Friedensgespräche
Jetzt mischt die Türkei mit: Waffenruhe in Syrien - vorerst keine Chance
19. Februar 2016, 11:37 Uhr aktualisiert am 19. Februar 2016, 11:37 Uhr
Eigentlich sollte in Syrien eine Feuerpause in Kraft treten. Doch stattdessen wird der Gefechtslärm nur lauter.Und die Türkei mischt jetzt auch mit. Friedensgespräche? Vorerst keine Chance.
Trotz einer für Freitag geplanten Waffenruhe für Syrien geht die Gewalt in dem Bürgerkriegsland unvermindert weiter. Die türkische Armee beschoss bei ihren bislang heftigsten Angriffen auf den Norden des Landes über Stunden Gebiete unter Kontrolle der Kurden-Miliz YPG, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte. Sie meldete auch Gefechte und Angriffe aus anderen Regionen. UN-Syrienvermittler Staffan de Mistura schloss die Wiederaufnahme der Friedensgespräche zum geplanten Termin aus.
Die USA, Russland und andere beteiligten Staaten hatten sich Ende vergangener Woche bei einem Treffen in München auf eine Waffenruhe innerhalb von einer Woche geeinigt. Sie soll den Weg ebnen zur Fortsetzung der Friedensgespräche in Genf. Diese waren Anfang des Monats ausgesetzt worden, sollten nach den Plänen de Misturas aber spätestens bis zum 25. Februar wieder aufgenommen werden.
"Wir haben am Boden keinerlei Veränderungen gesehen" erklärte der Leiter der syrischen Menschenrechtsbeobachter, Rami Abdel Rahman. "Gefechte, Artillerie-Beschuss und Luftangriffe gehen weiter." Vermutlich russische Jets hätten unter anderem im Süden des Landes Rebellengebiete bombardiert.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) rief die Konfliktparteien zur baldigen Einhaltung der vereinbarten Feuerpause auf. Dazu trifft sich an diesem Freitag in Genf erstmals eine Arbeitsgruppe unter Leitung der USA und Russlands. Steinmeier sagte der Deutschen Presse-Agentur, nun müssten "endlich konkrete Fortschritte hin zu einer Einstellung der Kampfhandlungen" erreicht werden.
Nach Angaben der Menschenrechtsbeobachter feuerte die türkische Armee nördlich und nordwestlich der Stadt Aleppo auf Grenzregionen, die von der YPG kontrolliert werden. Die Kurdenmiliz und ihre arabischen Verbündeten waren in den vergangenen Tagen in der Region weiter vorgerückt. Die Regierung in Ankara will das verhindern und beschießt die Kurden deswegen seit Tagen.
Bei der YPG handelt es sich um den bewaffneten syrischen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, die von der Türkei bekämpft wird. Ankara beschuldigt die PKK und die YPG, für den blutigen Anschlag am vergangenen Mittwoch in Ankara verantwortlich zu sein. Die Kurden weisen die Vorwürfe zurück.
UN-Vermittler de Mistura sagte der schwedischen Zeitung "Svenska Dagbladet", er könne "realistisch betrachtet" nicht zu neuen Friedensgesprächen am 25. Februar einladen. "Wir brauchen zehn Tage Vorbereitung. Aber wir planen, das bald zu tun. Doch wir wollen richtige Gespräche über Frieden haben, nicht Gespräche über Gespräche." Er hoffe, dass sich die USA, Russland und deren Partner innerhalb einer Woche auf einen Start der Waffenruhe einigen werden.
Russland hoffte auf eine rasche Einigung. Moskau gehe mit einer konstruktiven Einstellung in Gespräche über die geplante Feuerpause, erklärte Vizeaußenminister Michail Bogdanow. Moskau sei bereit, seinerseits die Einhaltung aller Absprachen für eine Kampfpause zu garantieren, sagte er nach Angaben der Agentur Interfax.
Angesichts der zunehmenden Gewalt in Syrien verschärfte sich in Russland der Ton gegen seinen engen Verbündeten, Präsident Baschar al-Assad. "Russland hat sich sehr ernsthaft in diese Krise eingebracht, politisch, diplomatisch und zuletzt auch militärisch. Daher wäre es schön, wenn Assad dies erwidern würde", sagte der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin der Zeitung "Kommersant". Assad hatte zuletzt den Bemühungen um eine Waffenruhe in Syrien eine Absage erteilt und angekündigt, weiterkämpfen zu wollen.