Berlin
Zweifel an Erfolgschancen des Flüchtlingspakts mit der Türkei
19. März 2016, 13:27 Uhr aktualisiert am 19. März 2016, 13:27 Uhr
Der Flüchtlingspakt zwischen der Europäischen Union und der Türkei hat ein geteiltes Echo in Deutschland ausgelöst.
Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) sprach von einem starken Signal auch an die Menschen hierzulande, dass die Bundesrepublik nicht überfordert werde. Die CSU äußerte hingegen umgehend Zweifel, ob sich eine europaweite Verteilung von Flüchtlingen auch durchsetzen lasse. Scharfe Kritik kam von den Grünen. "Europa versucht, sich aus seiner Verantwortung herauszukaufen", erklärte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt.
Die 28 Staats- und Regierungschefs der EU hatten sich am Freitag mit dem türkischen Regierungschef Ahmet Davutoglu auf ein umstrittenes Abkommen zur Rückführung Tausender Migranten geeinigt. Es sieht unter anderem vor, dass Flüchtlinge, die illegal nach Griechenland übersetzen, künftig in die Türkei zurückgeschickt werden können. Die Regelung soll bereits an diesem Sonntag in Kraft treten. Die EU nimmt ihrerseits der Türkei bis zu 72.000 syrische Flüchtlinge ab.
Kanzlerin Angela Merkel wertete die Vereinbarung als klare Botschaft an Migranten, sich nicht auf den Weg nach Europa zu machen. "Das heißt, wer sich auf diesen gefährlichen Weg begibt, riskiert nicht nur sein Leben, sondern hat eben auch keine Aussicht auf Erfolg", sagte sie nach Ende des Gipfels in Brüssel.
Die CSU äußerte Bedenken. "Unsere Einwände gegen den Türkei-Deal bleiben", erklärte Generalsekretär Andreas Scheuer. Er bekräftigte, die Flüchtlinge müssten in ganz Europa verteilt werden - "und nicht nur nach Deutschland". Ähnlich äußerte sich Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU). Wichtig sei, dass die syrischen Flüchtlinge, die von der Türkei umgesiedelt würden, gerecht auf alle Mitgliedstaaten der EU verteilt würden, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Scheuers Pateifreund Manfred Weber (CSU) nannte den Pakt einen "Meilenstein" in der Flüchtlingskrise. "Der unkontrollierte Zustrom von Migranten nach Mitteleuropa ist beendet", sagte der Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. "Wir sind entscheidend weiter gekommen."
Grünen-Chef Cem Özdemir vertrat hingegen die Ansicht, der Deal mit der Türkei stelle europäische Werte infrage. "Glaubt irgendjemand ernsthaft, dass ein Land, das seine eigenen Bürger verfolgt und malträtiert, Sicherheit für Geflüchtete bieten kann?", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Altmaier wies solche Bedenken zurück. Mit der Vereinbarung habe die EU den Schutz ihrer Außengrenze so organisiert, dass sie ihren humanitären Verpflichtungen gerecht werde und trotzdem illegalen Schleusern das Handwerk lege, sagte der Kanzleramtsminister am Freitagabend im ZDF-"heute journal". "Es ist ein starkes Signal, dass Europa einig ist, und es ist auch ein Signal an die Menschen in Deutschland, dass wir hier in Deutschland nicht überfordert werden, obwohl wir auch in Zukunft selbstverständlich Menschen aufnehmen und unserer humanitären Verpflichtungen gerecht werden."