Kommentar
FridaysForFuture: Alle vereint gegen sich selbst
20. September 2019, 15:09 Uhr aktualisiert am 20. September 2019, 17:39 Uhr
Wieder #FridaysForFuture. Welch ein Event, welch großartige Bilder. Die Jugend vereint für die Zukunft. Gegen eine Elterngeneration, die alles in den Sand gesetzt hat. Auf den letzten Metern vor der Betonwand wollen sie den Zug zum Stehen bringen.
Und welch' Einigkeit. Sogar Unternehmen geben ihren Mitarbeitern frei, damit sie im Dienst der guten Sache protestieren können. Spätestens jetzt lohnt es sich, kurz nachzudenken. Wenn wir alle auf der Straße stehen, wer ist dann eigentlich der Gegner? Demonstriert wird gegen die Mächtigen, nicht mit deren Segen. Die Bundes-Klima-Kohleausstiegs-Kanzlerin findet den Protest der Kinder toll. Wohl auch im eigenen Interesse.
Was die politischen Verbündeten der Fridays-For-Future-Kids anbieten, sind in der Hauptsache Verbote, Richtlinien, Steuern, neue Zwänge. Fridays For Future richtet sich in seiner extremen Lesart gegen das Menschsein selbst, gegen den eigenen Konsum, gegen die Gestaltungsfreiheit für das eigene Leben, gegen Lustbarkeiten aller Art. Die Masse steht auf der Straße und schreit nach noch mehr Verzicht. Bitte, nehmt uns unsere Autos weg, mehr von unserem Einkommen, die Schokolade, den Schweinebraten, die Südfrüchte - schließlich müssen die ja auch angekarrt werden. Verderbt uns den Spaß, damit wir es nicht selbst tun müssen.
Steuern, Richtlinien, Verbote sind letztlich auch die liebsten Werkzeuge der Politik. Kein Wunder, dass faktisch alle Parteien den Klima-Protesten etwas abgewinnen können. Dagegen, neue Steuertöpfe zu erschließen und neue Möglichkeiten der Kontrolle, also der Machtausübung, hatten die, die die Macht haben, noch nie etwas einzuwenden.
Die Bewegung selbst ist derweil festgefahren im Protest. Dauer-Empörung. Greta sagt: "Sorry, you're not trying hard enough." Wird sie je zufrieden sein? Werden ihre Anhänger je zufrieden sein? Als sie einmal kurz über Facebook von der Kernkraft als Alternative zur Kohle-Verstromung schrieb, ließ der Empörungs-Taumel aus dem bald kernkraftfreien Deutschland nicht lange auf sich warten.
Aber darin liegt das Problem: Klare Pläne, wie eine Zukunft aussehen kann, scheinen nicht vorhanden. Wir werden auch nie welche haben, weil jeder innovative, technische Lösungsansatz niedergeschrien wird. Die Lösung ist aber notwendigerweise eine technische. Denn, mal ehrlich: Spätestens, wenn ihren iPhones der Saft ausgeht, wollen auch die Fridays-For-Future-Kids Strom, egal wie hergestellt. So lange Politik und Aktivisten aber nur Luftschlösser in den Nebel malen, solange ein "Dagegen" ein konstruktives "Dafür" ersetzt, scheint eine positive Zukunft in dieser Welt fern.
Das einzige konkrete Ergebnis der Dauerproteste: Bei manchen regt sich ein schlechtes Gewissen, bei manchen regt sich Ärger - und die Gräben werden tiefer.