, dürfte hingegen Ihre Zustimmung finden.

Das begrüße ich tatsächlich sehr. Wir haben in Deutschland ein äußerst nachholbedürftiges Bahnnetz. Das ist ja überall zu spüren. Als Freistaat Bayern zahlen wir über die von uns für den Regionalverkehr beauftragten Unternehmen indirekt 700 Millionen Euro Netznutzungsentgelt im Jahr. Da können wir erwarten, dass es nicht überall gebrochene Schwellen oder Langsamfahrstrecken gibt. Was mir allerdings nicht gefällt, ist die Finanzierung über die Lkw-Maut. Wer die Branche kennt, weiß, dass die Spediteure und Logistiker zuletzt auch nicht besonders viel mehr Geld verdient haben. Somit ist es logisch, dass die zusätzlichen Kosten vom Verbraucher auf den Endverbraucher umgelegt werden. Es handelt sich also um eine versteckte Steuererhöhung.