Bayern

Unfallforscher: Krise führt langfristig zu mehr Unfällen


Die "coronabedingte Entzerrung des Verkehrs" könnte nach Einschätzung eines Unfallforschers langfristig sogar zu mehr Unfällen führen. (Symbolbild)

Die "coronabedingte Entzerrung des Verkehrs" könnte nach Einschätzung eines Unfallforschers langfristig sogar zu mehr Unfällen führen. (Symbolbild)

Von Redaktion idowa

Wegen der Corona-Krise sind seit Monaten weniger Menschen als sonst auf Bayerns Straßen unterwegs. Das macht sich auch in einer aktuellen Unfallstatistik bemerkbar, denn im April krachte es deutlich weniger auf den Straßen im Freistaat. Die "coronabedingte Entzerrung des Verkehrs" könnte jedoch nach Einschätzung eines Unfallforschers langfristig sogar zu mehr Unfällen führen.

Auf den ersten Blick scheint die Anzahl der Verkehrsunfälle in Bayern im April wegen der geltenden Einschränkungen durch die Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Sars-CoV-2 gesunken zu sein. Wie das Bayerische Landesamt für Statistik anlässlich des Tags der Verkehrssicherheit mitteilte, ereigneten sich nach vorläufigen Meldungen der Polizei auf Bayerns Straßen im April insgesamt 20.374 Unfälle. Im April vor einem Jahr waren es dagegen 34.664. Im April dieses Jahres sind also mehr als ein Drittel weniger Unfälle passiert als im Vorjahresmonat.

Damit einhergehend sank heuer im April auch die Zahl der Unfälle, bei denen es Verletzte gab. Laut Statistik wurden in exakt 2.742 Fällen Menschen verletzt. Im Vergleich zu April 2019 sind das gut ein Drittel weniger Verletzte. Darunter gab es zudem über ein Viertel weniger Schwerverletzte und über 40 Prozent weniger Menschen mit leichten Verletzungen. Unfälle mit Sachschaden sind ebenfalls um über 40 Prozent gesunken.

Während Corona-Maßnahmen mehr Verkehrstote

Weil weniger Menschen auf den Straßen unterwegs waren, bedeutete im April aber nicht auch automatisch weniger Verkehrstote. Die Zahl der Getöteten stieg im April 2020 auf 29 Unfallopfer an. Im April davor sind drei Menschen weniger im Straßenverkehr in Bayern gestorben. Betrachtet man die ersten vier Monate des Jahres 2020 fällt auch auf, dass die bayerische Polizei mit insgesamt 103.857 über ein Fünftel weniger Unfälle aufgenommen hat als im Vorjahreszeitraum. Auch gab es in dem Zeitraum um gut 22 Prozent weniger Verunglückte als 2019.

Auf Ebene der Regierungsbezirke und Landkreise hat sich die Corona-Krise im Straßenverkehr ebenfalls bemerkbar gemacht. So sind im April 2020 in Niederbayern 40 Prozent weniger Unfälle als im April des Vorjahres passiert. Auch die Zahl der Unfälle in der Oberpfalz ist im April um gut zwei Fünftel im Vergleich zum Vorjahresmonat gesunken. Dagegen erhöht hat sich nach Angaben in der Statistik leider auch in Ostbayern die Zahl der tödlichen Unfälle. Im April 2020 sind demnach 40 Prozent mehr Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen als im Vorjahresmonat.

Anstieg der Unfallzahlen ab zweiter Jahreshälfte

Obwohl das Verkehrsaufkommen gerade zu Beginn der Corona-Krise stark abnahm und damit auch die Unfallzahlen sanken, bleibt das kein Dauerzustand, sagt Siegfried Brockmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Der Leiter der Unfallforschung geht davon aus, dass das Verkehrsaufkommen bereits jetzt wieder gut 80 bis 90 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreicht hat. Früher oder später werden die Unfallzahlen mit der Rückkehr zum früheren Kfz-Verkehr wieder ihr altes Maß erreichen, wenn nicht sogar langfristig darüber hinausgehen, fügt Brockmann hinzu.

Die Corona-Krise könnte also den Straßenverkehr langfristig verändern. Doch woran liegt das? "Viele Menschen fahren aus Sicherheitsgründen mittlerweile lieber mit dem eigenen Auto oder mit dem Fahrrad", sagt der Unfallforscher. Dadurch verlieren Busse und Bahnen derzeit massiv an Fahrgästen.

Konkret rechnet Brockmann ab der zweiten Jahreshälfte mit einem Anstieg der Unfallzahlen. Denn nach seiner Einschätzung könnten aufgrund der Corona-Krise immer mehr Menschen auch längerfristig lieber mit dem Rad unterwegs sein. Zudem könne aufgrund der Online-Bestellungen der Lieferverkehr dauerhaft zunehmen. Der wieder erstarkende motorisierte Individualverkehr trage außerdem seinen Teil dazu bei.