Wladiwostok
Freundschaft von Tiger und Ziege in russischem Zoo erschüttert
29. Januar 2016, 15:09 Uhr aktualisiert am 29. Januar 2016, 15:09 Uhr
Ein Tiger und ein Ziegenbock teilen sich wochenlang friedlich ein Gehege in einem russischen Tierpark. Dann beißt die Raubkatze zu. Das Ende einer ungewöhnlichen Freundschaft?
Zoff in der tierischen Wohngemeinschaft: Seit Wochen amüsieren ein Tiger und eine Ziege die Öffentlichkeit mit ihrem friedlichen Zusammenleben bei der russischen Hafenstadt Wladiwostok. Doch jetzt ist Streit im gemeinsamen Gehege des Safariparks Primorje ausgebrochen: Der Tiger habe den Bock am Genick gepackt und einen Hügel hinuntergeworfen, meldet die Agentur Ria Nowosti am Freitag. Ziege "Timur" habe Bisswunden erlitten und werde derzeit auf der Veterinärstation behandelt.
Die ungewöhnliche Lebensgemeinschaft zwischen Raub- und Beutetier hatte Ende November 2015 begonnen. Damals wurde "Timur" als lebendiges Futter für Tiger "Amur" ins Gehege gebracht, doch der verschonte ihn. Mehr als zwei Monate duldete der Tiger den Bock in seiner Nähe, streifte mit ihm gemeinsam durchs Gehege und legte sich neben ihm zur Ruhe.
Das ungleiche Gespann bescherte dem Safaripark in der 10.000 Kilometer von Moskau entfernten Pazifikregion große Aufmerksamkeit. Weltweit berichteten Medien über "Timur" und "Amur". Der Tierpark nutzt das für sein Marketing, hat Souvenirs der beiden anfertigen lassen und eine Kamera zur Liveübertragung aus dem Gehege installiert. Zoologen beurteilten die angebliche Freundschaft zwar von Anfang an skeptisch. Doch Zoodirektor Dmitri Mesenzew sah sie als Beweis, dass "unterschiedliche Seiten friedlich koexistieren können".
Dass "Amur" seinen Freund nun wüst anging, soll "Timur" gemäß der Tierparkleitung selbst provoziert haben. Der Ziegenbock habe ihn eine Stunde lang mit den Hörnern gestoßen und mit den Hufen getreten, sagte der Zooleiter. "Ich bewundere in dieser Situation die Geduld von "Amur", der so lange nachsichtig mit dem frech gewordenen "Timur" war". Schließlich sei der Tiger wütend geworden und habe sich gewehrt.
Auch der behandelnde Tierarzt Alexej Anossow ist sicher: "Die Wunden sind ziemlich schwer, aber sie zeigen, dass der Tiger die Ziege nicht töten, sondern zurechtweisen wollte." "Amur" habe sich lediglich beim Krafteinsatz verkalkuliert und seinen Freund so fest gepackt, wie ein Tigerjunges es vertrage - nicht aber ein Ziegenbock.
Der Tierpark hat zu dem Vorfall ein Video veröffentlicht - im Moment des mutmaßlichen Angriffs friert jedoch das Bild ein. Danach ist zu sehen, wie "Timur" den Hügel hinabhumpelt, Tiger "Amur" schaut ihm nach. Vier Pfleger fangen den verletzten Bock ein und bringen ihn in ein Einzelgehege, wo ihn der Tierarzt mit Arzneimitteln versorgt.
Ob es zu einer Versöhnung der ungleichen Freunde kommen wird, ist unklar. Die Leitung des Tierparks will zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden, ob "Timur" nach seiner Genesung wieder in "Amurs" Gehege einziehen kann. Erst einmal soll der Ziegenbock sich erholen - und Zoodirektor Dmitri Mesenzew will ihm dabei sogar Gesellschaft verschaffen. Er sucht derzeit nach einer Braut für "Timur" und rief Ziegenbesitzer im Land auf, Fotos ihrer Kandidatinnen zu schicken.