Zukunft der Regierung

Ampel-Aus: Scholz und Merz beraten ergebnislos über Neuwahl

Der Kanzler braucht den Oppositionsführer für die Restlaufzeit seiner Minderheitsregierung. Das Verhältnis zwischen beiden ist jedoch angespannt – und ein Treffen im Kanzleramt nach einer knappen halben Stunde vorbei.


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Friedrich Merz (m.), CDU-Bundesvorsitzender und CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, kommt am Donnerstagnachmittag zu einem Treffen mit Bundeskanzler Scholz (SPD) ins Kanzleramt.

Von dpa

Die Ampel ist gescheitert, in Deutschland steht eine Neuwahl an - nur wann? Geht es nach der Opposition, der deutschen Wirtschaft und den europäischen Partnern, wird möglichst schnell und am besten noch im Januar ein neuer Bundestag gewählt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hingegen hat andere zeitliche Vorstellungen: Er will am 15. Januar die Vertrauensfrage im Bundestag stellen und so eine vorgezogene Neuwahl Ende März herbeiführen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat auf diesem Weg eine Schlüsselrolle und sagt: "Zu dieser Entscheidung stehe ich bereit."

Union: Merz-Gespräch mit Scholz über Kooperation ergebnislos

Es ist bekannt, dass das Verhältnis zwischen Kanzler Scholz und Friedrich Merz, dem Kanzlerkandidaten der Union, angespannt ist. Dennoch bot Scholz der CDU/CSU gleich nach dem Rausschmiss von Finanzminister Christian Lindner (FDP) aus der Regierung eine Zusammenarbeit an.

Ein gut einstündiges Gespräch zwischen Merz und Scholz blieb nach Angaben aus der Unionsfraktion ergebnislos. Merz habe klargemacht, die Union sei bereit, über Tagesordnungspunkte oder Gesetze im Bundestag zu sprechen. Aber erst müsse der Bundeskanzler bis spätestens Anfang nächster Woche die Vertrauensfrage stellen. Merz hält dann einen Wahltermin in der zweiten Januar-Hälfte für möglich.

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Mittwochabend Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen und will im Januar die Vertrauensfrage stellen.

Scholz: Tue, was für das Land notwendig ist

Aber Scholz hält an seinem Zeitplan fest. Er werde tun, was für das Land notwendig sei, sagte der SPD-Politiker. "Die Bürgerinnen und Bürger werden bald die Gelegenheit haben, neu zu entscheiden, wie es weitergehen soll." Es gehe bei einer Zusammenarbeit mit der Union um Lösungen zur Stärkung der Wirtschaft und der Verteidigung - um Fragen, "die entscheidend sind für unser Land, konstruktiv zusammenzuarbeiten: bei der schnellen Stärkung unserer Wirtschaft und unserer Verteidigung". Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) würde eine Zusammenarbeit mit der Union begrüßen. "Ich würde mich darüber freuen und bin natürlich jederzeit bereit, dazu den Weg zu suchen", sagte Habeck.

Steinmeier ruft politisch Handelnde zu Vernunft auf

Nach dem Bruch der Ampel-Koalition redete der Bundespräsident den Akteuren ins Gewissen. "Es ist nicht die Zeit für Taktik und Scharmützel", sagte er auch mit Blick auf die Wahl von Donald Trump zum nächsten Präsidenten der USA. "Es ist die Zeit für Vernunft und Verantwortung." Er als Bundespräsident werde über die Auflösung des Bundestages zu entscheiden haben. "Aber unser Land braucht stabile Mehrheiten und eine handlungsfähige Regierung. Das wird mein Prüfungsmaßstab sein", sagte Steinmeier.

Wenn der Kanzler die Vertrauensfrage stellt und keine Mehrheit bekommt, wird er den Bundespräsidenten bitten, den Bundestag aufzulösen. Dafür hat der Präsident nach Artikel 68 des Grundgesetzes maximal 21 Tage Zeit. Er ist allerdings dazu nicht verpflichtet. Macht er es, muss binnen 60 Tagen gewählt werden.

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Christian Lindner (FDP), amtierender Bundesminister der Finanzen und FDP-Parteivorsitzender, gab nach seiner Entlassung durch den Bundeskanzler ein Pressestatement.

Scholz: Tue, was für das Land notwendig ist

Scholz hält an seinem Zeitplan fest. Er werde tun, was für das Land notwendig sei, sagte der SPD-Politiker. "Die Bürgerinnen und Bürger werden bald die Gelegenheit haben, neu zu entscheiden, wie es weitergehen soll." Scholz will Merz anbieten, rasch gemeinsam nach Lösungen zur Stärkung der Wirtschaft und der Verteidigung zu suchen. Es gehe um Fragen, "die entscheidend sind für unser Land, konstruktiv zusammenzuarbeiten: bei der schnellen Stärkung unserer Wirtschaft und unserer Verteidigung".

