Österreich
Van der Bellen gewinnt Bundespräsidentenwahl in Österreich
23. Mai 2016, 16:37 Uhr aktualisiert am 23. Mai 2016, 16:37 Uhr
Es war ein Herzschlag-Finale, erst die Auszählung der Stimmen der Briefwähler brachte Klarheit in Österreich. Es war eine historische Wahl - in Ablauf und Ausgang.
Der Wahlkrimi in Österreich ist entschieden: Der frühere Grünen-Chef Alexander Van der Bellen hat die Bundespräsidentenwahl knapp gewonnen. Auf den 72-jährigen Wirtschaftsprofessor entfielen 50,3 Prozent der Stimmen, wie Innenminister Wolfgang Sobotka am Montag in Wien mitteilte. Der unterlegene Kandidat der rechtspopulistischen FPÖ, der 45-jährige Norbert Hofer, kam nach dem amtlichen Endergebnis auf 49,7 Prozent. Zwischen beiden lag eine minimale Differenz von nur 31.026 Stimmen - bei rund 4,6 Millionen abgegebenen Stimmen.
Damit steht Van der Bellen für die nächsten sechs Jahre an der Spitze der Alpenrepublik. Er löst am 8. Juli den Sozialdemokraten Heinz Fischer ab, der verfassungsgemäß nach zwei Amtszeiten ausscheidet.
Hofer räumte seine Niederlage noch vor Verkündung des offiziellen Ergebnisses ein. "Natürlich bin ich heute traurig. Ich hätte gerne für Euch als Bundespräsident auf unser wunderbares Land aufgepasst", schrieb er auf Facebook.
Beide Kandidaten hatten sich monatelang einen harten Lager-Wahlkampf geliefert. Erstmals waren in der Stichwahl keine Kandidaten der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP vertreten. Unter anderem wegen des SPÖ-Debakels in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen war Bundeskanzler Werner Faymann zurückgetreten.
Erstmals musste die Entscheidung über den Sieger wegen des knappen Rennens vertagt werden. Die am Montag ausgezählten 740.000 Briefwahlstimmen wurden zum Zünglein an der Waage.
Van der Bellen holte vor allem in den Städten viele Stimmen. In Wien als einem der wichtigsten Bundesländer kam er auf fast 70 Prozent. Auch in allen anderen Landeshauptstädten fand der Wirtschaftsprofessor teils deutlich mehr Zuspruch als der FPÖ- Kandidat Hofer. Hofer dagegen punktete vor allem im ländlichen Raum. Die Wahlbeteiligung lag bei 72,7 Prozent, wie der Innenminister mitteilte.
Die Wahl war international auf großes Interesse gestoßen. So hatte die EU-Kommission deutlich für Van der Bellen geworben. Der 72-Jährige hat sich ausdrücklich zu einem europafreundlichen Kurs bekannt. In der Flüchtlingskrise vertritt Van der Bellen einen moderaten Kurs und ist ein Gegner von Grenzkontrollen und Grenzzäunen.
In der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am 24. April war der Ex-Grünen-Chef mit 21,3 Prozent noch deutlich hinter Hofer gelegen. Der 45-jährige Rechtspopulist hatte damals 35,1 Prozent der Stimmen erhalten. Die Aufholjagd war von zahlreichen Prominenten aus Kunst, Kultur, Wirtschaft und Politik unterstützt worden.
Van der Bellen ist nicht der erste grüne Staatschef in Europa. Raimonds Vejonis ist seit Juli 2015 Präsident Lettlands.