Bunt gezaubert

Heinzelmännchen verschönern Indien


Freiwillige Helfer ziehen am 20.02.2016 Klebeband von einem bemalten Stützpfeiler einer Hochstraße im indischen Bangalore. Hinter der Malaktion stecken anonyme Heinzelmännchen - eine lose Gruppe, die sich selbst "The Ugly Indian" nennt, also "Der Scheußliche Inder".

Freiwillige Helfer ziehen am 20.02.2016 Klebeband von einem bemalten Stützpfeiler einer Hochstraße im indischen Bangalore. Hinter der Malaktion stecken anonyme Heinzelmännchen - eine lose Gruppe, die sich selbst "The Ugly Indian" nennt, also "Der Scheußliche Inder".

Von Monika Müller

Indiens Straßenbild ist geprägt von Müllhaufen, Stolperfallen und immer mehr hässlichen Beton-Riesen. In einigen der indischen Mega-Städte haben engagierte Bürger nun die Nase voll davon.

Wo einst nackte Betonsäulen in die Höhe ragten, bedecken nun gelbe, grüne und orangene Dreiecke das triste Grau. Eine Hochstraße nach der anderen wird im indischen Bangalore so zum Hingucker. Auch die Stützpfeiler der Metro-Bahn sind an vielen Stationen schon verziert. Hinter der Malaktion stecken anonyme Heinzelmännchen - eine lose Gruppe, die sich selbst "The Ugly Indian" nennt - "Der Scheußliche Inder".

Einer der Organisatoren ist ein 40 Jahre alter Mann mit Schnauzbart, der sich sich als "Vollzeit-Helfer" vorstellt, seinen Namen aber nicht preisgeben will. Tausende Orte in der IT-Metropole Bangalore und zunehmend auch in anderen indischen Städten wie Bhopal, Chennai oder Pune seien in den vergangenen fünf Jahren verschönert worden, sagt er. Dabei gehe es nicht nur darum, gegen die Tristesse anzumalen. Die fleißigen Hände räumen Müll weg, bedecken offene Gullis und säubern Wände von Kautabak-Spuren.

Fotos von mehr als 500 verschönerten Orte finden sich auf der Facebook-Seite der Gruppe. Immer wieder ruft dort jemand zum Mitmachen auf. Genannt werden nur der Ort und die Zeit - alles andere ergibt sich vor Ort. "The Ugly Indian ist eine Idee, eine Einstellung, keine Organisation", betont der 40-Jährige. Es gehe darum, möglichst viele Menschen zum Anpacken zu bewegen. Wer die Homepage der Gruppe besucht, muss erst einmal beantworten, warum Indiens Straßen so dreckig sind. Und wird dann belehrt: "Es ist an der Zeit, dass wir zugeben, dass viele von Indiens Problemen daher stammen, weil viele von uns Scheußliche Inder sind." Doch es gebe Grund zur Hoffnung und zum Optimismus. Wenn Inder daran glaubten, dass sie etwas verändern könnten, könnten die Probleme gelöst werden.

Rund 30 dieser Optimisten kamen kürzlich unter der Hochstraße Vanivilas zusammen. Sie schnappten sich Eimer und Pinsel, Klebeband und Farbroller. Während sie den Säulen einen neuen Anstrich verliehen, brausten Auto-Rikschas, klapprige Busse, Lastwagen, Autos und Motorroller um sie herum. Ladenbesitzer kamen neugierig herbei, um Fotos zu machen.

"Die Regierung und die Stadtverwaltung können nur bestimme Dinge tun, wir müssen auch selbst etwas machen", sagt der 26 Jahre alte Elektroniker Naveen Kumar zwischen zwei Pinselstrichen. Er ist zum ersten Mal dabei und will wiederkommen. "Wir leisten unseren Beitrag, damit Bangalore ein bisschen schöner wird", sagt die IT-Spezialistin Priya Prasad neben ihm. "Und wir wollen andere inspirieren." Wichtig sei gewesen, sagt der "Vollzeit-Helfer", die Aktionen cool zu machen und die Ergebnisse online zu veröffentlichen. Das ziehe junge Menschen an. "Wichtig ist auch das Event-Management. Viele wollen nicht einen ganzen Tag opfern oder wie bei einer Hilfsorganisationen regelmäßig kommen. Hier ist das eine Sache von zwei Stunden, und danach können sie jedes Mal, wenn an den bunten Säulen vorbeilaufen, stolz sein auf das, was sie getan haben."