Neu-Parteiloser Wissing und Özdemir werden Doppel-Minister

Bundesverkehrsminister Volker Wissing will bis zu einer Neuwahl im Amt bleiben und tritt aus der FDP aus. Kanzler Olaf Scholz (SPD) habe ihn gefragt, ob er bereit sei, das Amt unter den neuen Bedingungen fortzuführen, sagte Wissing in Berlin. Er habe dies Scholz zugesagt. Wissing will der Regierung als Parteiloser angehören. "Ich möchte keine Belastung für meine Partei sein." Daher habe er Parteichef Christian Lindner seinen Austritt aus der FDP mitgeteilt. Dies sei eine persönliche Entscheidung. "Ich möchte mir selbst treu bleiben."

Wissing wird in der kommenden Minderheitsregierung auch das Justizressort übernehmen und Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) das Bildungsministerium, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr. Zuvor hatte der "Stern" berichtet. Die beiden springen für Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Justizminister Marco Buschmann aus der FDP ein, die beide ihren Rücktritt erklärt hatten.

Anders als Wissing wollen seine drei Staatssekretäre Daniela Kluckert, Oliver Luksic und Gero Hocker nicht Teil der Bundesregierung bleiben. Wie Kluckert auf der Plattform X mitteilte, baten die drei FDP-Politiker den Minister, ihre Entlassung beim Bundespräsidenten zu veranlassen.

Scholz geht Lindner weiter hart an

Am Tag nach dem Ampel-Bruch wirft der Kanzler dem FDP-Chef indirekt gesellschaftliche Brandstiftung vor. Mit Blick auf die Finanzierung der Ukraine-Hilfe aus dem laufenden Haushalt sagte Scholz: "Wenn man jetzt zu der Überzeugung kommt, das müssen wir einfach mal so nebenbei ausschwitzen, dann zündet man das Land an." Dies bedeute etwa, dass Straßen nicht ausgebaut und Schulen nicht weiterentwickelt werden könnten. Zudem könne man dann nichts für Wirtschaft und Arbeitsplätze tun.

Lindner forderte von Scholz, umgehend politische Klarheit zu schaffen. "Unser Land braucht eine Regierung, die nicht nur amtiert, sondern die agieren kann. Das Richtige für unser Land wäre die sofortige Vertrauensfrage und Neuwahlen", sagte er in der Parteizentrale in Berlin. "Niemand darf in der Demokratie Angst vor den Wählerinnen und Wählern haben."

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Jörg Kukies, Wirtschaftspolitischer Berater von Bundeskanzler Scholz, kommt zu Beginn der Sitzung des Bundeskabinett im Kanzleramt. Der bisherige Wirtschaftsberater von Bundeskanzler Scholz (SPD), Jörg Kukies, wird Nachfolger des entlassenen Finanzministers Lindner (FDP). Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen.

Scholz-Berater Kukies folgt auf Lindner

Der bisherige Wirtschaftsberater von Scholz, Jörg Kukies, wird Nachfolger Lindners. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen. Zuvor hatten ARD und "Bild" darüber berichtet. Der Sozialdemokrat ist derzeit Staatssekretär im Kanzleramt. Er ist der Mann für Wirtschaft und Finanzen und verhandelt für ihn die Abschlussdokumente der G7- und G20-Gipfel.

Die Posten von Justizminister Marco Buschmann und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (beide FDP) werden nach dpa-Informationen voraussichtlich von Ministern übernommen, die bereits dem Kabinett angehören. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Grünen das Forschungsministerium übernehmen.

Rückkehr von Rot-Grün nach 19 Jahren

Nach dem Bruch des Kanzlers mit der FDP gibt es dann zum ersten Mal seit 2005 wieder eine rot-grüne Regierung. Der Bruch der ersten Koalition von SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene war nach einem erbitterten Richtungsstreit über den Kurs in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik erfolgt. Scholz hatte in den Verhandlungen ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse gefordert.

Angesichts der verfahrenen Lage hatte Lindner im Koalitionsausschuss vorgeschlagen, gemeinsam eine Neuwahl des Bundestags in die Wege zu leiten. In einer Sitzungspause landete der Vorschlag in der Öffentlichkeit, mehrere Medien berichteten darüber, woraufhin Scholz den Bundespräsidenten um die Entlassung seines Finanzministers bat.

Söder: "Jetzt darf keine Zeit mehr verloren werden"

Aus der Union kommen bereits Forderungen nach einer möglichst schnellen Bundestagswahl. "Die Ampel ist Geschichte. Jetzt darf keine Zeit mehr verloren werden", schrieb Söder beim Kurznachrichtendienst X. Deutschland brauche nun rasch Neuwahlen und eine neue Regierung. "Taktische Verzögerungen darf es nicht geben."