Griechenland-Rettung

Für Athen wird es eng: Gelder aus dem ESM dringend benötigt


Der griechische Premierminister Alexis Tsipras bei einer parlamentarischen Debatte über Steuer- und Reformpläne am 8. Mai 2016 in Athen.

Der griechische Premierminister Alexis Tsipras bei einer parlamentarischen Debatte über Steuer- und Reformpläne am 8. Mai 2016 in Athen.

Von Monika Müller

Reformen gegen Milliardenhilfen - so lautet der Deal bei der Griechenland-Rettung. Doch Verhandlungen über frisches Geld ziehen sich seit Monaten hin. Nun sind wieder die Euro-Finanzminister gefragt.

Im griechischen Schuldendrama wird wieder einmal die Zeit knapp. Im Juli muss Athen zusammen 3,67 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF), die Europäische Zentralbank (EZB) und andere Gläubiger zurückzahlen. Das Geld fehlt derzeit aber in den Staatskassen.

Die Euro-Finanzminister ziehen am Montag eine Bilanz der schwierigen Verhandlungen über Spar- und Reformauflagen. Diese sind Voraussetzung für das Auszahlen dringend benötigter Hilfen aus dem Eurorettungsschirm ESM. Das Parlament in Athen hat in der Nacht einen großen Teil des Sparpakets mit knapper Mehrheit gebilligt.

Ist damit nun der Weg für neue Milliardenkredite der Geldgeber geebnet?

Das ist ein wichtiger Schritt. Doch die Finanzminister der Eurostaaten werden wohl noch kein grünes Licht geben. Denn ein von ihnen gefordertes zusätzliches "Sparpaket auf Vorrat" mit einem Umfang von 3,6 Milliarden Euro ist weiter höchst umstritten. Diese Maßnahmen sind eine Art Versicherung und sollen nur in die Tat umgesetzt werden, falls Athen Haushaltsziele nicht erreicht. Vor allem der IWF dringt darauf.

Es muss also weiterverhandelt werden?

So ist die Einschätzung bei Beteiligten. Demnach soll eine endgültige Einigung bei der regulären Sitzung der Eurogruppe am 24. Mai gefunden werden. Falls dieser Zeitplan nicht einzuhalten ist, könnten sich die Staats- und Regierungschefs der Eurozone einschalten. Schon im vergangenen Jahr konnte ein "Grexit" - also ein zeitweiliger Rauswurf Griechenlands aus dem Euroraum - nur durch einen Sondergipfel der EU-Chefs verhindert werden.

Die Finanzminister sprechen auch über die griechischen Staatsschulden. Was ist da geplant?

Der hohe Schuldenstand Griechenlands wird zunehmend zum Streitpunkt. In Athen dürfte sich dieses Jahr ein Schuldenberg von knapp 183 Prozent der Wirtschaftsleistung auftürmen. Vor allem IWF-Chefin Christine Lagarde pocht nun auf weitere Schuldenerleichterungen. Einen Schuldenschnitt, bei dem Gläubiger einen Teil ihrer Forderungen verlieren würden, soll es aber nicht geben.

Geht Deutschland beim Thema Schulden auf Gegenkurs?

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) meint, dass Schuldenmaßnahmen für die nächsten Jahre gar nicht notwendig sind. Da mehrere Eurostaaten - darunter auch Deutschland - den IWF beim dritten Griechenland-Programm von bis zu 86 Milliarden Euro finanziell an Bord haben wollen, muss aber ein Kompromiss gefunden werden. Laut der Zeitung "Le Monde" vom Wochenende könnte ein Deal so aussehen: Griechenland muss beim Extra-Sparpaket die Einzelmaßnahmen nicht vorab detailliert beschließen - im Gegenzug verpflichten sich die Europäer in verbindlicher Weise, über die Schulden zu verhandeln.

Ist die Lage mit 2015 vergleichbar?

Nein - jedenfalls noch nicht. Die Eskalation war damals beispiellos, buchstäblich in letzter Minute retteten die europäischen Partner Athen vor der drohenden Staatspleite. "Wir werden dieses Jahr keine große Griechenland-Krise kriegen", prognostizierte Schäuble in der zurückliegenden Woche. Der Chef des ESM-Fonds, Klaus Regling, wies unlängst in einem Interview darauf hin, dass Athen inzwischen einen Haushalts-Überschuss (vor Zinszahlungen) erziele und nicht jeden Monat frisches Geld brauche. Doch falls eine baldige Einigung über Hilfszahlungen ausbleibt, könnte sich die Lage laut Experten rasch zuspitzen.

Bis Juli ist ja eigentlich noch Zeit - warum tickt denn die Uhr?

Selbst wenn sich die Geldgeber und Griechenlands Regierung schnell einig werden, dürften noch mindestens vier Wochen vergehen, bevor neues Geld fließen kann. In mehreren Euroländern, auch in Deutschland, müssen nationale Parlamente zur Billigung eingeschaltet werden.