In Indiens Hauptstadt Neu Delhi bildete sich 2012 die Gruppe ST+ART, um dem 17-Millionen-Ungetüm mehr Farbe zu verleihen. Nun ist auf dem Polizeihauptquartier ein fast 50 Meter hohes Porträt von Mahatma Gandhi zu sehen, gemalt von dem deutschen Street-Art-Künstler Hendrik Beikirch und der Inderin Anpu Varley. Die Govindpuri-Metro-Station ist bis zum Dach mit naiver Malerei geschmückt. Und zahlreiche Außenwände der Lodhi Colony sind mit 25 großformatigen Motiven bemalt, die dem ganzen Viertel ein neues Flair verleihen. "Kunst sollte für alle da sein und nicht nur für ein paar Nischen-Bewohner", sagt Giulia Ambrogi, die Kuratorin des jährlichen Festivals Delhi Street Art. Und Kunst sollte auch mit den Bewohnern der Gebäude in Beziehung stehen. "Unsere Künstler kommen aus der ganzen Welt, aber sie kommen ohne eine fertige Idee dessen, was sie malen wollen", sagt sie. "Das entsteht erst in der Interaktion mit dem Ort und den Menschen."

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Eine Auto-Rikscha fährt am 14.02.2016 vor einem Gemälde des japanischen Künstlers Suiko in der Open-Air-Gallerie in der Lodhi Colony im indischen Neu Delhi vorbei. Mehr als 25 Künstler aus aller Welt haben die Wände des Wohnviertels geschmückt. Die Kunstaktion ist Teil des jährlichen Street Art Festivals der indischen Organisation ST+ART.

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Kinder gehen am 14.02.2016 vor einem Gemälde der Schweizer Künstler Pablo Togni und Christian Rebecchi in der Open-Air-Gallerie in der Lodhi Colony im indischen Neu Delhi vorbei. Mehr als 25 Künstler aus aller Welt haben die Wände des Wohnviertels geschmückt. Die Kunstaktion ist Teil des jährlichen Street Art Festivals der indischen Organisation ST+ART.

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Ein Fahrradfahrer radelt am 14.02.2016 vor einem Gemälde der japanischen Künstlerin Aiko in der Open-Air-Gallerie in der Lodhi Colony im indischen Neu Delhi vorbei. Mehr als 25 Künstler aus aller Welt haben die Wände des Wohnviertels geschmückt. Die Kunstaktion ist Teil des jährlichen Street Art Festivals der indischen Organisation ST+ART.

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Die freiwilligen Helfer Priya Prasad (l) und Naveen Kumar (r) bemalen am 20.02.2016 die Stützpfeiler einer Hochstraße im indischen Bangalore. Hinter der Malaktion stecken anonyme Heinzelmännchen - eine lose Gruppe, die sich selbst "The Ugly Indian" nennt, also "Der Scheußliche Inder".

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Freiwillige Helfer ordnen am 20.02.2016 nach dem Bemalen von Stützpfeilern einer Hochstraße im indischen Bangalore ihre Sachen. Hinter der Malaktion stecken anonyme Heinzelmännchen - eine lose Gruppe, die sich selbst "The Ugly Indian" nennt, also "Der Scheußliche Inder".

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Der freiwillige Helfer Naveen Kumar füllt am 20.02.2016 Farbe in seinen Eimer für eine Malaktion unter einer Hochstraße im indischen Bangalore. Hinter der Malaktion stecken anonyme Heinzelmännchen - eine lose Gruppe, die sich selbst "The Ugly Indian" nennt, also "Der Scheußliche Inder".